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Grossrätinnen wollen Polizisten besser vor Gewalt schützen – der Regierungsrat sieht keinen Handlungsbedarf

Barbara Borer-Mathys (SVP) und Karin Faes (FDP) machen sich Sorgen um die Sicherheit der Aargauer Polizistinnen und Polizisten. Doch für den Regierungsrat drängen sich keine weiteren Massnahmen auf, um die Polizeikorps besser zu schützen.

Anpöbeleien und gewaltsame Übergriffe gehörten für Polizistinnen und Polizisten zum Alltag. Das schreiben die Grossrätinnen Barbara Borer-Mathys (SVP) und Karin Faes (FDP) in einem Postulat. Sie verlangen, dass der Regierungsrat aufzeigt, ob und welche Massnahmen notwendig sind, damit der Kanton Aargau sein Polizeikorps effizient schützen kann und der Beruf nicht weiter an Attraktivität einbüsst.

Der Regierungsrat ist bereit, das Postulat entgegenzunehmen, beantragt aber, es gleichzeitig abzuschreiben. Es stimme zwar, dass Straftaten wegen Gewalt und Drohung gegen Behörden und Beamte zugenommen haben. 2017 wurden im Aargau 160 Straftaten registriert. 2021 waren es 189, was einer Zunahme um 18,1 Prozent entspricht.

Die Regierung hält aber fest, dass nicht nur Übergriffe oder Drohungen gegen Polizistinnen und Polizisten unter diesen Straftatbestand fallen. Auch Gemeindemitarbeitende, Vollzugsangestellte oder Kontrolleure in öffentlichen Verkehrsmitteln gelten als Behörden und Beamte. Es gebe keinen nationalen oder kantonalen Überblick aus dem hervorgehe, welche Berufsgruppen in ihrem Alltag in welchem Ausmass von Gewalt betroffen sind. Dass der Respekt in den vergangenen Jahren abgenommen habe, sei ebenfalls nicht statistisch belegt, werde aber regelmässig berichtet.

Handlungsbedarf sieht der Regierungsrat trotzdem keinen. In der Antwort auf den Vorstoss hält er fest, in den vergangenen Jahren seien «diverse Massnahmen» umgesetzt worden, die zu einem besseren Schutz der Polizeikorps führen. Neue oder weitergehende drängten sich keine auf.

Konsequentes Anzeigen wirkt präventiv

So seien etwa die Gebäude der Kapo durch bauliche Massnahmen besser geschützt worden, und die Korps verfügten über eine zeitgemässe und gute Schutzausrüstung. Damit Konfliktsituationen gar nicht erst eskalieren, werden Polizistinnen und Polizisten ausserdem im Bereich der Psychologie und Kommunikation aus- und weitergebildet. Das habe sich bewährt.

Als weitere wichtige Massnahme nennt der Regierungsrat die konsequente Anzeigeerstattung. Den Täterinnen und Tätern könne nur über den strafprozessualen Weg Einhalt geboten werden. Zudem könne nur so eine adäquate präventive Wirkung erzielt werden. Anders als früher hätten die Polizistinnen und Polizisten heute weniger Hemmungen, Übergriffe anzuzeigen. Zudem seien Kader sensibilisiert, Mitarbeitende zu unterstützen.

Kommt es bei einer Anzeige zu einer Gegenanzeige gegen eine Polizistin oder einen Polizisten, werden den Betroffenen Rechtsbeistände zur Verfügung gestellt. Dieser Rechtsschutz sei seit Jahren etabliert und habe sich bewährt.

Verbesserungspotenzial nur beim Bedrohungsmanagement

Nur in einem Punkt sieht der Regierungsrat Anpassungsbedarf. So schlägt er im Rahmen der aktuell anstehenden Änderung des Polizeigesetzes vor, dass der Kantonspolizei für eine Risikoeinschätzung von potenziell gefährlichen Personen auf Gesuch hin Informationen aus hängigen und abgeschlossenen Strafverfahren sowie Unterlagen aus Kindes- und Erwachsenenschutzverfahren zugänglich gemacht werden können. Ob das künftig möglich sein wird, entscheidet der Grosse Rat.

Die Einschätzung der beiden Grossrätinnen, wonach der Polizeiberuf wegen Pöbeleien und Gewalt immer unattraktiver und dadurch die Rekrutierung schwierig werde, teilt der Regierungsrat übrigens nicht. Für den Mangel an Polizeinachwuchs macht er vielmehr den Fachkräftemangel, die veränderten Ansprüche der Arbeitnehmenden an die Work-Life-Balance sowie die steigenden Ansprüche an den Polizeiberuf verantwortlich.

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