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Neue Spuren aus der Bronzezeit: Kantonsarchäologie fand in einem Aushubloch Tonscherben und Knochen

Am Chapf in Sarmenstorf, wo ein Einfamilien- und ein Doppeleinfamilienhaus gebaut werden sollen, standen vermutlich schon vor 3000 Jahren Häuser. Zumindest haben Ausgräber der Kantonsarchäologie diese Woche schon eine Feuergrube mit verschiedenen Tonscherben gefunden. Jetzt suchen sie noch nach Pfostenlöchern.

Als das E-Mail der Kantonsarchäologie die Redaktion erreicht, muss ich zweimal hinschauen: Ist das wieder ein Einfall der Sarmenstorfer Kulturschaffenden, die sich alles Mögliche zum Thema Grabenstorf einfallen lassen? Nein, die Nachricht ist echt: In einer Sarmenstorfer Baugrube am Chapf wurden verschiedene Fundstücke aus der späten Bronzezeit, also aus der Zeit um 1000 v. Chr., gefunden.

Ausgräber Daniel Huber war schon vergangene Woche auf dem Platz. Hier sollen ein Einfamilien- und ein Doppeleinfamilienhaus gebaut werden. Weil die ganze Gegend hier, im ehemaligen Sumpfland des Erusbachs, eine Verdachtsfläche sei, komme die Kantonsarchäologie generell für einen Augenschein her, wenn eine Baugrube geöffnet werde.

Ein Überblick über die Funde vom Sarmenstorfer Chapf: Scherben und Knochen, die bald gewaschen und untersucht werden.
zvg/Kantonsarchäologie

«Letzte Woche fand ich eine spätbronzezeitliche Feuergrube, also eine gerötete Grube von 1 x 2 Metern», berichtet Huber. «Dort hinein schichtete man vermutlich Holz und zündete es an, darüber kam eine grosse Steinplatte, und wenn die heiss war, legte man Schafe oder ein halbes Rind darauf. Diese bedeckte man mit Gras oder Laub und liess das Fleisch einen Tag lang niedergaren», erklärt er grinsend. Eine andere Theorie wäre, dass es sich um einen Verbrennungsplatz für Tote gehandelt haben könnte. Der Fund liess vermuten, dass der Boden hier noch mehr Spuren aus der Bronzezeit bereithalten würde. Und so war es auch.

Es war vermutlich der Siedlungsrand, wo Abfall entsorgt wurde

Diese Woche untersuchte Huber zusammen mit den anderen beiden Ausgräbern Mariusz Maciejczak und Rolf Jeltsch sowie dem Zivildienstleistenden Lars Tollardo die Baugrube des Doppeleinfamilienhauses. «Hier war nach der Eiszeit wohl einmal ein See und danach ein Sumpf. Um diesen als Acker oder Bauplatz nutzbar zu machen, haben die Menschen jener Zeit den Sumpf mit allem aufgefüllt, was sie hatten. Das war beispielsweise Abfall wie Scherben, Knochen und so weiter.»

Christian Maise, Leiter der Ausgrabung, beschreibt bildhaft: «Vermutlich sind wir am unteren Rand der Siedlung in einem damals eher feuchten Bereich in der Nähe des Erusbachs – also in einem Bereich, wo man vor 3000 Jahren den Abfall entsorgt hat und wo die glücklichen, freilaufenden Schweine gewühlt haben.»

Diese verzierte Scherbe ist besonders speziell: Sie ist etwa 5 x 3 Zentimeter gross und stammt von einer Schüssel, die schön mit eingeritzten geometrischen Mustern verziert war. Sie ist gut 3000 Jahre alt.
zvg/Kantonsarchäologie

Tatsächlich wurde hier eine alte Humus- oder Kulturschicht gefunden. Darin entdeckten die Ausgräber verziegelten Lehm von abgebrannten Häusern oder von Backöfen, viele Tonscherben, Knochen und Holzkohle. Eine Scherbe, ein Stück einer Schüssel, ist besonders spannend: «Sie ist innen schwarz und aussen rötlich, das kommt von der Art, wie der Ton damals gebrannt wurde. Ausserdem weist sie eine so deutliche Dreiecks-Verzierung auf, dass wir sie klar in die späte Bronzezeit datieren können», erklärt Huber.

Jetzt hoffen sie auf braune Stellen in der Kiesschicht

Unterdessen konnten die Ausgräber die Schicht so weit freigeben, dass sie abgetragen werden kann. «Jetzt hoffen wir, dass wir darunter in der Kiesschicht braune Stellen finden.» Das wären Spuren von Pfostenlöchern. «Wenn wir Verfärbungen finden, beweist das, dass hier einmal ein Gebäude gestanden haben muss. Wenn nicht, dann stand hier keines», fasst Huber lachend und verständlich zusammen.

Die Baugrube sieht recht unscheinbar aus. Doch dieser Platz scheint schon vor 3000 Jahren beliebt gewesen zu sein, wie Fundstücke zeigen.
Andrea Weibel

Was passiert anschliessend mit dem Fundort? «Da kommt ein Haus drauf», sagt Huber schulterzuckend. Er erklärt: «Die Kantonsarchäologie hat den Auftrag, historische Fundstücke und -stellen zu schützen. Wenn das nicht geht, müssen sie dokumentiert werden.» Wenn ein Fund besonders wichtig ist, versucht die Kantonsarchäologie die Bauherrschaft vom Bauen über der Ruine zu überzeugen, sodass diese nicht zerstört wird. «Das passierte beispielsweise mit der Offiziersküche in Windisch oder dem Töpferofen unter der Fachhochschule FHNW in Brugg. Der Platz hier ist leider nicht wichtig genug.»

Etwa eine bis zwei Wochen bleiben die Ausgräber noch in Sarmenstorf.
Andrea Weibel

Die Ausgräber sind noch etwa eine Woche am Chapf beschäftigt. Danach packen sie ihr Werkzeug und die Drohne, mit der sie alles dokumentieren, wieder ein und lassen die Bagger arbeiten. Genau so war es auch bei vielen umliegenden Einfamilienhäusern. «Auch unter ihnen wurden teilweise etwa 3000 Jahre alte Fundstücke entdeckt. Diese sind unterdessen bei der Kantonsarchäologie. Die Erdschicht, in der sie lagen, ist längst abgetragen, darauf stehen jetzt Häuser», sagt Huber.