Die Seligsprechung von Habsburgs «Dienerin Gottes» wird im nächsten Schritt in Rom beurteilt
Der 1. April 2022 steht – insbesondere in Österreich – im Zeichen des Gedenkens an Karl I. (1887–1922). Auf den Tag genau vor 100 Jahren ist der letzte Habsburgerkaiser im Alter von erst 34 Jahren verstorben – im Exil auf Madeira. Noch am Tage seines Todes wurde auf Initiative des späteren österreichischen Bundespräsidenten Wilhelm Miklas (1872–1956) der Seligsprechungsprozess Karls eingeleitet und im rasanten Tempo vorangetrieben.
Die eigens für diesen Prozesses ins Leben gerufene Kaiser-Karl-Gebetsliga für den Völkerfrieden sammelte Gebetserhörungen und Wundermeldungen, die sich nach Anrufung des als gottergebenen «Friedensherrschers» Karl ereignet haben sollen.
Ein kontrovers diskutierter Prozess
Witwe Zita, welche bis zu ihrem Tod einen formellen Thronverzicht abgelehnt hatte, hat die Seligsprechung ihres Mannes persönlich angetrieben, vor allem in ihren letzten Lebensjahren, nachdem sie 1982 zum ersten Mal wieder einen Fuss auf österreichischen Boden setzten durfte. Dennoch sollte sie den Abschluss des langen Prozesses nicht mehr erleben: Am 3. Oktober 2004, vierzehn Jahre nach Zitas Tod, wurde Kaiser Karl I. seliggesprochen. Ausschlaggebend war die wunderbare Heilung des chronischen Venenleidens einer brasilianischen Nonne, was auf die Anrufung Kaiser Karls zurückgegangen sein soll.
Dieser Seligsprechungsakt wurde kontrovers diskutiert, vor allem bei der Bevölkerung Österreichs. Grund dafür war insbesondere die umstrittene Person des Bischofs Kurt Krenn (1936–2014), Karls grösster Fürsprecher und Vorsitzender der Gebetsliga. Auch weitere einflussreiche politische und kirchliche Protagonisten waren involviert. Schlussendlich wurden von mehreren Seiten Stimmen laut, der letzte Habsburgerkaiser habe seine Beatifikation einem intensiven Lobbying zu verdanken.
Dem seligen Kaiser Karl I. soll nun auch seine 1989 im Schweizer Exil verstorbene Frau Zita in denselben Verehrungsstand folgen: Seit Dezember 2009 ist der Prozess für die Seligsprechung der letzten österreichischen Kaiserin im Gange. Vorsitz hat Yves Le Saux, Bischof von Le Mans. Seither gilt Zita, die zeitlebens von tiefer Frömmigkeit und bedingungsloser Treue zur Römisch-katholischen Kirche geprägt war, als «Dienerin Gottes». Der Kaiserin wird von Zeitgenossen nachgesagt, dass sie sehr auf ihre Pflichterfüllung fokussiert gewesen sei, stets aufrichtig Anteil am Leid Benachteiligter genommen und in tiefer Verbindung mit Christus gestanden habe.
Viel Material, das es auszuwerten gilt
Der für Zitas Seligsprechungsverfahren zuständige Postulator ist seit März 2015 Pater Alexander Leonhardt. Seine Aufgabe ist es, den Prozess während der sogenannten diözesanen Phase zu begleiten. In dieser wird das Wirken der oder des selig zu Sprechenden auf bischöflicher Ebene eingängig untersucht und ausgewertet. Dazu tragen auch im Falle von Zita Rückmeldungen und Erfahrungen aus der Bevölkerung bei – die Erzdiözese Wien wie auch das Bistum St. Gallen hat nach Eröffnung des Verfahrens die Bevölkerung öffentlich dazu aufgerufen, man möge Informationen zu und über Zita einreichen.
Bei ihr ist das alles offenbar mit einem überdurchschnittlichen Aufwand verbunden, wie von einer Äusserung des Postulators gegenüber einer elsässischen Nachrichtenagentur neulich hervorgeht. Das dürfte denn auch der Grund sein, dass es um Zitas Seligsprechungsverfahren in den vergangenen Jahren medial ruhig geworden war. Sie habe eine «extrem umfangreiche Korrespondenz» geführt, sagt Pater Alexander. Die Auswertung dieser sei Gegenstand des Verfahrens. Der Prozess schreite voran, so der Pater weiter. Er rechne damit, dass die diözesane Phase in zwei bis drei Jahren abgeschlossen sei.
Danach wird Zitas Seligsprechungsakte an den Vatikan überstellt zur Prüfung auf Ebene des Heiligen Stuhls. Ab hier ist ein neu gewählter Postulator für den weiteren Verlauf zuständig. Nach Abschluss dieser letzten Phase liegt es schliesslich am Papst, über die Seligsprechung zu entscheiden.
Als es 1919 zu Ende ging mit dem Habsburgerreich und Kaiser Karl nicht abzudanken bereit war, musste die Familie Österreich verlassen. Sie zog in die Schweiz, wohnte in Rorschacherberg, in Prangins und für kurze Zeit in Hertenstein. Nach einem gescheiterten Restitutionsversuch wurde die Familie nach Madeira gebracht.
Nach Karls Tod liess sich Zita zunächst in Spanien, dann in Belgien, Kanada und Luxemburg nieder, ehe sie 1962 in die Schweiz zurückkehrte. Im St. Johannesstift in Zizers bei Chur lebte sie bis zu ihrem Tod am 14. März 1989. Zita wurde medienwirksam mit grossem Pomp in der Wiener Kapuzinergruft beigesetzt. Ihr Herz jedoch – und dasjenige ihres Mannes – befindet sich im Kloster Muri im Kanton Aargau, eine der ältesten Habsburgergründungen. Zita war mit der ehemaligen Abtei im Aargauer Freiamt stets eng verbunden.