Ukraine-Krieg, Verschwörungstheorien und Neutralität: Die 1.-August-Reden von Gallati, Dieth, Attiger und Egli
Krieg in Europa, Pandemie, Klimakrise, drohende Stromknappheit: Die Liste ist nicht abschliessend und zeigt, vor welchen Herausforderungen die Schweiz steht. Diese Herausforderungen haben auch die Regierungsräte in ihren 1.-August-Ansprachen aufgegriffen.
Markus Dieth: «Nicht ins Réduit zurückziehen»
«Die Schweiz ist keine Selbstverständlichkeit», sagte etwa Regierungsrat Markus Dieth in Dintikon und später auch in Schlossrued/Schmiedrued und Gansingen. Die Geschehnisse in der Welt machten nicht Halt vor Landesgrenzen, «auch vor unseren nicht».
Die Schweizerinnen und Schweizer verglich er mit einer Seilschaft. Damit diese Seilschaft funktioniere, «müssen wir uns darauf einigen, wohin wir gehen, und nicht stillstehen», sagte Dieth. Dazu müssten wir uns auf unsere politischen Werte zurückbesinnen. Auf die direkte und konsensorientierte Demokratie und den Föderalismus.
Gerade weil die Grosswetterlage unsicher sei, dürften sich die Schweizerinnen und Schweizer nicht ins Réduit zurückziehen, sagte Dieth: «Wir müssen unsere Lage im Herzen Europas und als Zentrum von vielen internationalen Organisationen aktiv und nach unseren Kräften nutzen.»
Stephan Attiger: «Stabilität ist nicht gleich Stillstand»
Regierungsrat Stephan Attiger sagte in seiner Ansprache in Frick, es sei in Krisenzeiten umso wichtiger, «dass wir uns auf unsere Grundwerte besinnen». Das Schweizer System ziele auf Stabilität und auf eine kontinuierliche Entwicklung. Das sei auch einer der Gründe, warum die Schweiz als Wirtschaftsstandort so attraktiv sei, und bilde die Basis unseres Wohlstands. «Dieser Wohlstand ist aber nicht gottgegeben», warnte Attiger. «Wir dürfen uns nicht auf unseren Lorbeeren ausruhen.»
Stabilität sei nämlich nicht gleich Stillstand. «Auch unser Land muss sich weiterentwickeln und muss Antworten finden auf die Veränderungen unserer Gesellschaft.» Zum Beispiel beim Klimawandel und der Energiewende, die Attiger nicht in erster Linie als Risiko, sondern vor allem auch als Chance sieht.
Dieter Egli: «Wir stehen vor existenziellen Fragen»
Dieter Egli sprach in Oftringen und Wohlen über Unsicherheiten. Unsicherheiten, die wir früher relativ belanglos als Schlagzeilen wahrgenommen hätten, die aber heute unser tägliches Leben ganz direkt beträfen. «Die Gesellschaft, von der wir meinten, dass sie einfach immer so weiter funktionieren würde, scheint ihr sicheres Fundament zu verlieren», sagte Egli. «Wir stehen vor existenziellen Fragen.»
Das fordere uns heraus, «weil es nirgends einfache Lösungen und Antworten gibt». Viele Leute könnten oder wollten mit dieser Unsicherheit gar nicht umgehen und stellten sich der Diskussion nicht mehr. Das betreffe uns letztlich alle. «Wir alle, egal in welchem politischen Lager, laufen Gefahr, uns polarisieren zu lassen in dieser Situation der Unsicherheit.» Eglis Lösung: «Wir müssen miteinander reden, uns zusammenraufen und einen Weg finden.»
Jean-Pierre Gallati: «Sanktionen gegen Putin sind richtig»
Landstatthalter Jean-Pierre Gallati sprach in Riniken, Widen und Wohlen nicht nur über wichtige Schweizer Erfindungen wie den Reissverschluss, das Sackmesser, Doodle oder Néscafe, sondern auch über den Krieg in der Ukraine und die Neutralität.
Die Schweizer Neutralität sei keine Gesinnungsneutralität, sagte Gallati. «Sie soll kein Vorwand dafür sein, keine Meinung zu haben und durch Umgehungsgeschäfte von Sanktionen zu profitieren.» Es sei deshalb richtig und mit der Neutralität vereinbar, dass der Bundesrat Ende Februar die Sanktionspakete der EU gegen den russischen Präsidenten Putin übernommen habe.
Wer in der Schweiz lebe, habe eine grössere Chance auf ein Leben in Frieden, sozialer Sicherheit und Gesundheit als anderswo. Damit dies so bleibe, halte er es mit Abraham Lincoln: «Der beste Weg, um die Zukunft vorherzusagen, ist, sie zu erschaffen.»