Geknebelter Rentner nur dank Glück nicht erstickt – Räuber blitzen vor Bundesgericht ab und müssen lange ins Gefängnis
Es ist der blanke Horror, den ein Rentnerehepaar aus Safenwil, beide über 80, vor bald vier Jahren erlebten musste. Ein falscher Pöstler klingelte an der Haustüre, zwei Komplizen – einer als Jogger verkleidet – traten hinter ihm ins Haus. Die Täter fesselten die Frau an Händen und Füssen und fesselten und knebelten sie mit Klebeband über der Nase und den Mund. Der Ehemann schilderte letztes Jahrvor dem Bezirksgericht Zofingen(die AZ berichtete), was weiter geschah: «Die Männer hatten Messer dabei. Es wurde versucht, den Ring von ihrem Finger zu lösen. Dabei wurden ihr Finger gebrochen.»
Zwischen dem Ehemann und mehreren Tätern kam es zu einem heftigen Gerangel. Auch der Senior wurde mit Klebeband gefesselt und geknebelt und mit einem Kabelbinder an einem Heizungsrohr festgebunden. «Ich hörte meine Frau dauernd wimmern und schreien», sagte er vor Gericht.
Klebeband über Mund und Nase
Aufgrund des Klebebandes über Mund und Nase habe er fast nicht mehr atmen können und sei 15 bis 30 Minuten lang fast bewegungsunfähig auf dem Kellerboden gelegen, hatte der Rentner ausgesagt. Das Obergericht kam zum Schluss: Es könne von Glück gesprochen werden, dass es dem damals 83-Jährigen überhaupt gelang, das Klebeband etwas zu verrücken, um dem Erstickungstod zu entgehen.
Rund 45 Minuten dauerte der Überfall. Das Motiv der Täter: Sie hatten geglaubt, dass sich im Haus ein grosser Geldbetrag befindet. Doch das Ehepaar konnte ihnen dazu keinen Hinweise geben. So flüchteten die vier Täter mit einer Beute von 500 Franken.
Das Bezirksgericht hatte die drei Hauptbeschuldigten wegen «Raub mit besonderer Gefährlichkeit» zu Freiheitsstrafen zwischen vier Jahren und sieben Monaten sowie fünf Jahren und einem Monat verurteilt sowie Landesverweise von 10 Jahren ausgesprochen. Den vierten Angeklagten hatte es «in dubio pro reo» freigesprochen.
Das Obergericht verurteilte zwei Angeklagte in einem Berufungsprozess in der Hauptsache wegen qualifiziertem Raubund erhöhte es die Freiheitsstrafen auf 9 Jahre und 3 Monate sowie auf 8 Jahre und 2,5 Monate. Dazu kam ein Landesverweis von 15 Jahren.
Überwachungskameras filmten Täter und Autos
Diese beiden Männer wehrten sich vor Bundesgericht gegen ihre Urteile und forderten einen Freispruch. Sie kritisierten, dass das Obergericht unrechtmässig Videoaufnahmen als Beweismittel verwendet habe, ohne die der Schluss auf ihre Täterschaft nicht möglich gewesen wäre. Eine Aufnahme stammte von einer Überwachungskamera des Nachbargrundstücks, eine andere von einer Tankstelle. Auf einer Aufnahme war eines der beiden Autos der Täter zu erkennen, ein weisser Nissan Qashqai. Eine andere zeigte einen Täter mit einem Opel beim Tanken in der Nähe.
Das Bundesgericht bestätigte allerdings die Argumentation des Obergerichts. Beim Raub handle es sich um eine schwere Straftat. die Videoaufnahmen seien deshalb verwertbar. Darüber hinaus verwies es auf die Aussagen eines geständigen Täters, die mit Details zum Raub respektive den Aussagen der Opfer übereinstimmten. Weiter verwies es auf Indizien wie Handydaten oder dass die Mobiltelefone der beiden während der Tatzeit ausgestellt waren. Auf der Jacke des «Joggers» war auf einem Überwachungsvideo ein Logo eines lokalen Fussballclubs erkennbar.
Das Richtergremium aus Lausanne hat die Beschwerde der beiden Männer in seinem kürzlich publizierten Urteil deshalb abgewiesen. Die Beweiswürdigung des Obergerichts sei umfassend und nachvollziehbar. Das Bundesgericht hat die langjährigen Freiheitsstrafen von rund 9 respektive 8 Jahren sowie den Landesverweis von jeweils 15 Jahren bestätigt.