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Die Armee erhält 4 Milliarden Franken mehr – doch auf wessen Kosten?

National- und Ständerat sind sich einig: Die Armeeausgaben sollen bis 2030 auf 1 Prozent des Bruttoinlandproduktes steigen. In den nächsten vier Jahren bekommt die Armee knapp 30 Milliarden Franken. Gespart werden soll unter anderem bei der Entwicklungshilfe und beim Bundespersonal.

Hat es das schon mal gegeben? Wahrscheinlich nicht. Der Nationalrat hat am Donnerstag 4 Milliarden Franken mehr für die Armee gesprochen, als der Bundesrat geplant hatte. Damit ist er auf die Linie des Ständerates eingeschwenkt. Der Zahlungsrahmen für die Jahre 2025 bis 2028 wird von 25,8 auf 29,8 Milliarden Franken erhöht. Damit soll das Ziel, dass die Armeeausgaben auf 1 Prozent des Bruttoinlandproduktes anwachsen sollen, bereits 2030 und nicht erst 2035 erreicht werden. Dafür notwendig sind gegenüber dem bundesrätlichen Fahrplan zusätzlich insgesamt 10 Milliarden Franken bis 2030. Zum Vergleich: Für die Jahre 2021 bis 2024 hatten die eidgenössischen Räte einen Zahlungsrahmen von 21,1 Milliarden Franken gesprochen.

Ungewöhnlich ist nicht die Erhöhung des Zahlungsrahmens an sich, sondern dass der Nationalrat auch gleich eine Gegenfinanzierung beschlossen hat. Er hat eine Art Mini-Budget-Beratung gemacht – und dabei entschieden, wo die 4 Milliarden Franken eingespart werden sollen. In den Augen von GLP, SP und Grünen ein staatspolitisch unerhörter Vorgang.

Erstens soll die Armee im Eigenbereich 500 Millionen Franken sparen, die für Investitionen eingesetzt werden sollen. Zweitens soll bei der internationalen Zusammenarbeit und beim Bundespersonal gekürzt werden. Drittens sollen die Kantone weniger Geld aus der direkten Bundessteuer erhalten. Wo genau wie viel gespart werden soll, ist nicht definiert. Nationalrat Heinz Theiler (FDP/SZ) sagte, man lasse dem Bundesrat und den Departementen die Freiheit, Prioritäten zu setzen.

SP und Grüne äusserten massive Kritik

SVP, FDP und Mitte setzten sich mit diesem Vorschlag durch; sie hatten sich im Vorfeld bereits darauf geeinigt. Die Mitte liess dafür ihre eigene Idee eines 10-Milliarden-Franken-Fonds fallen, der mit Bundesdarlehen hätte geäufnet werden sollen. Dieser hätte verhindert, dass an anderen Orten gespart werden müsste. Unterstützt wurde der Vorschlag von GLP, SP und Grünen. Doch die Mitte mochte nicht daran glauben, dass sich diese Parteien für die Darlehensidee bis zum Schluss einsetzen.

SP und Grüne sparten nicht mit Kritik an der Gegenfinanzierung. «Sie machen die Armee zur einzig relevanten Staatsaufgabe. Das ist demokratie- und staatspolitisch bedenklich», sagte etwa Nationalrat Fabian Molina (SP/ZH). Er warf den Bürgerlichen vor, dass sie nicht nur die Frechheit hätten, die Armeeausgaben auf dem Buckel der ärmsten Menschen auf dieser Welt sowie dem Bundespersonal zu erhöhen, sondern nicht einmal die Verantwortung dafür übernehmen. Denn sie würden nicht festlegen, wo in welchem Ausmass gespart werden soll. Er rechnete vor, dass rund 3 Milliarden beim Personal und der Entwicklungshilfe gekürzt werden müssten.

Seine Ratskollegin Tamara Funiciello (SP/BE) erinnerte nicht nur daran, dass Entwicklungszusammenarbeit für mehr Sicherheit sorge. Sondern auch, dass die beschlossenen Kürzungen ein Schnellschuss seien. Während die Direktion für Entwicklungs- und Zusammenarbeit (Deza) zwei Jahre lang an ihrer neuen Strategie gearbeitet habe, beschliesse nun der Nationalrat Kürzungen ohne Ämterkonsultation oder Vernehmlassung. Ohne Berücksichtigung der Einheit der Materie. Unseriöse Arbeit, welche die Institutionen schwächt.

Die Widersprüche der Mitte

Tatsächlich steht der Entscheid des Nationalrates vom Mittwoch im Widerspruch zum Entscheid des Ständerates von letzter Woche zur Entwicklungshilfe. Die kleine Kammer kam auf einen Entscheid vom Juni zurück. Damals entschied sie, zugunsten der Armee 2 Milliarden Franken bei der Entwicklungshilfe zu sparen. Davon wollten allen voran die Mitte-Ständeräte nichts mehr wissen. Der Ständerat sprach 11,27 Milliarden Franken für die nächsten vier Jahre. Darin inbegriffen sind 1,5 Milliarden Franken für die Ukraine. Mitte-Ständerat Beat Rieder begründete die Kehrtwende damit, dass aus den Anhörungen mit Experten klar geworden sei, dass ein massiver Einschnitt die «internationale Zusammenarbeit nachhaltig schädigen würde».

Angesprochen auf diesen Widerspruch sagte Mitte-Sprecherin Nicole Barandun (ZH), die Armeebotschaft gehe nun zurück in den Ständerat. Die Mitte arbeite weiter an einer Kompromisslösung.

Die Debatte um die Armeefinanzierung geht also weiter. Kommt dazu, dass der Zahlungsrahmen nur eine Obergrenze darstellt. Die Armee wird zwar ihre Planung an diesen Verpflichtungskrediten ausrichten, und kann auch Vorverträge für Bestellungen abschliessen, aber das Geld wird erst in der jährlichen Budgetdebatte im Dezember effektiv gesprochen. Gleich verhält es sich bei der Entwicklungshilfe oder auch den Geldern für die Landwirtschaft.