
SP kontert Vorwürfe von EDU- und SVP-Grossräten: «Die Sicherheit der Kinder wird in Gefahr gebracht»
EDU-Grossrat Martin Bossert und SVP-Grossrätin Nicole Burger haben zwei neue Vorstösse zum Sexualkundeunterricht an der Aargauer Volksschule eingereicht. Sie problematisieren damit den Sexualkundeunterricht des Vereins Seges, kurz für Fachstelle Sexuelle Gesundheit. Diese informiert seit neun Jahren zu Sexualität, Schwangerschaft oder sexuell übertragbaren Krankheiten. Im Zuge der Präventionsarbeit bieten Fachpersonen des Vereins auch Workshops an Schulen an.
Bossert und Burger fragen: «Kann der Regierungsrat nachvollziehen, dass sich Schülerinnen und Schüler, aber auch Eltern und Lehrpersonen durch den Sexualkunde-Unterricht durch Seges gestört fühlen?» Sie verweisen auf einen angeblichen Vorfall, wobei sie sich auf die Schilderung einer Mutter berufen. Deren Tochter sei verstört nach Hause gekommen, nachdem sie gelernt habe, wie man einem erigierten Penis ein Kondom überziehe.
Sinngemäss werfen die zwei Grossratsmitglieder Seges ein Sexualdelikt vor, weil das Gesetz keine Ausnahme für das Demonstrieren von Kondomen im Schulunterricht vorsehe. Michael Ganz, der Geschäftsleiter von Seges, hat gegenüber der AZ die Vorwürfe zurückgewiesen. Vom Regierungsrat erwartet er eine Richtigstellung.
Am Dienstag hat die Aargauer SP auf die Vorwurf reagiert: «EDU und SVP greifen die Sicherheit der Kinder an», titeln die Sozialdemokraten ihre Medienmitteilung. Die SP wirft Martin Bossert vor, mit wiederholten Fragen zum Sexualkundeunterricht öffentlich Unruhe und Verunsicherung zu stiften.
SP kritisiert populistisches Vorgehen von EDU und SVP
Seges werde von SVP-Seite «implizit des sexuellen Übergriffs» vorgeworfen und ein Maulkorb verlangt. «Damit wird der Rückhalt für einen professionellen und neutralen Sexualkundeunterricht in der Bevölkerung populistisch gefährdet und somit die notwendige Sicherheit der Kinder in Gefahr gebracht.»
Schulen und der Lehrplan 21 seien darauf ausgerichtet, Kindern eine eigenständige und selbstverantwortliche Lebensführung beizubringen, hält die SP fest. Bei der sexuellen Bildung würden die Kinder und Jugendliche im Rahmen des Unterrichts deshalb grundlegende Kenntnisse zu Körper und Sexualität sowie gesundheitliche Prävention erwerben.
«Dazu gehören Grundverständnisse wie jene über Verhütung, welche essenziell ist für die sexuelle Gesundheit», sagt Grossrätin und SP-Fraktionspräsidentin Mia Jenni. «Dass diese Kenntnisse nicht selbstverständlich sind, zeigen beispielsweise die steigenden Zahlen der sexuell übertragbaren Krankheiten oder die nach wie vor hohen Zahlen an sexuellen Übergriffen und Vergewaltigungen.»
Im Kanton Aargau sei Bedarf eines weitreichenden und vielseitigen Sexualkundeunterrichts bei weitem nicht abgedeckt, so die SP. Nicht alle Schulen könnten deshalb ein konfessionell neutrales und professionelles Angebot für die Kinder garantieren. Die SP verteidigt die kritisierte Fachstelle: «Eine Organisation, die diese Professionalität bietet, ist die Seges, weshalb sie auch seit Jahren eine Leistungsvereinbarung mit dem Kanton hält.» (pz)