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«Glücksgefühle» bei Rieder: Müllers Trikot gesichert, und ausgerechnet der umgesäbelte Mittelstädt heisst ihn willkommen

An der WM gegen Brasilien, an der EM gegen Deutschland. Fabian Rieder ist der junge Schweizer für die grossen Gegner. Und hat mit dem VfB Stuttgart nun einen neuen Arbeitgeber. Wie kam es zum Transfer? Und was hat das mit Thomas Müller zu tun?

Es war ein klassischer Murat-Yakin-Einfall. Aber man staunte nicht schlecht, als Fabian Rieder an der Winter-WM in Katar gegen Brasilien erstmals in der Schweizer Startelf auftauchte. Am rechten Flügel musste der damals 20-Jährige gegen den Rekordweltmeister vor allem defensiv arbeiten, die Leistung blieb durchzogen. Nun an der EM rieb man sicher erneut verwundert die Augen, als Rieder gegen Deutschland zum zweiten Mal überhaupt mit der Nati beginnen durfte. Typisch Yakin. Gegen den Gastgeber gelang – wieder am rechten Flügel – eine gute Leistung. Mit dem Bonus, sich das Trikot von Thomas Müller zu sichern.

Es sind aufregende Tage für Rieder. Stunden nach dem 1:1 wurde bekannt, dass der Berner sich zum VfB Stuttgart ausleihen lässt. Weg von Stade Rennes also, wohin er für 15 Millionen Ablöse als YB-Rekordtransfer im vergangenen Spätsommer gewechselt war. Von den Bretonen hatte sich Rieder viel versprochen, weil sie im Ruf stehen, Sprungbrett für Wechsel zu Topvereinen zu sein. Doch es lief nicht nach Wunsch. Plötzlich stand ein neuer Trainer an der Seitenlinie, hinzu kam im Januar der Bruch des Mittelfusses. Die Einsatzzeiten blieben rar. Der Spieler war unglücklich, möchte dennoch nicht alles schlechtreden.

Mittelstädt schon mal «begrüsst»

«Es gibt nichts Schöneres, als nach meiner schwierigen Saison noch dieses Turnier spielen zu können, vor dieser unglaublichen Kulisse. Ich habe gerade viele Glücksgefühle», sagt Rieder. Der VfB ist es also geworden, hier führte sich der 22-Jährige am Sonntagabend auch gleich gut ein, indem er zehn Sekunden nach dem Anpfiff gegen Deutschland Maximilian Mittelstädt mit einem harten Tackling «begrüsste». Nachträglich zeigte sich der neue VfB-Teamkollege aber nicht, vielmehr kam am Montag das Willkommens-SMS.

Es gab einige Vereine, die sich Rieders Dienste sichern wollten, wie bereits im Sommer 2023 abermals Gladbach. Doch der VfB lockte am meisten und hat eine Kaufoption. Rieder sagt, schon im Winter habe ihn Stuttgart ausleihen wollen. Doch er hatte bereits mit YB und Rennes für zwei Vereine gespielt in der Saison, weshalb das Vorhaben scheiterte. Das meiste lief dann in den vergangenen Wochen über den Berater, der Rieder nur die nötigsten Wasserstandsmeldungen berichtete.

Am vergangenen Donnerstag, als die Nati-Spieler am Nachmittag nach der Partie gegen Schottland freihatten, absolvierte Rieder in Rücksprache mit dem Schweizer Verband bei den Schwaben die medizinischen Tests. Hernach unterschrieb er den Kontrakt. «So blieb ich stets auf die EM fokussiert und habe keine Energie verloren.» Wohl eher gewonnen. Der VfB sieht den jungen Fussballer als Projekt und hat einen klaren Plan. Rieder sagt. «Trainer Sebastian Hoeness sieht Potenzial in mir, das noch nicht ausgeschöpft sei.»

Früh alles zugetraut in der Karriere

Dabei war Rieder der aufgehende Stern, dem man schon früh alles zutraute in der Karriere. Ein Juwel, das noch ein bisschen geschliffen werden musste. Für die Young Boys, wo er die Nachwuchsstufen durchlaufen hatte, war er meist im zentralen Mittelfeld spielend bald einmal im übertragenen Sinn zu gross. Spätestens seit dem Traumtor im Old Trafford gegen Manchester United, im Dezember 2021 war das. Für Yakin ist der Spieler in der Offensive eine Allzweckwaffe, die über die geschätzte Polyvalenz verfügt. Der Nati-Trainer hält auch grosse Stücke auf Rieder, weil dieser fleissig, lernwillig, diszipliniert und ballsicher ist und insbesondere beste Umschaltwerte hat.

Und doch hatte man ihn nach dieser verkorksten Saison nicht hier in Deutschland erwartet, er galt als Wackelkandidat. Aber Rieder konnte seinen Coach zum wiederholten Mal überzeugen und sagt: «Ich nahm viel mit aus diesem komplizierten Jahr.» Nun nimmt Rieder vielleicht so nebenbei den amtierenden Europameister Italien mit, er könnte den gesperrten Silvan Widmer auf der rechten Aussenbahn ersetzen. «Der Coach hat sicher einen Plan. Dort, wo er mich aufstellt, werde ich spielen. Wir dürfen Italien jedenfalls nicht unterschätzen.» Vielleicht sollte man Rieder nicht unterschätzen.

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