Bank Leerau: Ein Wiedersehen in Schöftland nach vier langen Jahren
Es sei rund 35 000 Stunden – oder etwa vier Jahre – her, dass sich die Genossenschafterinnen und Genossenschafter der in Kirchleerau domizilierten Bank Leerau in der Mehrzweckhalle Schöftland zur Generalversammlung getroffen haben. Das erläuterte die Präsidentin des Bankrats, Suzanne Marclay-Merz, in der Eröffnungsrede am Samstagnachmittag. Die letzten drei Generalversammlungen mussten coronabedingt schriftlich abgehalten werden – was laut Marclay-Merz immerhin zu rekordhohen Stimmbeteiligungen geführt habe. Zum Beispiel betrug sie 2021 stolze 45 Prozent.
Am Samstag sank sie folglich wieder, doch immerhin waren von den 2115 Genossenschafterinnen und Genossenschaftern deren 554 an der Generalversammlung anwesend, etwa ein Viertel. Dort durften sie die Dividende von 17 Prozent – 561 000 Franken, vergangenes Jahr waren es 19 Prozent, als Zückerli für die verpassten Versammlungen – beschliessen. Das ergibt bei 66 000 Anteilscheinen 8,50 Franken pro Schein.
Vor der Gewinnverwendung hat die Bank vom erwirtschafteten Erfolg auch Steuern bezahlt; 900 000 Franken gingen an die öffentliche Hand. Laut Interim-CEO, Stefan Züsli, zwar deutlich weniger, als etwa die Schweizerischen Nationalbank abliefert, dafür könne man den Beitrag der Bank Leerau jedes Jahr fix im Budget einplanen.
Weiter genehmigten sie auch den Geschäftsbericht des vergangenen Jahres mit dem durchaus erfreulichen Jahresabschluss und erteilten dem Bankrat die Décharge. Man habe die Zinswende und damit die Schweizer Abkehr von der Negativzins-Politik stark gespürt, erklärte Züsli in seinem Résumé: besonders im Zinsdifferenzgeschäft, dem nach wie vor wichtigsten Geschäft der Bank Leerau.
Weiter hob er das Informatik-Projekt hervor, welches das Geldhaus im vergangenen Jahr abgeschlossen und bereits abgeschrieben hat. Dieses habe neben personellen auch viele finanzielle Ressourcen benötigt. Zur Erinnerung: Die Bank hat letztes Jahr ihre ganze IT-Architektur umgestellt und cloudfähig gemacht, was viele digitale Möglichkeiten eröffnet. Gleichzeitig hat sie ihr Rechenzentrum-Anbieter gewechselt.
Die Suche nach zwei Geschäftsleitungsmitgliedern dauert
Am Samstag fand auch eine Wahl statt: Und zwar lief das vierjährige Mandat von Suzanne Marclay-Merz ab, sie stellte sich erneut zur Verfügung und wurde ohne Gegenstimme – generell wurden alle Anträge des Bankrats ohne Gegenstimme durchgewunken – wiedergewählt.
Der Bankrat ist derzeit nur zu viert. An der letztjährigen Geister-GV wurde Stefan Züsli, der während gut 28 Jahren für die Bank tätig gewesen war, aus dem Vorsitz der Bankleitung verabschiedet und im Bankrat aufgenommen. Als sein Nachfolger David Habegger die Bank rund fünf Monate später wieder verliess, wurde der «alte neue Chef» Züsli, wie er es treffend formulierte, zum «neuen alten Chef»: «Es war ein Herzensentscheid», erklärte er, auch wenn er sich seine Zukunft vor einem Jahr noch anders vorgestellt habe.
Er führt die Bank nun wieder, bis der Bankrat, mit professioneller externer Beratung, einen neuen CEO gefunden hat. Gleichzeitig sucht man auch weiterhin nach einem Nachfolger für Martin Haller, den Leiter Finanzieren, der nach zwölf Jahren in der Geschäftsleitung beschlossen hat, in diesem Jahr beruflich kürzer zu treten.
War wirklich die Finanzmarktaufsicht vor Ort?
Die Genossenschafterinnen und Genossenschafter wurden auch in diesem Jahr wieder vom Aarauer Gasthof zum Schützen bewirtet.
Ihnen wurde neben Fricktaler Wein und Rahmkirschtorte vom Schöftler Beck Mathys nicht nur das traditionelle Bank-Menü, Kalbsbraten und Kartoffelstock mit Seeli geboten (als man vor Jahren ein anderes Menü ausprobierte, gingen die Genossenschafter auf die Barrikaden). Als Gastgeschenk gab es für alle Anwesenden ausserdem einen Butterzopf, ebenfalls vom Mathys.
Weiter gab es etwas zu lachen: Die Bank hat zur Unterhaltung den Kabarettisten Rolf Brügger engagiert. Der erschien in einer passenden Rolle, und zwar als Hansueli von Allmen, Wirtschaftsprüfer bei der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht (Finma). Damit hat er mindestens zu Beginn den einen oder anderen Anwesenden von seiner Echtheit überzeugt. Der falsche Finma-Gesandte von Allmen lobte denn auch die Tradition (das Menü) und die Innovation (weibliche Bankspitze) der Bank Leerau; ausserdem nehme das Institut im Vergleich zu anderen – deutlich grösseren – Banken viel weniger Zeit, Geld und Nerven der Finanzmarktaufsicht in Anspruch.