Die FDP und das Klima: Wie Präsident Burkart in der eigenen Partei auflief
Man kann Thierry Burkart nicht vorwerfen, dass er einen Bogen um dieses unangenehme Thema macht. Schon kurz nach seinem Amtsantritt als Präsident der FDP Schweiz hat er die Energiepolitik erneut in den Fokus seiner Partei gerückt. Ein leidiges Dossier für den Freisinn. Die FDP hat dazu unter Burkarts Vorgängerin Petra Gössi viele interne Konflikte öffentlich ausgetragen und sich nur mühsam auf eine grünere Linie geeinigt. Nur um dann dennoch die Abstimmung um ein neues CO2-Gesetz zu verlieren. Und alle Diskussionen wieder am Anfang aufzurollen.
Doch auch wenn die FDP an der Delegiertenversammlung in Montreux im Februar den Zusammenhalt feierte: Unter der Oberfläche bleibt der Konflikt zwischen einem grüneren und einem weniger grünen Flügel bestehen, wie sich dieser Tage eindrücklich zeigt.
Intensive Diskussionen um ein Heizersatz-Programm
Am Dienstagmorgen hat sich die FDP-Fraktion im Kommissionszimmer 3 des Bundeshauses zusammengefunden, um den indirekten Gegenvorschlag zur Gletscher-Initiative zu diskutieren. Diese verlangt, dass die Schweiz per 2050 eine Netto-Null-Gesellschaft wird. Das Fernziel, eine umweltbewusstere Zukunft, ist eigentlich kaum bestritten.
Derzeit ringt die Politik aber um konkrete Massnahmen, und da wird es komplizierter. Am heissesten diskutiert wird aktuell ein Heizersatz-Programm, das ausgerechnet die FDP-Delegation in der Umweltkommission eingebracht hat. Während zehn Jahren soll der Bund Haushalte mit je 10’000 Franken unterstützen, die ihre Gasheizung gegen eine Wärmepumpe austauschen. Kostenpunkt: zwei Milliarden Franken.
In der FDP-Fraktion war dieses Geschäft heftig umstritten. Staatliche Subventionen, um eine bestimmte Technologie zu fördern – das widerspricht einer strengen Auslegung des Liberalismus. Der Berner Nationalrat Christian Wasserfallen hält mit seiner Meinung denn auch nicht hinter dem Berg: «Ich finde solche Subventionen nach Giesskannenprinzip in einem gesättigten Markt für völlig fehlgeleitet. Ich werde dagegen stimmen.»
Abstimmungsergebnis zeuge von einer stabilen Partei
Susanne Vincenz-Stauffacher hingegen ist froh, dass sich die Fraktion schliesslich zu einer knappen Ja-Parole durchgerungen hat. «Es waren intensive Diskussionen», sagt die St.Gallerin. Das Abstimmungsergebnis sei zwar nicht komfortabel, zeuge aber von einer stabilen Partei.
Gemäss Informationen dieser Zeitung waren die FDP-Nationalräte und -Nationalrätinnen dem Klimaschutz aufgeschlossener als ihre Kollegen im Ständerat. Gut möglich, dass das Geschäft dort nochmals verändert wird und beispielsweise die Laufzeit oder die bereitgestellten Gelder für das Heizersatzprogramm gekürzt werden.
Benzin-Subvention: Erst im zweiten Anlauf
Hat die FDP den Lackmustest in Sachen Klima also bestanden? Kaum. Wer sich in der Fraktion umhört, erhält den Eindruck, dass die Fronten nach wie vor verhärtet sind. Speziell eine Episode aus der jüngeren Vergangenheit gibt zu reden: Die FDP verlangt nämlich in einer Fraktionsmotion, dass der Bund infolge des Ukraine-Kriegs Brenn- und Treibstoffe für Private und Unternehmen bezuschusst. Das geforderte Entlastungspaket steht ziemlich quer zur Klimadebatte rund um die Gletscher-Initiative und, so monieren einige FDP-Mitglieder, auch zum eigenen zuletzt eingeschlagenen Kurs.
Mit etwas Ironie kann man sogar Parallelen zwischen den zwei Geschäften erkennen. Schliesslich geht es um staatliche Subventionen für eine bestimmte Technologie: einmal für Solarkraft, einmal für fossile Brennstoffe. Nur dass die beiden Flügel ihre Argumente jeweils dem Energieträger anpassen. So kann Subventionskritiker Wasserfallen einem Unterstützungspaket für Benzin durchaus Positives abgewinnen.
Pikant ist dabei: Es war unter anderem Parteipräsident Thierry Burkart persönlich, welcher sich für eine Benzin-Subvention starkgemacht hat. An einer Fraktionssitzung vor einigen Wochen soll dies zu grossen Diskussionen geführt haben: In einer ersten Abstimmung versagte die Fraktion ihrem Präsidenten gar die Unterstützung.
FDP steht einsam da
Die nötige Zweidrittelmehrheit kam erst dann zu Stande, als ein Nationalrat einen Rückkommensantrag stellte. Mit der Begründung, man könne doch den eigenen Präsidenten nicht dermassen desavouieren. Ausserdem, so die Unterstützer, wollten SVP und Mitte ähnliche Vorstösse einreichen – und bis die Motion ins Parlament gelangt, verstreiche ja nochmals Zeit. Zeit, in der die Emotionen abkühlen, und Distanz schaffen zwischen Klima- und Ukraine-Diskussionen.
Das waren zwei Fehleinschätzungen. Zum einen hat der Nationalrat im Rahmen der Sommersession der Ukraine-Debatte eine Sondersession gewidmet, was dem Anliegen eine unverhoffte Dringlichkeit verlieh. Und zum anderen hat die SVP ihre Vorstösse auf einzelne Mitglieder abgestellt und die Mitte ihrerseits das Anliegen erst später eingereicht. Damit steht die FDP plötzlich einsamer da als ursprünglich gedacht.