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Hostetmann in «Arena» zur Juso-Initiative: «Herr Spuhler wird nicht wegziehen»

In der SRF-«Arena» zur Erbschaftssteuer-Initiative der Juso prallten Weltbilder aufeinander: Während die Linke über Gerechtigkeit sprach, warnten Bürgerliche vor dem Untergang des Wirtschaftsstandorts Schweiz.

KMUs in Gefahr, Multimillionäre auf der Flucht, Planwirtschaft am Horizont – wer die SRF-Arena zur Juso-Initiative geschaut hat, bekam den Eindruck, die Schweiz stehe bei einer Annahme vor dem wirtschaftlichen Kollaps.

Doch eigentlich ging es nur um eine Steuer auf vererbte Millionenvermögen: Die «Initiative für eine Zukunft» will Erbschaften über 50 Millionen Franken zu 50 Prozent besteuern und die Einnahmen in den Klimaschutz investieren. Wie schwer es ist, in der Schweiz über Ungleichheit und Umverteilung zu reden, wurde in der «Arena» deutlich.

Mirjam Hostetmann, Präsidentin Juso

Jürg Grossen, Nationalrat und Präsident GLP, BE

Nicole Barandun, Nationalrätin Die Mitte, ZH

Katharina Prelicz-Huber, Nationalrätin Grüne, ZH

Maschinenparks oder Multimillionäre

GLP-Chef Jürg Grossen machte gleich zu Beginn klar, wen die Initiative seiner Meinung nach hauptsächlich treffe: Nicht Superreiche, sondern mittelgrosse bis grosse Unternehmen mit einem Maschinenpark. «Wenn ein Unternehmen 50 Millionen Franken in Maschinen investiert hat, dann hat das nichts mit Superreichtum zu tun», sagt er.

Unternehmerinnen und Unternehmer, «die Verantwortung übernehmen, Arbeitsplätze schaffen und reinvestieren», würden so ins Visier geraten.

Und Klimaschutz gehe in der Schweiz anders: «Ich kenne viele gut situierte Leute, die investieren in ihr Haus, in eine Solaranlage, in ein Elektroauto – das ist die schweizerische Art.» Dass ein Solardach keine Steuer auf die jährlich rund 88 Milliarden Franken ersetzt, die laut Studien in der Schweiz vererbt werden, lässt er dabei ausser Acht.

Grüne-Nationalrätin Katharina Prelicz-Huber hielt dagegen, dass die Initiative nicht auf KMUs abziele, sondern auf die oberste Spitze der Vermögenspyramide. Und diese Gruppe würde laut Studien nur 10 Prozent des vererbten Vermögens zurück in produktive Kreisläufe investieren. «Es ist so, dass Pensionierte an Pensionierte vererben. Und wir reden, wenn es hoch kommt, von 2500 Menschen.» Schätzungen des Bundesrates würden davon ausgehen, dass diese Menschen ein Vermögen von über 50 Millionen Franken besitzen.

Der Exodus der Superreichen

2500 von rund 9 Millionen Einwohnern in der Schweiz. Doch davor, dass genau diese das Land verlassen könnten, haben die Bürgerlichen Angst.

So warnt Nicole Barandun, Nationalrätin der Mitte, davor, dass Vermögende mit Unternehmen die Schweiz verlassen könnten – und damit Know-how und Arbeitsplätze Die Juso-Initiative sei unpräzise und gefährde den Wirtschaftsstandort und die Innovationskraft der Schweiz. Sie verwies auf Schweden und Norwegen, die ihre Erbschaftssteuern abgeschafft hätten, «weil sie merkten, dass sie Innovationskraft verloren haben.» Nur: Belege für diese Begründung führte sie keine ins Feld.

Die Angst vor dem Exodus der Superreichen hat in der Schweiz ein Gesicht: Peter Spuhler. Der Stadler-Rail-Unternehmer und alt SVP-Nationalrat warnte schon im Sommer davor, dass ihn die Juso-Initiative zu einem Wegzug nach Österreich zwingen würde. Laut einem Bundes-Gutachten denken bis zu 80 Prozent der Betroffenen über einen Wegzug nach.

Doch Juso-Präsidentin Mirjam Hostetmann entgegnete: «Ich gehe nicht davon aus, dass Herr Spuhler wegziehen würde. Die Schweiz hat auch ganz andere Qualitäten – gerade in dieser geopolitischen Lage.» Schützenhilfe erhielt sie von Prelicz-Huber, die über Spuhler sagte: «Wer jahrzehntelang von öffentlichen Aufträgen profitiert, darf sich durchaus die Frage gefallen lassen, was er der Allgemeinheit zurückgeben will.»

Jürg Grossen verteidigte Spuhler aber deutlich und betonte, dass er öffentliche Aufträge erhalten habe durch Wettbewerbsverfahren: «Spuhler hat zudem viele Arbeitsplätze geschaffen und hat weltweiten Erfolg. Das Geld ist privates Vermögen, aber das ist nicht auf einem Bankbüchlein – das steckt im Unternehmen.»

Keine Gegenvorschläge

Spannend wurde es nochmals am Schluss, als Moderator Sandro Brotz fragte, warum keiner der Gegenvorschläge der Linken angenommen wurde. Darauf antwortete GLP-Präsident Grossen: «Weil die Initiative zu extrem ist.» Damit war das Thema für ihn erledigt – fast.

Denn er betonte zwar mehrfach: Man könne mit der GLP über Erbschaftssteuern reden – halt «einfach nicht so». Studien müssten zuerst auf den Tisch, Modelle durchgerechnet werden. Auf Brotz’ Rückfrage, warum die GLP nicht selbst aktiv wird, kam nichts Konkretes.

Auch Nicole Barandun blieb vage. Sie verwies sie darauf, dass das Vermögen in der Schweiz 2023 erstmals wieder gesunken sei – als wäre das ein Argument gegen eine jahrzehntelange Entwicklung: in Realität besass 1981 das reichste Prozent der Schweizer Bevölkerung 33 Prozent des Vermögens, 2021 waren es bereits 45 Prozent, wie das SRF in einer Grafik zeigte.

Barandun sagte dazu: «Mich stört nicht, wenn mehr Menschen mehr Geld haben. Mich stört, wenn immer mehr Menschen weniger haben.» Und Grossen ergänzte: «Es ist gut, dass es mehr von diesen Leuten gibt.»

Dass die beiden Politiker die Zahlen falsch intepretierten und es nicht mehr Vermögende – nur mehr Vermögen indenselben 1 Prozent der Menschen gibt, brachte immerhin Juso-Chefin Hostetmann auf den Punkt: «Unsere Initiative will dort ansetzen, wo leistungsfreies Kapital weitergegeben wird – nicht bei arbeitenden KMUs.» Denn jeder zweite Vermögensfranken in der Schweiz werde mittlerweile vererbt.

Trotz dieser späten Klarstellung blieb am Ende der Eindruck: Die Juso hatte es schwer, für ihr Anliegen zu weibeln. Ein Jugendlicher im Publikum brachte die Wirkung der Debatte auf den Punkt: «Ich war anfangs für die Initiative. Aber jetzt bin ich verunsichert. Die Juso hat mich nicht überzeugt. Es ist wichtig, dass man solche Erbschaften besteuert – aber der Vorschlag ist zu extrem.»

Die «Arena» über die «Initiative für eine Zukunft» bewegte sich zwischen «Klassenkampf» und «Gerechtigkeit». Was fehlt, ist eine ehrliche Debatte dazwischen – und der politische Wille der grossen Parteien, auch mal selbst mit einem Vorschlag voranzugehen.