Sie sind hier: Home > Blaulicht > Mit dem Töff vor Polizei geflüchtet? Ein DNA-Treffer belastet jungen Mann schwer – doch Zeugen stützen sein Alibi

Mit dem Töff vor Polizei geflüchtet? Ein DNA-Treffer belastet jungen Mann schwer – doch Zeugen stützen sein Alibi

Ein Mann ohne Führerausweis soll sich im unteren Fricktal auf dem Motorrad einer Kontrolle entzogen haben. Wegen seiner Vorstrafen fordert die Staatsanwaltschaft eine unbedingte Haftstrafe. Nach dem Freispruch durch das Bezirksgericht muss nun das Obergericht in Aarau entscheiden. Dort gibt es zwar viele Entlastungszeugen – aber auch viele Widersprüche.

An einem Nachmittag im Herbst 2021 will die Kantonspolizei Aargau eine Person auf einem Motorrad im unteren Fricktal anhalten. Doch diese weicht aus, beschleunigt und flüchtet. Wenig später wird der Töff, der einer jungen Frau gehört, in Zeiningen gefunden. Die Spurensicherung am Fahrzeug ergibt einen DNA-Treffer, der auf den damaligen Freund der Töffbesitzerin passt.

Nur: Dieser hatte zu besagter Zeit gar keinen Führerausweis, da ihm dieser für die Dauer von zwölf Monaten entzogen worden war. Gegen den Strafbefehl, der mit einer Freiheitsstrafe von vier Monaten unbedingt und einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu je 30 Franken einherging, legte er Einspruch ein. Tatsächlich sprach ihn das Bezirksgericht im August 2023 von Schuld und Strafe frei.

Weiteres Verfahren läuft gegen Beschuldigten

Gegen das Urteil legte wiederum die Staatsanwaltschaft Rheinfelden-Laufenburg Berufung ein. Konkret warf sie dem jungen Fricktaler das Führen eines Motorfahrzeugs trotz Entzugs des Führerausweises, die Vereitelung von Massnahmen zur Feststellung der Fahrunfähigkeit sowie die Verhinderung einer Amtshandlung vor.

Dass die Freiheitsstrafe nicht zur Bewährung beantragt wurde, liegt an den Vorstrafen des Beschuldigten. Zudem läuft derzeit ein weiteres Strafverfahren bei der Staatsanwaltschaft Laufenburg-Rheinfelden gegen ihn. Der Beschuldigte soll hier eine Person auf dem Fussgängerstreifen angefahren und verletzt haben.

Der Beschuldigte erklärte seine DNA am Töff damit, dass er in der Nacht vor dem Vorfall – gegen 1 Uhr – das Motorrad gewaschen habe. «Ich bin es nicht gewesen», betonte er auch in seinem Schlusswort vor Gericht. Er sei am Nachmittag, an dem er mit dem Motorrad unterwegs gewesen sein soll, mit zwei Bekannten in einer Klinik gewesen. Ein Freund hatte sich am Fuss verletzt.

Dieser sowie eine weitere Begleitperson bestätigten die Anwesenheit des Beschuldigten beim Klinikbesuch. Jedoch gab es zwischen den Personen widersprüchliche Aussagen zu Detailangaben. So soll es sich einmal um einen Bus gehandelt haben, mit dem sie zur Klinik unterwegs gewesen sein wollen. Das andere Mal war es ein Kleinwagen. Einmal soll der Beschuldigte rechts auf der Vorderbank des Busses gesessen haben, das andere Mal auf der Rückbank. Auch die Angaben dazu, wer die verletzte Person in die Klink begleitet und wer im Auto gewartet hat, differierten.

«Die Personen wissen mehr, als sie zugeben»

Daneben gab eine Zeugin bei der Befragung vor Gericht umgehend zu Beginn an, dass der Beschuldigte im Auto dabei gewesen sei – obwohl sie noch gar nicht danach gefragt worden war, wer dabei war. Dies sowie die vielen Widersprüchlichkeiten waren für die Staatsanwaltschaft Zeichen der Unglaubwürdigkeit und liessen nur einen Schluss zu: «Die Personen wissen mehr, als sie zugeben.»

Die Verteidigung wiederum erinnerte daran, dass der ganze Vorfall bereits knapp drei Jahre her sei. Man könne daher nicht erwarten, dass sich die Zeugen an Details erinnern. Es gebe keinen Grund, warum der Beschuldigte am besagten Tag mit dem Töff unterwegs gewesen sein soll.

Die Mehrheit des Obergerichts sprach den Beschuldigten von Schuld und Strafe frei. «Dem Obergericht ist es nicht entgangen, dass es sehr viele Widersprüche zwischen den Aussagen gibt», so die Vorsitzende in der Urteilsbegründung. Aber man könne dem Beschuldigten nicht nachweisen, dass er seinen Freund nicht zum Spital begleitet habe. «Wir wissen deswegen nicht ohne Zweifel, ob er doch ein Alibi hat», so die Vorsitzende weiter. Der Freispruch erfolgte nach dem Grundsatz in dubio pro reo.