Bis zu 12 Prozent Zinsen: Konsumkredite werden teurer – worauf Sie bei der Anbieterwahl achten sollten
Sie ist das Aushängeschild der Bank Cembra: Ex-Miss und Moderatorin Christa Rigozzi wirbt seit Jahren für Konsumkredite mit Slogans wie: «Wenn ein Kredit Sinn macht» oder «Dein Kredit: Einfach Cembra». Die Plakate suggerieren, es sei ganz simpel, sich den Wunsch eines neuen Autos oder einer teureren Wohnung zu erfüllen. Doch einen solchen Kredit gibt es nur gegen happige Schuldzinsen, und diese können schnell ein Loch ins Portemonnaie fressen. Seit Anfang Jahr hat sich die Gefahr sogar noch verschärft.
Per 1. Januar 2024 hat der Bund die Höchstzinssätze für Konsumkredite nämlich um einen Prozentpunkt erhöht. Neuerdings dürfen Banken für Barkredite (oft auch Privatkredite genannt) bis zu 12 Prozent Zinsen verlangen. Und bei Überzugskrediten, etwa bei einem Kontostand unter null nach Kreditkartenzahlungen, sind es gar bis zu 14 Prozent.
Bei schon laufenden Krediten bleibt der Zinssatz gleich. Doch bei neu abgeschlossenen Darlehen oder solchen, die erneuert werden müssen, dürften die Zinsen steigen. Das prognostiziert Pascal Pfister, Geschäftsleiter der Schuldenberatung Schweiz: «Ich gehe davon aus, dass die Kreditgeber ihre Zinssätze nach oben anpassen. Insgesamt werden die Darlehen also teurer.»
Das ist ein Kredit, der für private Konsumausgaben aufgenommen wird – etwa für den Kauf eines Autos, von Möbeln oder auch zur Finanzierung einer Ausbildung. Nur Darlehen zwischen 500 und 80’000 Franken mit einer Laufzeit von mehr als 3 Monaten gelten als Konsumkredite. Seit 1993 hat die Schweiz ein Konsumkreditgesetz, das Kreditnehmende schützen soll. Darin sind etwa Maximalzinssätze und Regeln für eine Kreditvergabe festgelegt. Werden diese nicht eingehalten, ist der Kreditvertrag ungültig.
Wer einen Konsumkredit erhalten will, muss sich vorgängig einer Kreditfähigkeitsprüfung unterziehen. Je nachdem, wie gut die eigene Bonität eingestuft wird, muss man einen tieferen oder höheren Zins berappen. Grundsätzlich gilt: Man muss den Betrag innert 36 Monaten zurückzahlen können, sonst ist eine Kreditvergabe widerrechtlich. (aka)
In Pfisters Augen sind die maximalen Zinssätze zu hoch angesetzt. Sie ergeben sich aus dem Saron-Zinssatz als Basis plus einem Zuschlag von 10 Prozentpunkten. Pfister stört sich an diesem Aufschlag: «Die Kreditgeber machen hohe Gewinne, und in der Schweiz fallen sehr wenige Kredite aus. Angesichts des geringen Risikos ist der Zuschlag zu hoch.» Er sieht auch die Politik in der Verantwortung, für angemessene Schuldzinsen zu sorgen.
Höchstzinsen und enorm lange Laufzeiten
Einige der einschlägigen Kreditanbieter haben die neuen Höchstzinsen denn auch schon übernommen. So reichen die möglichen Zinsen bei der Credit-Suisse-Tochter Bank Now von 6,9 bis 11,9 Prozent, wobei Eigenheimbesitzende von einem Vorzugszins ab 5,9 Prozent profitieren können. Bei Cembra sind es sogar 7,95 Prozent bis 11,95 Prozent.
Deutlich günstigere Konditionen bietet die Migros Bank. Hier bewegen sich die Jahreszinsen zwischen 4,9 und 7,9 Prozent. Damit ist selbst der maximale Zins noch tiefer als der minimale Zins bei Cembra.
