Brignone, Gut-Behrami – oder doch Miss X? Der Kampf um den Frauen-Gesamtweltcup ist so richtig lanciert
Noch gut zwei Monate dauert die Skisaison. Und damit beginnen die ersten Spekulationen um den Sieg im Gesamtweltcup. Bei den Herren bleibt ein spannendes Rennen wohl aus. Marco Odermatt führt bereits mit 232 Punkten auf den Zweitplatzierten Henrik Kristoffersen. Bei den Frauen ist der Kampf offener. Das Pendant zu Marco Odermatt, Mikaela Shiffrin, fällt nach ihrer Verletzung Ende November nach wie vor aus. Zwar stand die US-Amerikanerin bereits wieder auf den Ski – wann sie in den Ski-Weltcup zurückkehren wird, ist noch unklar. Auch wenn sie noch diese Saison wieder Rennen fahren sollte, würde es sicher schwierig werden, den Rückstand aufzuholen. Schliesslich schlafen ihre Konkurrentinnen nicht.
Das öffnet die Tür zur grossen Kristallkugel für einige Athletinnen. Aus Schweizer Sicht auch für die Siegerin der letzten Saison: Lara Gut-Behrami. Nach dem Sieg im Winter 2015/16 wäre es die dritte grosse Kristallkugel für die Tessinerin. In der Sonne steht ihr aktuell Federica Brignone. Bei der Gesamtweltcup-Siegerin der Saison 2019/20 läuft es richtig gut. Und dann wären da noch zwei Technikerinnen, welche auch noch mitmischen möchten.
Lara Gut-Behrami und der «Riesen » als Sorgen-Disziplin
Zuletzt stand Lara Gut-Behrami beim Super-G in Cortina d’Ampezzo als Zweite auf dem Treppchen. Es ist der vierte Podestplatz in dieser Saison. Generell läuft es ihr im Super-G momentan am besten. Mit 35 Punkten Vorsprung auf Federica Brignone führt sie die Disziplinen-Wertung an. Auch in der Abfahrt klassierte sie sich bereits in den Top 3 (Dritte in Beaver Creek). Dort fehlen 59 Punkte auf die Leaderin Brignone.
Was der 33-Jährigen zurzeit Sorgen bereitet, ist der Riesenslalom. Nach dem Verzicht zum Saisonauftakt in Sölden gelang der Disziplinen-Siegerin der letzten Saison mit den Plätzen 13, 9 und 6 heuer der Sprung aufs Podest noch nicht. Jedoch hat die Tessinerin schon oft bewiesen, dass sie eine begnadete Technikerin ist. Vielleicht kommt es am Dienstag beim Rennen am Kronplatz zum Exploit? Im Hinblick auf den Gesamtweltcup würden Gut-Behrami Punkte guttun. 135 Punkte beträgt der Rückstand auf die Führende Federica Brignone.
Federica Brignone in ihrer bestechenden Form
Sechs Podestplätze und davon vier Siege – und das in drei verschiedenen Disziplinen: Die Saisonbilanz von Federica Brignone ist beeindruckend. Zuletzt jubelt die Italienerin beim Super-G in Cortina d’Ampezzo zuoberst auf dem Podest. Eine Woche zuvor gewinnt sie im Alter von 34 Jahren ihre erste Weltcup-Abfahrt. Hauchdünn – mit neun Punkten – führt sie die Abfahrtswertung vor Landsfrau Sofia Goggia an. Mit Rang zwei in den beiden Wertungen Super-G sowie Riesenslalom hat Brignone einige Punkte zusammen (639, um genau zu sein) und führt damit den Gesamtweltcup an.
Camille Rast, die grosse Überraschung
Etwas überraschend reiht sich hinter Brignone Camille Rast ein. Die Walliserin ist in der Form ihres Lebens. Im Slalom von Gurgl fährt sie erstmals aufs Weltcup-Podest. Eine Woche später in Killington folgt der Podestplatz im Riesenslalom. Und am Tag darauf gewinnt sie dann im Slalom ihr erstes Weltcup-Rennen. Einen weiteren Sieg feiert die 25-Jährige in Flachau. Mit 405 Zählern führt sie die Disziplinenwertung im Slalom an – 60 Punkte vor Teamkollegin Wendy Holdener. Im «Riesen» fehlt noch etwas, um regelmässig vorne mitzufahren. Da Rast «nur» die Rennen in den technischen Disziplinen fährt, hat sie gegenüber Brignone und Gut-Behrami einen Nachteil. Denn beide fahren in drei Disziplinen. Somit werden die Chancen von Camille Rast, je näher wir uns dem Saisonende nähern, immer kleiner.
Sara Hector, die Technik-Spezialistin
Dritte im Gesamtklassement ist Sara Hector. Die Schwedin dominiert im Riesenslalom. Nach Platz 15 in Sölden brilliert sie mit zwei Siegen und einem zweiten Platz. Mit 96 Punkten vor Brignone führt sie in der Disziplinen-Wertung. Auch im Slalom läuft es bei der 32-Jährigen gut. Doch ähnlich wie bei Rast wird sie wohl nur mit den technischen Disziplinen früher oder später im Rennen um die grosse Kristallkugel wegfallen.
Kann Gut-Behrami noch aufholen?
Zum jetzigen Standpunkt, vor den Rennen am Kronplatz, hat Federica Brignone mit Blick aufs Saisonende wohl die Nase vorne. Die Italienerin und Lara Gut-Behrami fahren in denselben drei Disziplinen (Abfahrt, Super-G und Riesenslalom). So werden die beiden wohl den Kampf um den Gesamtweltcup unter sich ausmachen. Sollte die Schweizerin wieder zu ihren Riesenslalom-Künsten zurückfinden, wäre jedoch wieder alles möglich.
Insgesamt sind je noch fünf Rennen in der Abfahrt wie auch im Riesenslalom zu absolvieren. Hinzu kommen noch vier Super-Gs. Dazwischen findet die Alpine Skiweltmeisterschaft in Saalbach (4. bis 16. Februar) statt. Diese bringt aber keine Zähler auf den Punktestand der Athletinnen. Wer wird bis zum Ende durchhalten? Eines ist aus neutraler Sicht zu hoffen: Die beiden werden sich bis zum Schluss ein Kopf-an-Kopf-Rennen liefern.