Eine Krankheit zwingt sie, ihren Blumenladen aufzugeben: «Irgendwo geht immer ein Türchen auf»
Flowerart, das ist mehr als einfach nur ein gewöhnlicher Blumenladen. Das Geschäft von Brigitte Wittmer an der Kantonsstrasse gen Ruedertal in Schöftland ist ein kleines Bijou. Ein Bijou, in das man am liebsten gleich einziehen würde. «Das sagen viele meiner Kunden», meint Wittmer bescheiden schmunzelnd.
Weisse Wände, hohe Decken, helle Möbel, die mit allerlei Accessoires und Gebrauchsgegenständen bestückt sind. Ein bisschen verlegen entschuldigt sich die Ladeninhaberin für das «Puff», das eigentlich gar keines ist. Kreatives Chaos trifft es wohl eher. Man spürt an jedem Objekt, mit wie viel Liebe und Leidenschaft Wittmer ihr Geschäft führt – und wie schwer es ihr fällt, es aufzugeben.
Der Laden ist nur noch an den Nachmittagen geöffnet
«Irgendwann geht es halt einfach nicht mehr», meint sie nachdenklich. Schon seit zwei Jahren ist Wittmer halbtags krankgeschrieben. Ihren Laden öffnet sie nur noch nachmittags. «Die Mietkosten sind so einfach nicht mehr reinzuholen», sagt sie.
Seit ungefähr sechs Jahren leidet die 62-Jährige an einer mysteriösen Krankheit. Von einem Tag auf den anderen fing es an. Sie hat ständige Schmerzen am ganzen Körper, kommt nur mit Cortison durch den Tag. Und trotz unzähliger Untersuchungen können ihr die Ärzte nicht wirklich sagen, woran sie leidet. «Das ist sehr belastend und zermürbend», sagt sie und fügt an: «Manchmal ist es ein Kampf. Und manchmal mag ich einfach nicht mehr.»
Belastend ist für sie auch das Ende ihres geliebten Blumenladens, ihr Herzblut, wie sie sagt. Wobei: «Momentan geht es noch, ich darf ja immer noch arbeiten. Aber wenn der Laden erst einmal geschlossen ist, werde ich sicher in ein Loch fallen.» Erst spät wurde die Leidenschaft für die Floristik und der Traum vom eigenen Laden immer grösser. «Ich habe als Hobby angefangen, japanische Blumengestecke, sogenannte Ikebana, anzufertigen», erinnert sie sich.
Nach zwölf Jahren verlegte sie ihr Geschäft ins Ruedertal
«Irgendwann sagte ich mir, ich will einen eigenen Laden haben.» Nachdem sie anfangs ihre Kunstwerke in der heimischen Garage auf dem Eppenberg verkaufte, eröffnete sie 2004 ihr erstes Geschäft in Schönenwerd. «Jetzt probier ich es», habe sie sich damals gesagt. «Es kann nicht mehr als schiefgehen.»
Und schief ging es mitnichten. Nach zwölf erfolgreichen Jahren verlegte sie ihren Wohnort ins Ruedertal und ihr Geschäft nach Schöftland. Nach weiteren sechseinhalb Jahren muss sie dieses nun schliessen. Sie habe sich diesen Schritt schon während der Coronazeit überlegt, als sie ihr Geschäft gezwungenermassen hatte schliessen müssen. «Da habe ich sehr oft gewerweisst, ob jetzt nicht der richtige Moment gekommen ist.»
Der finale Entschluss kam aber, nachdem der Vermieter ihres Hauses Eigenbedarf angemeldet hat. Wittmer und ihr Mann werden das Ruedertal, ja den Aargau, verlassen und in die Nähe ihrer Tochter und des eineinhalbjährigen Enkelkinds in die Ostschweiz ziehen.
Für ihre Kunden kommt der traurige Tag immer näher
«Es ist schon schwer aufzugeben», sagt Wittmer und blickt um sich. «Die Möbel sind schon fast alle verkauft», meint sie leise. Alles andere, was noch da ist, sollte bis zum 15. Oktober verkauft sein. Denn dann ist der Laden zum letzten Mal geöffnet. Oder wie eine Kundin sichtlich bewegt an der Kasse sagt: «Der traurige Tag kommt immer näher.»
Wittmer selbst bleibt trotz ihres Schicksals optimistisch: «Irgendwo geht immer wieder ein Türchen auf», meint sie schulterzuckend. Dankbar sei sie auch Familien und Freunden, die sie immer unterstützt haben. «Und natürlich bin ich auch meiner treuen Kundschaft dankbar, ohne sie hätte ich meine Leidenschaft nicht leben können.»
Ihre Blumengestecke will sie als Hobby weiter anfertigen. Denn: «Ganz lassen werde ich es nicht können», gibt sie zu. Für ihren Laden in Schöftland, der bislang noch nicht wieder vermietet wurde, wünscht sie sich einen Nachfolger, der sein Geschäft – «vielleicht sogar mit ähnlichem Konzept» – mit ebenso viel Herzblut führt wie sie.