Nach dem Übergriff auf einen jüdischen Jugendlichen: SP fordert Anlaufstellen an Aargauer Schulen
«Dich sollte man vergasen», sagten mehrere Jugendliche zu einem jüdischen Bezirksschüler. Sie zeigten ihm den Hitlergruss, schlugen und bedrohten ihn, und zogen ihrem Opfer die Hosen herunter.
Der gravierende Übergriff ist im Antisemitismus-Bericht des Schweizerischen Israelitischen Gemeindebundes aufgeführt, die Kantonspolizei Aargau will dem Fall nachgehen, von mehreren Seiten wurden Strafen für die Täter gefordert.
Nun wird auch die Politik aktiv: Die SP Aargau verurteilt in einer Mitteilung jegliche Form von Rassismus und Antisemitismus und geht konkret auf den Übergriff auf den Bezirksschüler ein. Der nun öffentlich gewordene Fall des jüdischen Jugendlichen, der beschimpft, geschlagen und bedroht wurde, zeigt aus Sicht der Partei, «dass Gesellschaft und Politik auch im Aargau zu lange nicht hingesehen haben».
Dem Thema Antisemitismus werde an Schulen zu wenig Beachtung geschenkt, Lehrpersonen fühlten sich nicht ausreichend unterstützt. «Um dem Antisemitismus den Nährboden zu entziehen, ist es wichtig, Schülerinnen und Schüler, aber auch Lehrerinnen und Lehrer zu sensibilisieren». Die aktive Aufklärung und Prävention seien zentral, den Schulen komme eine Schlüsselrolle zu. Die SP Aargau sieht die Politik in der Pflicht, wie Co-Präsident Stefan Dietrich betont, der selber Lehrer ist.
SP fordert mehr Mittel für Prävention an Schulen
Es bestehe dringender Handlungsbedarf: «Es braucht umgehend konkrete Massnahmen und mehr Mittel für Sensibilisierung und Präventionsarbeit an Schulen und Hochschulen.» Bildungsinstitutionen müssten im Umgang mit Diskriminierung gestärkt werden, fordert die SP Aargau. Unterstützungs- und Weiterbildungsangebote für Lehrerinnen und Schulsozialarbeiter müssten ausgebaut werden und mehr Gewicht bekommen.
«Zudem sind weitere, niederschwellige Anlaufstellen an Schulen notwendig», schreibt die Partei. Diese fehlten heute noch weitgehend, kritisiert Co-Präsident Dietrich. Für ihn ist klar: «Die Schulen benötigt einen schulinternen Ansprechpartner, wenn es um Diskriminierung geht.» Allfällige Reaktionen müssten schnell erfolgen, Antisemitismus und Rassismus dürften nicht toleriert werden.
Schulen haben keine Meldepflicht für Vorfälle
Sascha Giger, Sprecherin des Bildungsdepartements, teilt der AZ zum Vorfall mit dem jüdischen Jugendlichen mit: «In der Regel können Schulen Fälle von übergriffigem Verhalten selbst und ohne Rücksprache mit dem Departement regeln.» Bei der Bewältigung schwieriger Situation könne die Schulsozialarbeit vor Ort die Lehrpersonen unterstützen. Dazu kämen der Schulpsychologische Dienst, die Anlaufstelle Radikalisierung oder die Schulaufsicht des Kantons.
Eine Meldepflicht der Schulen ans Bildungsdepartement gibt es bei antisemitischen oder rassistischen Vorfällen nicht. Die kantonalen Stellen würden bei Bedarf aber Unterstützung bieten, möglich sei eine Klassenintervention oder eine Beratung durch die Radikalisierungs-Fachstelle, teilt Giger mit. Die Sprecherin betont: «Sämtliche Rassismus-Vorfälle werden äusserst ernstgenommen und in jedem Fall bearbeitet.»