Clooneys Reise an die Aargauer Landwirtschaftsmesse
Clooney steht im Schatten und ruht sich aus, die Augen hat er halb geschlossen. Der Weg an die die Aargauer Landwirtschaftsmesse ist nicht mehr weit, doch die Reise war schon lange und beschwerlich. Vermutlich freut er sich auf den grossen Empfang, die vielen Leute, die ihm zujubeln, wenn er in Lenzburg eintrifft. Sanft streichle ich ihm über den Kopf und die Nase. Clooney beginnt an meiner Hand zu knabbern.
Die Rede ist natürlich nicht vom Filmstar George Clooney, sondern von einem Pferd namens Clooney, das zusammen mit 16 Artgenossen seit Sonntag im Aargau unterwegs ist. Der Pferdetreck soll den Leuten die Tiere und die Arbeit mit ihnen näher bringen – bereits im letzten Jahr fuhr die Gruppe an den Marché-Concours in Saignelégier.
Die fast 200 Kilometer lange Tour durch den Aargau startete in Fislisbach und führte über Muri, Staffelbach, Wölflinswil und Lupfig bis nach Lenzburg an die Aargauer Landwirtschaftsausstellung ALA23. Auf der letzten Etappe durfte die AZ den Pferdetreck auf einem der fünf Wagen begleiten.
Das Pferd stand in dieser Woche im Zentrum
Am letzten Tag der Reise startete die Gruppe in Lupfig, wo man auf einem Hof übernachten konnte. Denn wer mit so einer Karawane unterwegs ist, kann nicht einfach ein Hotel buchen. Schliesslich müssen auch die Tiere versorgt und untergebracht werden. Patrick Böller, der den Treck organisiert hat, beantwortet die obligate Frage nach dem Highlight der Reise dann auch ganz in Rösseler-Manier: «Dass das Tier im Zentrum stand, dass die Pferde am Abend zuerst versorgt wurden, noch vor den Reiterinnen und Reitern.»
Diese sind, genau wie die Tiere, langsam müde von der langen Reise, doch die Stimmung ist hervorragend. «Es war eine wunderbare Woche, auch wenn es etwas viel geregnet hat», erzählt Ursula Diebold, einst Mediensprecherin der Aargauischen Kantonalbank (AKB). Andere Reiterinnen drücken sich noch etwas deutlicher aus: Am Montag habe es geregnet und gewindet, dass einem die Lust am Reiten vergangen sei. Doch auch hier geht es nicht lang, bis einer einen positiven Aspekt findet: «Davon werden wir noch lange erzählen.»
Die Pferde genossen eine Woche unter Artgenossen
Böller sagt, in jeder Region des Aargaus, durch den die Reise führte, habe sich mindestens einer der Teilnehmerinnen und Teilnehmer ausgekannt, und den anderen die Gegend näher bringen können. «Wir wussten gar nicht, wie viele Hügel der Aargau hat, kaum hat man einen überquert, kommt der nächste», erzählen zwei Frauen.
Auch die Tiere hatten Freude an der Reise durch den Aargau, da sind sich die Reiterinnen einig. «Würde ich hinunterfallen, würde mein Pferd einfach weiterlaufen, weil es so gern in dieser Gruppe ist», sagt Diebold und lacht. Und auch wenn es anstrengend war, so tut den Tieren der Auslauf gut – Freiberger sind eine robuste Rasse, die viel Anstrengung aushalten.
Hinterlassenschaften werden eingesammelt
Wir fahren auf Mägenwil zu, zu unserer rechten Seite sehen wir Schloss Brunegg. Begleitet werden wir von einem roten Lieferwagen. Sobald Pferdeäpfel auf die Strasse kullern, hält der Fahrer an und räumt sie weg. «Scheissjob», sagt jemand grinsend. Andere Leute produzieren schlimmer Hinterlassenschaften, sagte eine andere und deutet auf eine Dose im Gras.
Als wir durch Hägglingen fahren, kreuzen wir einen Linienbus, der unseretwegen eine Minute warten muss. Kinder drücken ihre Gesichter gegen die Fensterscheiben. Auch am Strassenrand winken uns immer wieder Leute zu, ein Bauarbeiter zückt sein Handy und filmt, ein kleiner Hund bellt entrüstet.
Der Einritt in die grosse Manege
Nach einem kurzen Mittagshalt geht die Reise weiter, Hügel auf, Hügel ab. Auf Waldstrassen ist das kein Problem, doch auf dem Teer rutschen die Tiere leichter aus, es ist Vorsicht geboten. Kutscher Pius Benz erklärt, warum er ungern bergab fährt: «Man muss abwechselnd die vordere und die hintere Bremse betätigen, und auch dann merkt man, dass die Bremsflüssigkeit warm wird und Bremse etwas weicher.» Voll beladen ist der Wagen am Dreiergespann um die zwei Tonnen schwer.
Gleichzeitig muss Benz auch immer auf die Pferde achten. Denn es kann sein, dass sich eines etwas zurückfallen lässt und die anderen beiden die Arbeit machen lässt. «Manchmal reichte es aber nur schon, wenn man etwas die Stimme erhebt, um das zu korrigieren», erklärt Benz.
Am späten Nachmittag trifft der Pferdetreck an der Landwirtschaftsausstellung ein. Clooney und seine Begleiterinnen und Begleiter werden mit grossem Applaus begrüsst, OK-Präsident Alois Huber bedankt sich bei den Teilnehmenden, die sich in einem Halbkreis aufgestellt haben und dem Publikum zuwinken. Fast wie in Hollywood.