
15-Millionen-Jahreslohn für UBS-CEO findet SVP-Matter: «Birreweich höch»
2007 platzte in den USA die Immobilienblase. Die Welt stürzte in eine Finanzkrise. Und mittendrin: Die UBS. Nicht nur hatte sie massiv in den US-Immobilienmarkt investiert. Sie hatte auch sonst Hochrisikogeschäfte abgewickelt. Und verfügte über zu wenig Eigenkapital als Polster, um die Krise durchzustehen.
Die UBS stand kurz vor dem Kollaps, als der Staat und die Schweizerische Nationalbank (SNB) zur Rettung eilten. Mit 60 Milliarden Franken.
Nach dieser geglückten Rettungsaktion schwor sich die Schweiz: Der Bund soll nie wieder eine Grossbank retten müssen. Deshalb führten Parlament und Bundesrat die «Too Big To Fail»-Regulierung im Bankengesetz ein. Doch offensichtlich war diese nutzlos.
Am 19. März 2023 wiederholte sich die Geschichte. Die Credit Suisse hatte sich mit zu geringem Eigenkapital und Hochrisikogeschäften so gut wie selbst zerstört. Wieder eilte der Staat zu Hilfe. Zusammen mit der UBS. Diese erklärte sich nach Verhandlungen mit dem Bundesrat – allen voran mit Finanzvorsteherin Karin Keller-Sutter – bereit, das Schlimmste abzuwenden: Die Überreste der Grossbank zu übernehmen.
Nach dem Untergang der CS ist für Parlament und Bundesrat wieder klar: Der Bund soll nie wieder eine Grossbank retten müssen. Mehr Regulierungen und Kontrollmechanismen müssen her. Aber welche? Davon hat die UBS ganz andere Vorstellungen als die Politik. Deshalb trafen in dieser «Arena» aufeinander:
Markus Ronner, Mitglied Geschäftsleitung UBS
Franziska Ryser, Nationalrätin Grüne und Vizepräsidentin CS-PUK
Thomas Matter, Vizepräsident SVP und Mitglied der CS-PUK
Cédric Wermuth, Co-Präsident SP
Nach dem CS-Aus besitzt die Schweiz nur noch eine Grossbank. Wenn die UBS nochmals in finanzielle Schieflage gerät, kann keine andere Bank im Land mehr zur Rettung eilen. Oder wie es SP-Co-Präsident Cédric Wermuth sagt:
«Wenn die UBS hops geht, dann haben wir eine Krise von einer anderen Dimension.»
Wermuth ist überzeugt, es ist keine Frage, ob es eine Bankenkrise geben wird, sondern wann die nächste stattfindet. Deshalb erfülle es ihn mit Sorge, dass der Wille im Parlament, Verschärfungen zu bestimmen, abgenommen habe. Den Grund dafür verortet Wermuth im «Filz zwischen Bankenplatz und Bundesbern». Wermuth sagt:
«Wir haben de facto Zustände, die in anderen Ländern als Korruption gelten würden.»
Wermuth spielt auf die 1,4 Millionen Franken an, welche die UBS 2023 an Parteien gespendet hat, die sich «für den freien Wettbewerb, die Marktwirtschaft und den Finanzplatz Schweiz einsetzen», wie sie im Jahresbericht schreibt. Anders gesagt: Die UBS spendete nur den bürgerlichen Parteien. Damit war sie die grosszügigste Firmenspenderin des Landes.
Doch hier hört das aggressive Lobbying der UBS nicht auf. Auch Bundesrätin Karin Keller-Sutter steht unter Dauerbeschuss. Oder wie sie es netter ausdrückte: Die UBS versuche «intensives Lobbying». Aber sie lasse sich davon nicht beeinflussen.
Um zu zeigen, dass die UBS durchaus bereit ist, einige Einschränkungen in Kauf zu nehmen, nimmt Markus Ronner an der «Arena» Teil. Er ist Mitglied der UBS-Geschäftsleitung und betont in der Sendung:
«Mit Bussen könnten wir sicher leben.»
Die UBS müsse wegen der CS-Übernahme jetzt schon bis zu 19 Milliarden Franken mehr Eigenkapital vorweisen können. Das Parlament fordert, dass die UBS den Wert ihrer ausländischen Tochtergesellschaften vollständig vom Kapital der Mutterbank abzieht. Das würde 25 Milliarden Franken zusätzliches Kapital bedeuten. Für Ronner ist das eine «Extremforderung».
