Explosion der Fallzahlen im Bundeshaus: Nach Linken trifft das Coronavirus in der Frühjahrssession nun auch Bürgerliche
Sophie Michaud Gigon war die Erste. Die Waadtländer Nationalrätin der Grünen hat am 11. Dezember 2020 von zu Hause aus während der Session abgestimmt. Der Grund: Sie war in Quarantäne. Seit einem Monat ist die Quarantäne nach einem Kontakt mit einer infizierten Person in der Schweiz zwar abgeschafft. Doch noch immer muss in Isolation, wer positiv auf das Coronavirus getestet wird.
Und das sind in der laufenden Frühjahrssession nicht wenige: Zehn Personen haben in den ersten zwei von drei Sessionswochen bereits per Schaltung von daheim abgestimmt. Das teilen die Parlamentsdienste auf Anfrage von CH Media mit. Namen oder auch nur die Parteizugehörigkeit nennt das Parlament mit Verweis auf das Persönlichkeitsrecht dabei nicht. So handhabe man dies auch sonst bei positiv getesteten Ratsmitgliedern, heisst es zur Begründung.
Nun melden auch SVP und FDP Coronafälle
Wie Recherchen von CH Media zeigen, waren von den Coronainfektion in der laufenden Session bislang allerdings vor allem Angehörige der rot-grünen Parteien betroffen. Mit vier positiven Fällen sticht dabei die SP hervor, die Grünen traf es drei Mal und je einmal eine Nationalrätin oder einen Nationalrat von Mitte, GLP und SVP. Die Parteizugehörigkeit und die entsprechenden Namen lassen sich aus dem Protokoll nachvollziehen. Denn jeweils bei der ersten Abstimmung pro Tag werden die Namen jener Mitglieder des Nationalrats bekannt gegeben, die remote – also zu Hause – abstimmen. Der Ständerat kennt diese Möglichkeit nicht.
Doch nun, in der dritten Sessionswoche, sind die Ansteckungen mit dem Coronavirus in der grossen Kammer auf einmal richtiggehend explodiert. Am Montag hat Nationalratspräsidentin Irène Kälin gleich neun Namen verlesen, die wegen einer Isolation von zu Hause aus abstimmen. Und dabei zeigt sich, dass das Coronavirus inzwischen immer mehr auch die Bürgerlichen trifft: Die SVP als grösste Fraktion im Bundeshaus zählt gleich drei neue positive Fälle, FDP und Grüne je deren zwei und SP sowie Mitte je einen zusätzlichen Coronafall.
Damit verzeichnet der Nationalrat in den ersten zwei Sessionswochen zwar insgesamt bereits 19 Coronafälle. Was einer Verdoppelung entspricht. Doch allein am Montag hat das Bundesamt für Gesundheit (BAG) für die vergangenen drei Tage 69’147 neue positive Coronatests aus der Schweiz und Liechtenstein gemeldet. Gegenüber der Vorwoche entspricht dies einem Anstieg um 28 Prozent.
Im Bundesrat ist links und rechts betroffen
Keinen Halt vor Parteigrenzen respektive dem Bürger- und Links-Block macht das Coronavirus derweil auch in der Landesregierung. Nachdem sich Mitte Februar erst Aussenminister Ignazio Cassis (FDP) mit dem Virus infiziert hatte, ist vor Wochenfrist auch noch Gesundheitsminister Alain Berset (SP) von der Pandemie in die Isolation gezwungen worden. Und drei Tage später traf es schliesslich mit Wirtschaftsminister Guy Parmelin auch einen SVP-Vertreter. Nur die «Mitte» (mit Armeevorsteherin Viola Amherd) ist damit bislang im Bundesrat vom Virus verschont geblieben.
Bundespräsident Cassis war das erste Mitglied der Landesregierung, von dem offiziell bekannt ist, dass es sich mit dem Coronavirus angesteckt hatte. Bereits bekannt war, dass sich auch im Bundesparlament sowie in zahlreichen Kantonsregierungen im Verlauf der inzwischen zwei Jahre dauernden Pandemie mehrere Mitglieder mit dem Virus infiziert hatten.
Remote-Abstimmungen über 2022 hinaus?
Und bekannt ist auch, dass sich alle Bundesrätinnen und Bundesräte Anfang Winter zum dritten Mal impfen liessen. Sprecher André Simonazzi sagte im Dezember gegenüber CH Media, bis am 17. Dezember wollten sich alle Mitglieder der Landesregierung boostern lassen.
Im Nationalrat ist das Abstimmen von zu Hause aus seit knapp eineinhalb Jahren und noch bis Ende 2022 möglich. Das ist so im Gesetz über die Bundesversammlung festgehalten. In der aktuellen Session diskutiert das Parlament zudem über weitere mögliche Bestimmungen für hybride oder virtuelle Ratssitzungen. Dies mit der Idee, die Krisenfähigkeit des Parlaments weiter zu stärken. Entscheide dazu sind allerdings in der Nationalratssitzung vom Montag bislang noch keine gefallen.