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Parlament entscheidet über das Schicksal der legendären Wiese am Vierwaldstättersee – was das mit SVP-Fraktionschef Aeschis Ärger zu tun hat

Das Rütli ist die berühmteste Wiese der Schweiz. Die Frage, wer dort die 1.-August-Rede hält, ist ein Politikum. Die Schweizerische Gemeinnützigen Gesellschaft (SGG) ist die Herrin über das Rütli. Bald beugt sich der Ständerat über das Verhältnis zwischen dem Bund und SGG.

Seit gut einem Monat leitet der Frauenfelder FDP-Stadtpräsident Anders Stokholm die Schweizerische Gemeinnützige Gesellschaft (SGG). Die Wahl beendet die turbulenten vier Jahre unter seinem Vorgänger Nicolas Forster.

Der umtriebige «zivilgesellschaftliche Unternehmer» hat zahlreiche Nichtregierungsorganisationen ins Leben gerufen: So etwa das «Staatslabor» für Innovation in der Verwaltung oder den aussenpolitischen Thinktank «Foraus». Während 5 Jahren amtete Forster auch als Co-Präsident der Zürcher GLP und kandidierte 2023 erfolglos für den Nationalrat.

Forster, 39, war mit dem Anspruch angetreten, der altehrwürdigen SGG frischen Wind zu verleihen. Doch seine Amtsführung und seine in den Augen von Kritikern links-progressive Schlagseite sorgten intern und extern für Widerstand.

Forsters Wirken an der SGG-Spitze hat sogar ein Nachspiel im Bundeshaus: Am 20. August befasst sich die staatspolitische Kommission des Ständerats mit einer Motion aus der Feder von SVP-Fraktionschef Thomas Aeschi (ZG), die der Nationalrat im April knapp angenommen hat.

Will der SGG die Verwaltung der Rütliwiese entziehen: SVP-Fraktionschef Thomas Aeschi.
Bild: Peter Klaunzer/Keystone

Der Vorstoss verlangt vom Bundesrat, eine 2011 unterzeichnete Vereinbarung zwischen der Eidgenossenschaft und der SGG aufzukünden. Der Bund soll die Rütliwiese selber verwalten. Aeschi begründete den Vorstoss unter anderem mit einer angeblichen politischen Unausgewogenheit bei den Rednerinnen und Redner an der von der SGG organisierten 1.-August-Feier auf dem Rütli.

Der Bundesrat lehnt Aeschis Ansinnen mit Verweis auf die rechtliche Lage ab. Das Rütli wurde dem Bund von der SGG durch eine Schenkungsurkunde im Jahr 1860 übergeben. Die Aufkündigung der von Aeschi avisierten Vereinbarung würde nicht dazu führen, dass die Verwaltung des Rütli in die Hände des Bundes überginge.

Vorstand bremste Kampf

Aeschis Vorstoss hat eine Vorgeschichte. Während Nicola Forsters Präsidentschaft braute sich im Vorfeld der für den Juni 2023 angesetzte Gesellschaftsversammlung ein regelrechter Sturm über der SGG zusammen. Das damalige Vorstandsmitglied Jürg Kallay, ein Vermögensverwalter rechtsbürgerlicher Gesinnung aus Zürich, bemängelte die fehlende «politische Ausgewogenheit» im Vorstand.

Er wollte gegen den Willen des Führungsgremiums um Forster gleich fünf neue Vorstandsmitglieder wählen lassen. Zu den Kandidierenden gehörten eine NZZ-Inlandredaktorin mit «Weltwoche»-Vergangenheit sowie der SVP-nahe Wirtschaftsprofessor Reiner Eichenberger.

Um an der Gesellschaftsversammlung die notwendige Mehrheit für diese Kampfansage an Forster zu bewerkstelligen, mobilisierte das Lager um Jürg Kallay massenhaft Neumitglieder, darunter SVP-Nationalrat Thomas Aeschi.

Der Vorstand um Forster stornierte die Anmeldungen kurzerhand – mit Verweis auf die aus den Statuten hervorgehende Verantwortung zum «Schutz der Organisation». Die Gesellschaftsversammlung stützte – ohne die sistierten Neumitglieder – den Kurs von Forster. Mit Verweis auf eine Statutenreform wurde der Entscheid über die Neumitgliedschaften vertagt.

Dieser Reform hat die Gesellschaftsversammlung am 21. Juni 2024 zugestimmt. Gemäss dem neuen SGG-Präsidenten Anders Stokholm will man die sistierten Mitgliederanträge nun bald traktandieren: «Der SGG ist es ein Anliegen, diese Frage zu klären.»