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Simon Burger knapp wiedergewählt: Der Grosse Rat ist gespalten, wenn es um die Beurteilung des Staatsanwalts geht

Mit 69 von 126 Stimmen ist Simon Burger als Leiter der Staatsanwaltschaft Zofingen-Kulm bestätigt worden. Das knappe Resultat zeigt: Der Grosse Rat ist sich nicht einig, wie Burgers Leistungen als Staatsanwalt, sein Konflikt mit den Mitarbeitenden und der Streit mit der Kantonspolizei zu bewerten sind.

Kurz vor 10.30 Uhr am Dienstag wurden im Grossratssaal die Stimmzettel ausgeteilt, rund 20 Minuten später verkündete Ratspräsidentin Elisabeth Burgener das Ergebnis: «Stimmen hat erhalten und gewählt ist als Leitender Staatsanwalt der Bezirke Zofingen und Kulm: Herr Simon Burger, 69 Stimmen.» Im Saal blieb es ruhig, es gab keinen Applaus für den im Amt bestätigten Leitenden Staatsanwalt – dieser war allerdings auch nicht im Saal.

Bestätigt wurde Burger im Amt nur knapp: Das absolute Mehr lag bei 64 Stimmen, mit 69 übertraf er diese Marke um lediglich fünf Stimmen. Vor vier Jahren war die Erneuerungswahl für Burger eine Formsache, damals wurde er mit 123 Stimmen gewählt. Am Dienstag legten 42 Ratsmitglieder leer ein, 15 schrieben den Namen von Mario Camelin auf – das ist Burgers Stellvertreter in der Staatsanwaltschaft Zofingen-Kulm. Auf Anfrage wollte sich Burger nicht zum Wahlresultat äussern.

SVP-Fraktionschefin: «Es braucht Simon Burger, er macht einen guten Job»

Schon eine Umfrage der AZ am Montag hatte auf ein knappes Resultat hingedeutet: Die Fraktionschefs von FDP und GLP sprachen sich gegen Burger aus, die Spitzen von SVP und Mitte für ihn. Ganz offensichtlich ist sich der Grosse Rat nicht einig, wenn es darum geht, wie Burgers Leistungen als Staatsanwalt, sein Konflikt mit den Mitarbeitenden und der Streit mit der Kantonspolizei zu bewerten sind.

Désirée Stutz, Fraktionschefin der SVP, hatte ihren Missmut, dass Burger einzeln zur Wahl antreten musste, bereits im Sommer kundgetan. Am Dienstag sagte Stutz:

«Die SVP ist überzeugt, dass es Simon Burger braucht und dass er einen guten Job macht.»Sie räumte ein: «Wo gearbeitet wird, fallen Späne, und es ist auch klar, dass sein Führungsstil nicht immer allen Mitarbeitenden passt.» Das sei aber ganz normal, hielt die SVP-Fraktionschefin fest. Speziell bei Burger sei indes, dass dieser nicht leise werde, wenn er auf Gegenwind stosse.

Der Staatsanwalt weise seit Jahren auf Missstände im Innendepartement und bei der Kantonspolizei hin. Stutz nannte als Beispiel «unrechtmässige Verhaftungen, welche die Rechte der Betroffenen massiv beschneiden». Dies zeige, dass Burger seinen Job und seine Verantwortung ernst nehme, sagte die SVP-Grossrätin weiter.

Burger steht im Brennpunkt der Aargauer Justizaffäre, die drei Ebenen hat:

– Mitarbeitende kritisieren Burgers Führungsstil, in Personalumfragen wurde er schlecht bewertet. Der Regierungsrat ordnete ein Führungscoaching an, das inzwischen beendet ist.

– Ein ehemaliger Polizeioffizier zeigte Burger wegen Amtsmissbrauch an, die Anzeige ist hängig. Burger selber reichte eine Anzeige ein, weil er bespitzelt worden sei und Akten entwendet worden seien.

– Der Regierungsrat hat Burger wegen unangemessener Äusserungen zur Kantonspolizei einen Verweis erteilt. Diesen hat der Staatsanwalt bei der Schlichtungsstelle in Personalfragen des Kantons angefochten.

Parteikollegin verteidigt Burger und kritisiert «Versagen der Vorgesetzten»

Stutz kritisierte im Grossen Rat, der Kanton als Arbeitgeber habe seine Schutzpflicht für Burger zu wenig wahrgenommen. Das Innendepartement habe den Staatsanwalt nicht gegen Angriffe verteidigt und falsche Beschuldigungen nicht richtiggestellt. Die SVP setze sich für eine vollständige Aufklärung ein, sagte die Fraktionschefin und rief die Ratsmitglieder auf, keine voreiligen Entscheide zu treffen.

Sie sollten Burger die Stimme geben und ihn «nicht für das Versagen der vorgesetzten Stellen abstrafen». Die Grossräte würden dies nicht bereuen, wenn erst der umfassende Untersuchungsbericht vorliege. Im September hat der Regierungsrat eine externe Untersuchung in Auftrag gegeben – diese soll aufzeigen, ob belastendes Material gegen Burger unrechtmässig gesammelt wurde, welche Rolle die Oberstaatsanwaltschaft spielte und warum das Innendepartement nicht eingriff.

Grüne: Steckt in der Staatsanwaltschaft Zofingen-Kulm der Wurm drin?

Grünen-Fraktionschef Robert Obrist sagte, bei seinem Apfelbaum habe es viele wurmstichige Früchte. Bei einigen sei dies von aussen sichtbar, bei anderen hingegen nicht. Übertragen auf das Wahlgeschäft, stelle sich die Frage: «Steckt auch in der Staatsanwaltschaft Zofingen-Kulm der Wurm drin?», sagte Obrist.

Dies sei nicht der Fall, wenn man sich auf die Aussage stütze, dass die erwarteten Leistungen erbracht würden und die Performance im Vergleich mit anderen Staatsanwaltschaften nicht abfalle. Wenn man aber davon ausgehe, dass die Wahl von Burger zu Recht verschoben worden sei – im Frühling war eine Mitarbeiterbefragung schlecht ausgefallen –, dann sei der Wurm drin.

Obrist hielt fest, in seiner Fraktion gebe es keine einheitliche Meinung, wie die zahlreichen Unterlagen und die verschiedenen Aussagen in diesem Fall zu bewerten seien. Auch die Gewichtung falle nicht leicht, deshalb seien sich die Grünen auch bei der Frage nicht einig, ob Burger wiedergewählt werden solle. So wie seiner Fraktion ging es mit Ausnahme der SVP wohl dem ganzen Rat – was schliesslich zum sehr knappen Wahlresultat führte.