Sind die Ansätze bei Cembra so hoch, weil auch höhere Risiken involviert sind? Man lege Wert «auf eine professionelle und verantwortungsvolle Kreditvergabe», erklärt die Bank auf Anfrage. Seit vielen Jahren sei die Verlustquote «sehr tief, auch in wirtschaftlich schwierigeren Zeiten». Im ersten Halbjahr 2023 lag sie bei 0,7 Prozent.
Cembra verteidigt auch die höheren Zinsen: Das «anspruchsvolle Zinsumfeld» habe die Finanzierungskosten deutlich erhöht. Die Anhebung des Maximalzinssatzes helfe dabei, diesen Anstieg etwas abzufedern.
Wie teuer es am Schluss für die Kreditnehmenden kommt, hängt auch massgeblich von der Laufzeit ab. Lange Laufzeiten erscheinen zwar verführerisch, weil die monatliche Rate sinkt. Doch je länger der Kredit hängig ist, desto mehr zahlt man drauf. Die Anbieter offerieren sehr lange Laufzeiten von bis zu sechs Jahren (Cembra) oder sogar sieben Jahren (Bank Now und Migros Bank). Es lohnt sich also, bei der Anbieterwahl gut auf die Zinssätze zu achten und eine möglichst niedrige Laufzeit zu wählen.
In der Schweiz sind Konsumkredite weit verbreitet. Per Ende 2022 waren schweizweit knapp 358’000 Konsumkredite hängig, wie Zahlen der Zentralstelle für Kreditinformation (ZEK) zeigen. Das entspricht einer Gesamtsumme von 8,4 Milliarden Franken – ein neuer Rekord.
Die Daten der ZEK erlauben einen langjährigen Vergleich seit der Jahrtausendwende. Es zeigt sich: Die Anzahl der vergebenen Konsumkredite hat über die vergangenen 15 Jahre tendenziell abgenommen. Doch die durchschnittliche Höhe der Darlehen ist stark angestiegen – von rund 16’500 Franken im Jahr 2008 auf rund 23’500 Franken im Jahr 2022.
Steuern sind der grösste Schuldenblock
Wie viele der Kreditnehmenden ihre Schulden in absehbarer Zeit nicht zurückzahlen können und damit als überschuldet gelten, ist nicht bekannt. Laut dem Bundesamt für Statistik kämpfen 15 Prozent der Haushalte mit Zahlungsrückständen. Die private Wirtschaftsauskunftei Crif berechnet aufgrund von bekannten Betreibungen eine Schuldnerquote von 6 Prozent der Bevölkerung.
Die meisten Personen, die bei der Schuldenberatung Schweiz Rat suchen, haben Steuerschulden (76 Prozent). Auch die Krankenkassenprämien (59 Prozent) und Gesundheitskosten (27 Prozent) sind eine grosse Schuldenfalle. Doch auf den Rängen vier und fünf stehen die Konsumkredite: Bei 23 Prozent handelt es sich um Barkredite, bei 22 Prozent um Kreditkartenschulden. Auch in der Budget- und Schuldenberatung Aargau-Solothurn kämpfen fast zwei von fünf Personen mit offenen Krediten.
Laut Pascal Pfister sind die Konsumkredite in diesen Statistiken noch eher unterrepräsentiert. In die Beratung kämen viele Personen mit niedrigem Einkommen und Mehrfachverschuldung. Diese würden bei Kreditfähigkeitsprüfungen oft durchfallen und sollten gar keinen Konsumkredit bekommen. «Die Verschuldung durch Kredite ist eher ein Mittelstandsthema», erklärt er.
Pfister betont, es komme immer am günstigsten, Investitionen mit gespartem Geld statt auf Pump zu bezahlen. Doch wenn man schon Geld leihen will, etwa für ein neues Auto, sei Leasing immer noch besser als ein Kredit. Denn: «Beim Leasing hat man einen Gegenwert. Wer die Raten nicht bezahlen kann, muss einfach das Auto zurückgeben.» Bei einem Konsumkredit gebe es keinen solchen Gegenwert – man bleibe eher auf den Schulden sitzen.
Pfister rät denn auch vehement davon ab, mit einem Kredit laufende Ausgaben oder ein Minus im Budget zu decken: «Das ist die falsche Rechnung und lohnt sich überhaupt nicht, erst recht nicht, wenn Kredite so teuer sind.»