Nati-Captain Xhaka: «Rot gegen Elvedi und Verhalten des Gegners sind ein Skandal» – Embolo: «Wir warten auf die Dänen in der Schweiz»
Das 0:2 in Dänemark kann man gut in drei Abschnitte unterteilen. In einen ersten bis zur 47. Minute mit dem Übertitel: Zwei Mannschaften auf Augenhöhe. In einen zweiten bis zum Gegentor in der 82. Minute mit der Überschrift: Solidarisches Kämpfen bis zum Umfaller nach Fairplay-Missachtung. Und in einen dritten nach dem 0:1 mit der Zuschreibung: Jetzt sind die Schweizer so richtig sauer und lassen sich gehen.
Die Dänen sind ja bekanntlich ein sportbegeistertes Volk. Für das Schweizer Nationalteam sind deren Fussballer aber spätestens seit Donnerstagabend alles andere als faire Sportsmänner. Zumal in Kopenhagen das Heimteam seine Führung just zu jenem Zeitpunkt erzielte, als Breel Embolo am Boden lag. Die Schweizer spielten in dem Moment als nur noch zu neunt, nachdem Nico Elvedi zu Beginn der zweiten Halbzeit die rote Karte gesehen hatte. «Ich sage nicht, dass die Aktion an mir ein Foul war. Aber die Dänen riefen sich zu, man solle weiterspielen. Das ist kein Fairplay», sagte Embolo zu später Stunde kurz vor Mitternacht.
Die Dänen spielen einfach weiter
Dazu muss man wissen, dass die Schweizer vor dem Gegentreffer den Dänen zuriefen, sie sollen gefälligst den Ball ins Aus spielen, um Embolo pflegen lassen zu können. Deshalb bezog Manuel Akanji schon deutlicher Stellung: «Wir versuchten, immer fair zu bleiben. Die Dänen aber kamen oft zu spät und gaben uns jeweils noch einen Schlag mit. Dann liegt Breel am Boden – und sie spielen einfach weiter. Da entsteht natürlich sehr viel Frust.»
Granit Xhaka sah das Verhalten der Heimmannschaft am schlimmsten: «Ich bin in den letzten Jahren ja ruhiger geworden. Ich bin ein sehr emotionaler Mensch, vor allem wenn es ungerecht läuft. Im Fussball wird das Wort Respekt ganz gross geschrieben. Was heute sich einige Dänen geleistet haben, hat nichts mehr mit Respekt zu tun. Schade, müssen wir im 2024 über Respekt reden.»
Xhaka: «Ein Desaster»
Die Schweizer ihrerseits lebten den Fairness-Gedanken durchaus, den es im Fussball nun einmal zu geben hat. Als in der ersten Halbzeit ein dänischer Akteur am Boden lag, suchten sie den Unterbruch. Weil dies umgekehrt eben nicht der Fall gewesen war, sagte Xhaka am Ende zu den dänischen Journalisten: «Es geht um Respekt im Fussball. Es ist ein Desaster, dass wir heute darüber sprechen müssen. Ein Skandal.»
Murat Yakin blieb analytischer, sachlicher: «Sie spielten weiter, das ist für mich kein Fairplay. Es ist für mich absolut verständlich, dass man das nicht einfach so hinnimmt.» Der Nati-Trainer sprach damit Xhaka an, der sich nicht beruhigen konnte und die jubelnden Dänen zur Brust nahm. Dafür sah der Captain Gelb, und Minuten später nach einem Frustfoul Gelb-Rot. Xhaka wusste, dass er seiner Mannschaft einen Bärendienst erwiesen hatte, etwas reuig zeigte er sich in der Mixed Zone: «Mein Platzverweis ist Geschichte. Es ist passiert. Dass es nicht passieren darf, weiss ich auch. Es gibt leider Momente, in denen man sich verliert. Das ist bitter für mich, für das Team. Es hätte nicht sein müssen.»
Xhaka versteht den Schiedsrichter nicht
Es führte ein Entscheid des deutschen Schiedsrichters Daniel Siebert respektive des VAR dazu, dass überhaupt alles so weit kommen konnte. Die rote Karte nach einem vermeintlichen Notbremse-Foul von Elvedi an Dolberg. Dabei hätte spätestens anhand der TV-Bilder jeder sehen müssen, dass zuerst der dänische Stürmer foulte. Doch der Unparteiische bewertete nur Elvedis Umfallen auf Dolberg. «Die rote Karte ist ein Riesenskandal. Der Schiedsrichter geht raus und sieht sich am Bildschirm nur einen Teil der ganzen Situation an – so etwas habe ich bis heute nicht erlebt», sagte Xhaka.
Schlimmer gehe es nicht, sagte Akanji. «Und dann will er noch in die Kabine kommen und sich erklären.» Der Schiedsrichter suchte nach dem Schlusspfiff offenbar das Gespräch mit den aufgewühlten Schweizern. Nur wollte ihm keiner zuhören. Auch Yakin sagte: «Die Aktion war für mich ganz klar. Nico war vor Dolberg und wurde zurückgezogen. Der VAR hat das nicht als gewichtig genug angesehen. Und der Schiedsrichter sagte uns, sobald der VAR auf ein mögliches Rot tendiere, werde nur diese Aktion angeschaut und nicht die Situation davor. Das alles ist für mich unverständlich.»
So blieben am Ende nur noch vorausschauende Worte, zumal die Schweiz 2022 sogar mit drei Niederlagen in die Nations League gestartet war. Es sei noch alles offen, sagte Yakin. Auch gegen den Europameister. Am Sonntag trifft die Schweiz nun eben auf Spanien. Es wird gewiss ein anderes Spiel. Und im Oktober kommen dann ja die Dänen in die Schweiz. «Wir nehmen die Emotionen sicher mit, wir warten auf die Dänen in der Schweiz,» sagte Embolo.