Verrücktes Rennen in Gröden: Mattia Casse gewinnt – und Odermatt sagt: «Ich bin froh, dass er das lange Zittern überstanden hat»
Verrücktes Gröden. Nirgendwo sonst zittert der Führende länger um den Sieg als am Fusse des Dolomiten-Gipfels Langkofel. Legendär ist das Jahr 1993: Marc Girardelli sah in der Abfahrt lange wie der sichere Sieger aus. Doch dann passierte, was auf der Piste Saslong eben immer wieder passiert: Die Bedingungen veränderten sich. Erst überholte ihn der Österreicher Werner Franz mit der Startnummer 52. Und dann kam Markus Foser. Mit Startnummer 66 fuhr der Liechtensteiner zum Sieg.
Foser sagte hinterher: «Als die Stars mit den frühen Startnummern unterwegs waren, sass ich noch im Hotel und schaute mir das Rennen im Fernseher an. Keinen Moment dachte ich, dass ich gewinnen könnte.»
Ganz so verrückt verlief der diesjährige Super-G in Gröden zwar nicht. Gleichwohl wirbelten wechselnde Bedingungen die Rangliste auch am Freitag durcheinander. Plötzlich verstärkte sich der Wind – und Mattia Casse begann auf dem Leaderstuhl zu zittern. Und das zu Recht: Bis auf eine Hundertstelsekunde kam Jared Goldberg mit der Startnummer 26 noch an Casse heran und verdrängte Marco Odermatt auf Rang drei.
Casse: Radsportfan und Trainingsweltmeister
Odermatt sagte: «Das kennt man ja hier nicht anders. Die wechselnden Bedingungen sind für viele eine Chance, für andere aber auch schade.» Man könnte es auch so sagen: Gröden sorgt bei manchen aus der zweiten oder dritten Garde für Hochgefühle. Die Favoriten aber müssen hier regelmässig leiden. Odermatt sagt: «Ich bin das Rennen so gefahren, wie ich es wollte. Ich wüsste nicht, wo ich noch schneller hätte sein können.»
Casse feierte mit 34 Jahren und 10 Monaten seinen ersten Weltcupsieg. Benötigte dafür aber kein Wetterglück. Der Italiener kam mit der sehr weichen Piste, es hatte in der Nacht stark geschneit, ganz einfach am besten zurecht. Das betonte auch Odermatt: «Ich bin froh, dass er das Zittern überstanden hat. Er ist der verdiente Sieger.» Casse, der im Sommer leidenschaftlich gern Rennrad fährt und im italienischen Fernsehen auch schon als Tour-de-France-Kommentator auftrat, trug die Startnummer 10. Odermatt ging mit der 12 ins Rennen. Ihre Bedingungen waren identisch.
Casse war bisher – trotz drei weiteren Podestplätzen im Weltcup – vor allem als Trainingsweltmeister bekannt. 26-mal in seiner Karriere beendete er ein Abfahrtstraining unter den ersten drei, achtmal war er der Trainingsschnellste. Am Freitag war er es endlich auch mal im Rennen.
Lars Rösti fährt mit Startnummer 48 auf Rang acht
Odermatt legt da ganz andere Serien hin. Von den letzten 18 Super-G hat der Nidwaldner 16 auf dem Podest beendet, einmal war er Vierter, einmal Fünfter. Das zeigt eindrücklich auf, über welche Fähigkeiten er verfügt. Der Super-G gilt als unberechenbarste Disziplin. Weil es kein Training gibt. Und technische Fähigkeiten mit Tempofähigkeiten kombiniert werden müssen.
Neben Odermatt überzeugten noch weitere Schweizer. Stefan Rogentin fuhr auf Rang fünf. Lars Rösti belegte mit Startnummer 48 Rang acht. Diese Leistung ist umso bemerkenswerter, weil der 26-Jährige zwar über gute, aber nicht über herausragende Bedingungen verfügte. Und der Berner aus seinem Startnummernbereich mit Abstand der Schnellste war.