Wie Jugendliche in einem Workshop lernen, dass nur Ja auch wirklich Ja heisst
Wenn man Menschen in einem romantischen Kontext kennenlernt, geht es häufig um dieselben Fragen: Wie spreche ich sie an? Wie weiss ich, was für ihn in Ordnung ist, wie weit gehen wir? Wie merke ich, wenn etwas nicht stimmt?
Damit beschäftigen sich nicht nur Erwachsene – und scheitern regelmässig daran –, bereits im Jugendalter, wenn das Interesse fürs Gegenüber beginnt, über Freundschaft hinauszuwachsen, wird respektvolle Kommunikation zwischen allen betroffenen Parteien wichtig.
Damit haben sich 18 Oberstufenschülerinnen und Oberstufenschüler beschäftigt, die sich im Rahmen des Conaction-Jugendevents am vergangenen Freitag für einen Workshop im Schöftler Bezirksschulhaus angemeldet haben. Der Workshop, in dem es ums Thema Flirten und um konsensuelles, also übereinstimmendes Kommunizieren ging, wurde vom 2009 gegründeten Verein Gummilove durchgeführt. Der Verein setzt sich für die Prävention von sexuell übertragbaren Krankheiten und ungewollten Schwangerschaften ein und sensibilisiert Jugendliche für verantwortungsbewusstes Verhalten.
Auch in den sozialen Medien wird heute häufiger geflirtet
Aus Diskretionsgründen bleiben in diesem Artikel alle Jugendlichen anonym. Doch der Workshop kam an, wie einer von ihnen erzählte: «Ich habe mir zu diesem Thema bisher keine Gedanken gemacht, auch in der Schule wurde es nie thematisiert.» Und ein anderer ergänzte: «Es war sehr interessant, ich werde das heute Gelernte nun viel häufiger im Alltag umsetzen.»
Auch die Fachperson des Workshops, die Zürcher Sexologin Sarah Graf, war sehr zufrieden. Erst seien die Jugendlichen noch sehr zurückhaltend gewesen, doch das habe sich im Verlauf des Workshops gelegt: «Die Offenheit und Reflektiertheit der Jugendlichen war sehr schön zu sehen – man hat gemerkt, dass sie das Thema wirklich interessiert.» Für viele Jugendliche werde Flirten gerade erst ein Thema, besonders über die sozialen Medien, wo heutzutage häufig die erste Kontaktaufnahme geschehe.
Deshalb sei es umso wichtiger, dass sie sich auch Gedanken um Konsens machen. Zum Beispiel mit einer Übung zum Thema Körpersprache, bei der sich die Jugendlichen erst gegenüberstanden: «Die Aufgabe bestand dann in nonverbaler Kommunikation: Soll sich mein Gegenüber ein paar Schritte nähern, dann wieder zurück, und wie fühlt sich das dann für mich an?» Solche Übungen seien enorm wichtig, führt Graf aus:
«Sobald es um Gefühle geht, reicht Theorie häufig nicht mehr aus, weil sich Erfahrung für jeden Mensch anders anfühlen kann – Gefühle kann man nicht lernen, sondern nur erleben.»
Dass das Thema Consent nicht nur Jugendlichen, sondern genauso oft auch Erwachsenen noch Mühe bereitet, kann die studierte Sexologin nachvollziehen: «Viele fürchten, dass sie mit Consent Kontrolle abgeben, die Entscheidungsgewalt in die Hände des Gegenübers legen.» Das stimme so aber nur bedingt, klärt sie auf: «Im Konsens machen wir uns gleichberechtigt – wir sind immer noch für uns selber verantwortlich, respektieren aber das Wohl des Gegenübers und dessen Recht auf Selbstbestimmung genauso fest.»