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«Abtauchen in ein gemeinsames Abenteuer»: Warum Väter in Olten vorlesen

Am Mittwoch, 24. Mai, ist Schweizer Vorlesetag: Schweizweit locken unzählige Veranstaltungen. In der Jugendbibliothek Olten lesen Väter. Einer von ihnen berichtet, was ihm Vorlesen bedeutet.

Eigentlich ist Hugo Bollschweilers Element die Musik. Wie seine Frau ist der gebürtige Luzerner, der heute in Olten wohnt, Musiker. Er dirigiert unter anderem das Jugend-Sinfonieorchester Aargau. Er ist aber auch Vater des neunjährigen Henry, und Henry liebt es, wie die meisten Kinder, vorgelesen zu bekommen.

Seinem Sohn Henry hat er oft englische Texte vorgelesen, da seine Frau aus New York kommt. Oft sei es um das Thema Musik gegangen oder um bildende Künstler wie Picasso. Er erinnert sich aber auch an die deutschsprachigen Geschichten vom Elefanten Babar oder an Barbapapa. Wenn es Henry bei den Märchen zu gruselig wurde, habe er einfach «Stopp» gesagt, das habe gut funktioniert. Früher übersetzte er hochdeutsch geschriebene Bücher für Henry einfach laufend in Mundart.

In diesem Jahr sollen noch mehr Männer und Väter als bisher für den Vorlesetag gewonnen werden. Die Zentralbibliothek Solothurn hat im Sinne des diesjährigen Fokus gleich drei Solothurner Väter zum Vorlesen eingeladen: Marco Wölfli, ehemaliger Fussballtorwart, Kurt Fluri, Nationalrat und ehemaliger Solothurner Stadtpräsident, und Simu Fankhauser, Schweizer Sänger, Musiker und Liedermacher, lesen am Nachmittag zwischen 13.30 und 16.30 Uhr in der Zentralbibliothek vor. In Grenchen wiederum liest der Sänger und Schauspieler Tom Muster auf Einladung der Literarischen Gesellschaft Grenchen ab 14 Uhr im Parktheater.

«Für Kinder und Jugendliche ist es wichtig, dass sie in ihrem Alltag erleben, dass auch Männer lesen und vorlesen», schreiben die Verantwortlichen in einer Mittelung. «Jungen, die Männer in der Rolle des Lesers und Vorlesers sehen, erfahren Lesen als eine Tätigkeit, die für Männer genauso wichtig und erstrebenswert ist wie für Frauen. Das motiviert sie zum Selberlesen.» (fbe)

«Das Vorlesen schafft eine ganz besondere Beziehung zum Kind, man taucht miteinander in eine Fantasiewelt ab und erlebt gemeinsam ein Abenteuer», so sagt es Hugo Bollschweiler mit glänzenden Augen. Zwar ist Henry unterdessen neun Jahre alt und liest schon lange selber, aber Vorlesen mag sein Vater immer noch gerne.

Bollschweiler wird mit anderen Vätern zusammen vorlesen: in der Jugendbibliothek an der Dornacherstrasse 1 in Olten am Mittwoch, 24. Mai: Dann nämlich findet die Veranstaltung «Väter lesen vor» am «Schweizerischen Vorlesetag» statt. Der Tag wird in der ganzen Schweiz mit über 300 Veranstaltungen gefeiert. Zielgruppe sind 0- bis 16-Jährige.

Wie der Vater, so der Sohn

Er sei selber ein Früh- und Schnellleser, sagt Bollschweiler, und sein Sohn sei auch so. «Ich lese alles, was ich sehe, sogar Autonummern», sagt der Vater mit Schalk im Gesicht. Henry habe in den letzten Monaten sämtliche Harry-Potter-Bände gelesen, zusammen mit seiner Mutter, Seite an Seite aus demselben Buch.

Lesen und Schreiben: «Gehört eigentlich zusammen»

Hugo Bollschweiler liest nicht nur gerne, er schreibt auch gerne; das gehöre für ihn eigentlich zusammen. Als Dirigent schreibe er etwa oft Texte für Programmhefte. Und er habe auch einmal einen Lyrikband herausgegeben, sagt der 53-Jährige. «Es ist eine Leidenschaft.»

So hat denn Bollschweilers Sohn Henry schon einmal einen Schreibwettbewerb gewonnen und durfte seinen Text über einen Ritter vorlesen. Darin geht es auch um ein «Wurstwiesel»: Er und Henry hätten sich immer einen Spass daraus gemacht, solche Namen zu erfinden, so Bollschweiler.

«Gutes Vorlesen ist eine Kunst»

«Gutes Vorlesen ist eine Kunst», findet Bollschweiler. Man solle, wenn man Kindern vorliest, einen Plan haben, aber auch flexibel reagieren können, denn Kinder lebten ja im Augenblick. Er selber habe auch das Glück gehabt, dass seine Eltern ihm vorlasen. Er erinnert sich noch gut an die Krimireihe «Jan als Detektiv», deren 81 Bände in der Bibliothek eine lange Reihe bildeten und unbegrenzten Lesespass versprachen.

Schockiert hat ihn hingegen als Kind die Geschichte vom Struwwelpeter, in der dem daumenlutschenden Konrad vom Schneider die Daumen abgeschnitten werden. Wiederum eine schöne Erinnerung seien die Märchenbücher, die man mittels Mondo- und Silva-Punkten erstehen konnte. «Oft las ich vor dem Einschlafen ein Märchen, in der Hoffnung, davon zu träumen», erinnert sich Hugo Bollschweiler.

Eine lebenslange Kostbarkeit

Bollschwiler freut sich nun auf das Vorlesen in der Jugendbibliothek Olten am Mittwoch; es sei wichtig, dass auch Männer den Kindern vorlesen. Wenn er mit Henry in die Bibliothek geht, sehe er kaum einmal Männer mit ihren Kindern, das finde er sehr schade. Vorlesen bedeute, mit wenig Aufwand etwas Wunderschönes gemeinsam mit dem Kind zu erleben. Und diese Erinnerungen daran seien eine Kostbarkeit, die man ein Leben lang im Herzen bewahre.