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Bei den Franzosen in der Schweiz führt Macrons Trauzeuge – und die Antifa verhinderte einen Wahlkampfanlass

Die in der Schweiz wohnhaften französischen Staatsangehörigen haben einen eigenen Vertreter im Parlament. Im zweiten Wahlgang kämpft ein Macron-Vertrauter gegen eine Sozialistin.

In keinem anderen Staat der Welt ausserhalb Frankreichs leben so viele französische Staatsangehörige wie in der Schweiz. Ende 2021 waren es 174’820. Auf Rang 2 und 3 folgen die USA und Grossbritannien. Gemeinsam mit den in Liechtenstein lebendencompatriotessteht den Schweiz-Franzosen ein eigener Sitz in der französischen Nationalversammlung zu.

Im Kampf um diesen Sitz kommt es im zweiten Wahlgang vom nächsten Sonntag zum Zweikampf zwischen den beiden Bestplatzierten der ersten Runde: Dem Bisherigen Marc Ferracci (40,54 Prozent im ersten Wahlgang) vom Bündnis Ensemble pour la République von Staatspräsident Emmanuel Macron und der Sozialistin Halima Delimi (30,81 Prozent), die für das linke Bündnis Nouveau Front Populaire antritt. Die anderen Kandidierenden, darunter die drittplatzierte Déborah Mercercon vom Rassemblement National, scheiterten am für den Einzug in den zweiten Wahlgang notwendigen Quorum.

Trauzeuge von Emmanuel Macron

Marc Ferracci, 46, ist seit ihren gemeinsamen Studienzeiten in Paris ein enger Vertrauter von Emmanuel Macron. Der Staatspräsident war sein Trauzeuge und Ferracci Trauzeuge bei Emmanuel Macrons Hochzeit mit «Première Dame» Brigitte. Ferracci diente in der seit 2017 andauernden Ära Macron unter anderem als Regierungsberater und als Vize-Fraktionschef von Macrons Partei im Parlament.

Die linke Kandidatin Halima Delimi, 48, ist in Genf verwurzelt, wo sie die Matura absolviert hat und in der lokalen SP-Sektion politisch aktiv ist. Der in Paris wohnhafte, korsischstämmige Ferracci hingegen hat keine besonderen Bindungen zur Schweiz.

Herausfordererin von links: Halima Delimi vom Nouveau Front Populaire.
Bild: Keystone/Laurent Gilliéron

Um dieses Manko auszugleichen, wies Ferracci während der ausserordentlich kurzen Wahlkampagne auf seinen Einsatz für die Interessen der Auslandsfranzosen hin, etwa bei der Vereinfachung und Digitalisierung von konsularischen Prozessen. Ausserdem lässt er seine guten Beziehungen zur Regierung spielen: Am Dienstag tritt mit Wirtschaftsminister Bruno Le Maire ein politisches Schwergewicht an einem Kampagnenanlass für Ferracci in Genf auf.

Auch ohne prominente Schützenhilfe ist man beim Linksbündnis Nouveau Front Populaire zufrieden mit dem eigenen Wahlkampf: «Wir haben gut mobilisiert und für die Linke ein starkes Ergebnis geholt», sagt Nadia Huberson.

Die in Zürich wohnhafte schweizerisch-französische Doppelbürgerin ist Mitglied sowohl der SP Schweiz als auch des französischen Parti Socialiste und kandidiert als Halima Delimis Stellvertreterin («suppléante») für die Nationalversammlung. Für den zweiten Wahlgang werde es sicher nicht einfach, Marc Ferracci noch zu überholen: «Die Franzosen im Wahlkreis Schweiz/Liechtenstein stimmen traditionell mehrheitlich eher bürgerlich», erklärt Huberson. Ausgeschlossen sei eine Überraschung jedoch nicht: «Wir konnten eine neue Dynamik auslösen.»

Linke Aktivisten stürmten Anlass in Genf

Der Wahlkreis für die Schweiz und Liechtenstein ist zwar der flächenmässig kleinste Wahlbezirk der Auslandsfranzosen. Er sorgt jedoch immer wieder für Schlagzeilen. Der 2017 für die Partei von Emmanuel Macron gewählte Abgeordnete Joachim Son-Forget sorgte schon bald nach seinem Einzug ins Parlament mit umstrittenen Äusserungen auf Twitter für Aufsehen.Unter anderem beleidigte er eine grüne Senatorin wiederholt sexistisch. Nach etwas mehr als zwei Jahren verliess er Macrons Partei und unterstützte bei den Präsidentschaftswahlen 2022 den rechtsextremen Kandidaten Éric Zemmour.

Auch die aktuelle Wahlkampagne um den «Schweizer» Sitz im französischen Abgeordnetenhaussorgte für Schlagzeilen. Linke Aktivisten stürmten letzte Woche eine Veranstaltung der Kandidatin des Rassemblement National (RN) von Marine Le Pen in einem Café in Genf und skandierten lauthals antifaschistische Parolen. Der Anlass musste abgebrochen werden. Ein am Folgetag in Lausanne geplante Kampagnenevent wurde aus Sicherheitsbedenken abgesagt.