Schliesst eine Tür, öffnet sich eine andere: So hat sich die Aargauer Gastrolandschaft 2024 verändert
Das Jahr 2024 hat in der Aargauer Gastronomie seine Spuren hinterlassen. Das zeigt der Blick auf die vielen Schlagzeilen, welche die Restaurantszene im Kanton während des vergangenen Jahres geschrieben hat. Neben zahlreichen Neueröffnungen mussten auch einige Beizen ihre Tore für immer schliessen. Und wieder andere Lokale wurden an ambitionierte Nachfolger weitergereicht.
Gemeinsam blicken wir zurück auf das Aargauer Gastrojahr und zeigen die spannendsten Neuentdeckungen, die schwersten Schicksale, die schmerzlichsten Abschiede und die grössten Aufsteiger im Jahr 2024.
Die Schliessungen
Das Jahr startete mit einem schweren Schlag für die Kundinnen und Kunden des CafésLa Patisserie in Zofingen. Der ehemalige Konditor-Weltmeister David Schmid fand schlicht keine Mitarbeitenden für die Aufrechterhaltung des Cafébetriebs. Um den Traum von «La Patisserie» weiterzuleben, zog er einen Schlussstrich unter das Café. In der Backstube werden aber weiterhin Köstlichkeiten produziert.
«Wir sind dann mal weg», stand auf einem Schild vor dem Eingang zumRestaurant Höhtal in Ehrendingen, weitherum bekannt für seine gutbürgerliche Küche. Wirt Kurt Schneider verabschiedete sich nach 23 Jahren in den Ruhestand. Familie Killer, der die Liegenschaft gehört, erklärte gegenüber der AZ: «Wir hatten sehr schöne Zeiten im Restaurant. Es war fast 40 Jahre lang unser Lebensmittelpunkt.»
Und auch in Wohlen sorgt eine Pensionierung für die Schliessung eines beliebten Restaurants. Burkhard Eggenberger, bekannt als Eggi, verabschiedete sich nach acht Jahren von derWohler «Schönau»und ging in den Ruhestand. Die Cordons bleus der «Schönau» waren legendär und weit über Wohlen hinaus bekannt.
Die Schicksale
Im«Bahnhöfli» in Rümikonging 2024 eine Ära zu Ende. Rosmarie und Hugo Siegenthaler blicken bei der Schliessung des Restaurants auf ein Vierteljahrhundert als Wirte zurück. «Wir haben sehr schöne und sehr intensive, aber auch schwere Zeiten erlebt», erklärte das Wirtepaar gegenüber der AZ. Neben den Einschränkungen durch die Coronapandemie erschütterten auch ein Herzinfarkt und ein Schlaganfall bei Rosmarie Siegenthaler das Leben der beiden.
Ein Herzstillstand riss die 58-jährige Jacqueline Kurt, Köchin und Mitinhaberin desWettinger Restaurants Sonne, völlig unerwartet aus dem Leben. Die traurige Meldung erreichte die AZ im Dezember dieses Jahres. «Ich brauche Zeit zum Trauern», erklärte Sandra Rudin-Kurt, die Schwester der Verstorbenen. Bis auf weiteres bleibt die «Sonne» geschlossen. Rudin-Kurt müsse sich erst neu orientieren und einen Weg finden, alles unter einen Hut zu bringen. Doch sie ist sicher: «Irgendwie muss es weitergehen.»
Die Eröffnungen
«Ein sicherer Ort für Menschen mit Zöliakie – und alle anderen Feinschmecker» titelte das Zofinger Tagblatt im Januar 2024. Mit dem «Paulies» eröffnete in Zofingen das erste komplett glutenfreie Restaurant der Schweiz. Auf die Idee kam Geschäftsführerin und Köchin Lea Adolf aus persönlichen Gründen: «In meiner Familie und Verwandtschaft gibt es mehrere Personen, die unter Zöliakie leiden.» Leider hatte das «Paulies» von Anfang an Probleme bei der Mitarbeiterinnen-Suche und konnte die Öffnungszeiten nicht wie geplant ausweiten, sodass Geschäftsfüherin Adolf am 16. Dezember auf der Homepage des Unternehmens die Schliessung der Zofinger Filiale bekanntgeben musste.
Anfang Mai eröffnete Ilze Nuzzi in Seon still und heimlich ihr Restaurant Rīga mit lettischer Küche. Diese sei hierzulande weitgehend unbekannt, erklärte die Gastronomin gegenüber der AZ. «Die Gäste wussten nicht, was sie erwartet. Sie mussten probieren und sich überraschen lassen.» Mittlerweile würden ihr Restaurant viele regelmässig besuchen, brächten Familie und Freunde mit. Es gebe Tage, an denen würden sie beinahe überrannt.
Im Sommer wurde der Mettauertaler Ortsteil Etzgen um einen Gastronomiebetrieb reicher: Wirt Andreas Gottstein eröffnete direkt an der Landstrasse das«Rhy Bistro». Damit möchte er Einheimische, Velofahrer und Töfffahrerinnen anziehen. Sogar eine Lounge auf dem Dach ist geplant.
«Hier sollen die Leute einfach happy sein», erklärte Urs Taufenecker, Inhaber der Brasserie Brugg bei deren Eröffnungsfeier im August. Dies, nachdem es wenige Wochen vor dem Anlass noch einigen Wirbel um das neue Restaurant gegeben hatte. Taufenecker trennte sich nach Verwerfungen nämlich von Küchenchef Mark Humm, Bruder des Starkochs Daniel Humm.
Die Gastro-Überflieger
Der bekannte Restaurantführer «Gault-Millau» hat zehn «Starchefs, die auch Veganer glücklich machen», gekürt. Im Ranking befand sich auch das Restaurant Oberstadt in Baden mit Küchenchef Adrian Strub. «Das ist eine Anerkennung für unsere Arbeit», erklärte der 28-Jährige gegenüber der AZ und fügte an: «Dass das ‹Oberstadt› neben so vielen grossen und bekannten Namen der Schweizer Gastronomie gelistet ist, macht es für mich umso schöner.»
Im Juni wurde Sebastian Rabe vom Restaurant Ochsen in Muri von «Gault-Millau» zum Koch des Monats gewählt. Gleichzeitig verlieh ihm der Restaurantführer den 16. «Gault-Millau»-Punkt. Die Experten zeigten sich in ihrem Urteil begeistert und überschütteten den Küchenchef mit Attributen. «Stilsicher, detailverliebt, unaufgeregt und nicht dogmatisch», beschrieben sie die Küche Rabes.
Das«Skin’s» in Lenzburg mit Küchenchef Kevin Romes erkochte sich im vergangenen Jahr 17 «Gault-Millau»-Punkte. Damit hat das Restaurant nun genauso viele Punkte wie das Restaurant Fahr, das mehrere Jahre alleiniger Spitzenreiter im Aargau war. Im zweiten bekannten Restaurantführer, dem «Guide Michelin», wird das «Skin’s» gar mit zwei Sternen geführt, das «Fahr» mit einem.