Nach Schüssen auf Jesusbild: Der Bischof von Chur verzeiht Sanija Ameti
«Wie könnte ich anders, als ihr zu vergeben»: So reagiert der Churer Bischof Jospef Maria Bonnemain, nachdem Sanija Ameti ihn und die christliche Glaubensgemeinschaft in einem handgeschriebenen Brief um Vergebung gebeten hatte. Um Vergebung dafür, dass die GLP-Politikerin und Co-Präsidentin der Operation Libero mit einer Pistole ein Bild mit Jesuskind und Maria durchlöchert und die Aktion in sozialen Medien publiziert hat. Ameti löschte den Instagram-Post, nachdem sie sich ihren Fehltritt realisiert hatte.
Für Bonnemain ist und bleibt Vergebung «einer der wichtigsten, wenn nicht der wichtigste Begriff in der Bibel». Der Churer Bischof bittet gleichsam alle gläubigen Katholiken, Christen, Muslime und jeder, der sich in seinen religiösen Gefühlen verletzt fühlt, es ihm gleich zu tun. «Hass und Verfolgung können nicht die Antwort sein. Frau Ameti hat eingesehen, dass sie einen Fehler gemacht hat», so Bonnemain. Und: «Vergebung ist ein Geschenk Gottes, das uns dazu bringt, immer wieder aufeinander zu zugehen.»
Auch Schweizer Politiker und Promis stärken Ameti den Rücken. In einem Online-Appell unter dem Titel«Das geht zu weit»fordern sie ein Ende der «Hetzjagd». Ameti habe mit ihrem Instagram-Post viele Menschen verletzt, heisst es im Text. Sie sei aber für ihre Fehler geradegestanden und habe sich öffentlich entschuldigt. Es stehe ausser Frage, dass sie entsprechende Konsequenzen tragen müsse, was sie bereits politisch als auch beruflich mache.
Auch eine Politikerin, die einen Fehler mache, müsse fair behandelt werden, fordern die Unterzeichnenden. «Eine öffentliche Entschuldigung und Reue müssen in unserer Gesellschaft einen Wert haben.» Der Umgang mit Ameti sei «unserem demokratischen Rechtsstaat und unserer Gemeinschaft nicht würdig.» Die Petition wurde bereits rund 3000 Mal unterzeichnet – von Politikerinnen und Politikern, Bürgerinnen und Bürgern sowie Promis wie etwa der Slam-Poetin Lara Stoll oder dem Schauspieler und Autor Patrick Frey.
Die 32-jährige Juristin Ameti steht nach Drohungen unter Polizeischutz. Nach ihrem unbedachten Schiessaktion prasselte in sozialen Medien ein Shitstorm auf sie nieder, der an einen mittelalterlichen Pranger erinnert. Ameti verlor zudem ihren Job bei einer Kommunikationsagentur. Die Junge SVP und Mass-Voll-Chef Nicolas Rimoldi reichten Strafanzeige wegen Störung der Kultusfreiheit ein.