Wie der Ukraine-Krieg das Feriengeschäft beeinflusst: Von abgesagten Busreisen über Schiffe, die auf andere Flüsse verschoben werden
Vor knapp sechs Jahren hat die Twerenbold-Gruppe die Excellence Katharina nach der Renovation des Schiffes in Betrieb genommen. Es bietet Platz für rund 180 Passagiere und 90 Crew-Mitglieder, verfügt über stilvolles Interieur und grosszügige Kabinen und Suiten, die meisten mit Balkon. Zwischen Moskau, St. Petersburg und dem kaspischen Meer war das Schiff unterwegs. Doch die letzten drei Jahre lief nichts mehr.
Zuerst wegen der Pandemie, jetzt wegen des Kriegs, den Russland in der Ukraine angezettelt hat. Karim Twerenbold, Verwaltungsratspräsident der Twerenbold Reisen Gruppe, sagt, dass es aus unternehmerischer Sicht natürlich schmerze, dass Russlandreisen zum dritten Mal in Folge nicht stattfinden können. Aber: «Das ist nichts im Vergleich zum Elend dieser humanitären Katastrophe in der Ukraine.»
Neben der Flussreise musste das Unternehmen auch die Reisen nach St. Petersburg und in die baltischen Staaten annullieren, die ab Mai hätten stattfinden sollen. Die politische Situation und insbesondere der Krieg und seine Folgen sind für seine Reisegruppe zu einer grossen Herausforderung geworden. Dabei wäre dieses Jahr eigentlich ganz gut angelaufen. Als der Bundesrat ankündigte, dass für die Einreise in die Schweiz kein PCR-Test mehr nötig sei, habe die Nachfrage wieder merklich angezogen, so Twerenbold.
Der Krieg hat zu einer «spürbaren Verunsicherung» bei den Kunden geführt
Zwischen Ende Januar und Ende Februar hätten die Buchungen merklich angezogen, Endlich wieder ein normaler Start in die Saison, nachdem 2020 und 2021 geprägt waren von Lockdown und geschlossenen Grenzen. Aber dann kam die russische Invasion in der Ukraine. Das hat bei den Buchungen zu einer Verlangsamung geführt. Twerenbold: «Die Verunsicherung der Kunden ist spürbar, das sagen auch Branchenkollegen.»
Eine Entwicklung, die auch das zweite grosse Busunternehmen im Kanton zu spüren bekam. «In den ersten Tagen der Krise haben wir einen Rückgang generell bei den Kunden erlebt, dieser ist sich aber schon wieder am Kompensieren», sagt Patrick Nussbaumer, CEO von Eurobus. Gefragt sind bei Eurobus insbesondere klassische Destinationen wie Italien, Frankreich oder Deutschland.
Im Sommer trenden Grossbritannien und Skandinavien – bisher
Auch Twerenbold spürt bereits eine erste Entspannung bei der Nachfrage, wobei sich diese derzeit insbesondere auf südliche Regionen wie Italien und Spanien fokussiere. Zugleich seien Reisen nach Osteuropa weniger gefragt, weshalb sie zum Beispiel auch schon ein Schiff umplatziert hätten und Busse anders einsetzen würden.
Für den Sommer sieht Twerenbold einen gewissen Trend zu Reisen nach Grossbritannien und Skandinavien. Allerdings seien mittelfristige Tendenzen schwieriger zu prognostizieren, weil das Buchungsverhalten durch die Pandemie kurzfristiger geworden sei. Zu kurzfristig haben sich in den letzten zwei Jahren jeweils Einreiseregeln und -bestimmungen verändert, als dass die Kunden Reisen insbesondere auch ins nähere Ausland lange im Voraus buchen würden.
«Wichtig für eine nachhaltige Erholung ist, dass beim Kunden auch wieder ein Vertrauen entstehen kann, dass keine Reisebeschränkungen mehr erfolgen werden», sagt Eurobus-CEO Nussbaumer. Die Lust zu Reisen an sich sei nie verschwunden. Im Gegenteil, sie sei durch die jahrelangen Einschränkungen vermutlich grösser denn je, das ist von beiden Reiseunternehmen zu hören.
Der starke Franken beflügelt die Reiselust – die hohen Treibstoffpreise bremsen leicht
Grundsätzlich spüre man auch, dass immer mehr Lockerungen kämen, so Karim Twerenbold. Und: «Es hilft sicherlich auch, dass die Situation in den Spitälern trotz höherer Fallzahlen stabil geblieben ist.»
Was die Reiselust mit Sicherheit nicht bremst, ist der starke Franken. Der Kunde erhalte derzeit sehr viel Leistung für einen Schweizer Franken, so Nussbaumer. Wobei sich der Franken schon länger auf höherem Niveau befinde und die Reiselust höchstens noch zusätzlich anrege. Haupttreiber sei der Nachholbedarf.
Was den Reiseunternehmen aber zu schaffen macht, sind die hohen Treibstoffpreise. Zwar beschaffen beide Unternehmen einen Teil des Treibstoffes frühzeitig, also zu den dann jeweils vorherrschenden Preisen, um sich wenigstens ein bisschen gegen das Risiko von Preissteigerungen beim Treibstoff abzusichern. Aber Twerenbold sagt auch:
«Derart massive Preiserhöhungen habe ich so noch nie gesehen, dadurch entstehen bei uns Mehrkosten, die wir nicht allein tragen können.»
Deshalb habe man vor drei Wochen entschieden, dass man für alle Neubuchungen einen Treibstoffzuschlag von 2 Franken pro Tag und Person verlange, um wenigstens Teil der Mehrkosten abdecken zu können. Das habe er bisher erst ein einziges Mal erlebt, seit er 2011 fix in das Familienunternehmen eintrat.
Bei Eurobus konnte man auf diesen Schritt bisher verzichten. Aber CEO Nussbaumer sagt: «Natürlich müssten aber auch wir bei dauerhaft erhöhten Preisen reagieren und die Endpreise für den Kunden anpassen.» Zuletzt hat sich an der Treibstoff-Front leichte Entspannung abgezeichnet.
Das Fazit zum Schluss: Der Reiselust werden auch erhöhte Benzin- und Dieselpreise kaum einen Abbruch tun. Und der Krieg macht zwar allenthalben betroffen und hat kurzfristig zu einem Buchungsrückgang geführt, viel zentraler bleibt aber die Entwicklung der Pandemie.