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Keine rechtsfreien Räume, aber Kriminalitäts-Hotspots: Was die Aargauer Regierung den Sorgen von Ex-Kripo-Chef Winzenried entgegen hält

SVP-Grossrat und Ex-Kripo-Chef Urs Winzenried will wissen, wie es um die Sicherheit im Kanton steht – die Aargauer Regierung erklärt, wo es im Polizeiwesen den grössten Handlungsbedarf gibt.

Die meisten Schweizer Polizeikorps haben zu wenig Personal und erfüllen die Empfehlung der UNO nicht, die eine Polizistin oder einen Polizisten auf 330 Einwohnerinnen und Einwohnern vorsieht. Im Aargau ist dieses Verhältnis noch schlechter als in den übrigen Kantonen: Es kommt lediglich eine Polizistin/ein Polizist auf 711 Einwohner.

Auf die entsprechende Frage in einer Interpellation von SVP-Grossrat und Ex-Kripo-Chef Urs Winzenried schreibt der Regierungsrat, noch sei die Polizei im Kanton Aargau in der Lage, den gesetzlichen Auftrag zu erfüllen. «Insbesondere bei Erstinterventionen und im Bereich der Grundversorgung können die polizeilichen Leistungen vollständig erbracht werden.» Im Bereich der Sicherheit zu sparen, sei derzeit aber sicherlich nicht angebracht.

Weiter wollte Winzenried wissen, ob im Aargau rechtsfreie Räume existierten. Dies sei nicht der Fall, schreibt der Regierungsrat. «Aber es gibt Kriminalitätshotspots, an welchen eine durchgehende und sichtbare Polizeipräsenz zwingend notwendig ist, um die Sicherheit weiterhin gewährleisten zu können.» Als Beispiele werden die Bahnhöfe Aarau, Baden und Brugg genannt. Dies wirke sich negativ auf die Polizeipräsenz in anderen Regionen aus.

Zu wenig Ressourcen bei der Bekämpfung von Strukturkriminalität

Handlungsbedarf verortet die Kantonspolizei dagegen bei der sogenannten Strukturkriminalität wie beispielsweise Menschenhandel, Betäubungsmittel-, Milieu- und Clankriminalität. «Diese Kriminalitätserscheinungen können gegenwärtig trotz teilweise zusätzlich gesprochener Stellen aus Ressourcengründen nicht im eigentlich gebotenen Ausmass bearbeitet werden», heisst es in der Interpellationsantwort.

Die Patrouillenpräsenz sei grundsätzlich gut, es fehle jedoch «an zusätzlichem Personal, um die täglich anfallenden Abklärung-, Ermittlungs- und Rapportierungsarbeiten zeitnah und in der geforderten Qualität bewältigen zu können».

Doch wie fest bemüht sich die Polizei um neues Personal? Der Stellenmarkt sei mittlerweile weitgehend ausgetrocknet. «Die Gründe hierfür sind vielseitig und betreffen praktisch alle Berufszweige», schreibt der Regierungsrat. Die Kantonspolizei unternehme einen grossen Effort, um gut qualifizierte Aspirantinnen und Aspiranten zu rekrutieren. «Dadurch konnten bis anhin alle vorhandenen Stellen besetzt werden.»

Der Regierungsrat erachtet die Löhne der Kantonspolizei Aargau als angemessen. Bezüglich der Weiterentwicklung der Polizei verweist er auf den Planungsbericht vom 9. November, der sich gegenwärtig in der Anhörung befindet.

25 ausserkantonale Einsätze in fünf Jahren

Winzenried fordert in seiner Interpellation auch Zahlen zur interkantonalen Zusammenarbeit. In den Jahren 2018 bis 2022 hat die Kantonspolizei Aargau 25 Einsätze zu Gunsten anderer Kantone geleistet. Meistens waren dies eintägige Ordnungsdiensteinsätze an Demonstrationen oder Sportanlässen. «Seltener ist um mehrtägige Hilfeleistungen wie anlässlich des World Economic Forum, von Staatsbesuchen oder Konferenzen ersucht worden», heisst es in der Antwort.

Der SVP-Grossrat sieht einen Teil der zunehmenden Arbeitsbelastung in der Schweizerischen Strafprozessordnung, die «durch zum Teil übertriebene formale Vorschriften» unnötigen Aufwand verursache. Der Regierungsrat räumt ein, dass der Aufwand seit Inkrafttreten zugenommen habe. Bei der letzten Revision der Strafprozessordnung habe man sich dafür eingesetzt, dass die Strafverfolgung effizienter, kostengünstiger, schneller und wirksamer werde. «Dies wurde leider nicht im gewünschten Umfang erreicht.»