Grossspurig fügt er hinzu, «man» könne schon über mehr Kompetenzen für die Finanzmarktaufsicht des Bundes (Finma) reden. Aber: «Dann muss sie diese auch umsetzen.» Die Politik tue so, als hätte die Finma beim CS-Debakel all ihre Kompetenzen ausgeschöpft und nichts mehr gegen ihren Zusammenbruch unternehmen können. Das stimme nicht.
Grünen-Nationalrätin Franziska Ryser und SVP-Vizepräsident Thomas Matter anerkennen, dass die Finma gegenüber der CS inkonsequent war. Beide waren Teil der parlamentarischen Untersuchungskommission (PUK) zur Aufarbeitung des CS-Debakels.
Der PUK-Bericht kommt zum Schluss: Der damals zuständige SVP-Bundesrat Ueli Maurer war zu bankennah. Und die ihm unterstellte Finma habe ihre Aufsichtspflicht unzureichend ausgefüllt. So gewährte sie der CS Erleichterungen beim Eigenkapital, ohne dass die Öffentlichkeit davon wusste. Gegen Aussen wirkte die CS dadurch stabil, obwohl sie das nicht war.
Gleichzeitig hält der PUK-Bericht aber auch fest: Die Hauptschuld trägt das CS-Management. Dieses habe sich den korrigierenden Massnahmen widersetzt, welche die Finma aussprach.
Franziska Ryser hält Ronner deshalb entgegen: «Die Finma hat nicht versagt. Sie hat die richtigen Probleme gesehen, sie hat diese angesprochen, aber sie konnte sich effektiv nicht durchsetzen.» Wenn man die Konversationen zwischen der Finma und der CS durchlese, bekomme man das Gefühl:
«Die CS ist der Finma auf der Nase herumgetanzt.»
Aus ihrer Sicht hat der Fall deshalb gezeigt, dass die Instrumente der Finma nicht ausreichen, wenn sie es mit einer «sehr renitenten Grossbank» zu tun hat.
Auch beim Eigenkapital bleibt Ryser stur: Eine grosse Bank in einem kleinen Land brauche mehr Puffer. Natürlich verursache es Kosten, Eigenkapital aufzubauen. Aber: Dem stelle die Schweiz ja auch ein Gegenwert entgegen. Namentlich: Eine funktionierende Infrastruktur, Rechtsstaatlichkeit und den Beweis, dass das Land schon zwei Mal im Stande war, eine Grossbank zu retten. Ryser fasst zusammen:
«Die UBS hat in diesem Land eine Staatsgarantie. Das hat eben seinen Preis.»
Eine weitere Erkenntnis aus dem PUK-Bericht ist: Das CS-Management hat über Jahre hinweg zu risikoreiche Geschäftsstrategien gefahren und für Skandale gesorgt, welche das Vertrauen der Kundinnen und Investoren erschütterten. Und während die Bank von 2010 bis 2022 33.7 Milliarden Franken Gesamtverlust verbuchte, bezahlten sich die Manager selbst 39.8 Milliarden Franken «Leistungsprämien» aus.
Für Wermuth und Ryser ist klar, dass die UBS dieselben Fehler fortführt, wie die CS. Der Grund: Die Bank zahlt ihrem CEO Sergio Ermotti für das Jahr 2024 einen Lohn von 14.9 Millionen Franken. Mit solchen Löhnen und exorbitanten Boni setze man die falschen Anreize, spreche die falschen Leute an.
Ronner will sich gegen diesen Vorwurf verteidigen. Solche Löhne seien wichtig, um die «besten» Leute an der Spitze der Bank zu bekommen. Doch er stösst durchwegs auf taube Ohren. Sogar bei Thomas Matter, der sich bisher eher hinter die Forderungen der UBS gestellt hat:
«Irgendwann ist ein Lohn einfach nicht mehr gerechtfertigt. Inklusive Bonus.»
In gewissen Branchen, etwa auch in der Pharmaindustrie, würde dem Top-Kader inzwischen Löhne ausbezahlt, die einfach «birreweich höch» seien. Aus Matters Sicht betreiben solche Grosskonzerne «Managersozialismus». Weil:
«Sie bedienen sich an einer Kasse, die gar nicht ihnen gehört.»
Einen Seitenhieb gegen die Linken kann sich Matter bei seinem Exkurs zwar nicht verkneifen. Auch sein Lösungsansatz – die Aktionäre mehr zu stärken – wird alleine kaum reichen. Trotzdem ist es Matters Votum, das der Bevölkerung die grösste Hoffnung geben darf.
Selbst in der SVP scheint man bei allem Verteidigen des freien Marktes und Forderungen nach «möglichst wenig Staat», langsam genug von gierigen Bankern zu haben. Und deren Fehler am Ende nicht sie, sondern die Bürgerinnen und Bürger ausbaden müssen.