Der Gebührentopf ist übervoll: Um wie viel senkt der Bundesrat die Radio- und TV-Abgaben?
Im Jahr 2021 hat das Unternehmen Serafe mit der Haushaltabgabe 1,399 Milliarden Franken eingenommen. Die Aufwendungen lagen nach Angaben des Bundesamts für Kommunikation bei 1,376 Milliarden. Die Reserven im Gebührentopf sind entsprechend von 415 auf 438 Millionen Franken gestiegen.
Die SRG erhält pro Jahr 1,25 Milliarden aus dem Topf. Die privaten Radio- und Fernsehstationen bekommen 81 Millionen. Bei Serafe bleiben für die Abwicklung der Gebühr 20 Millionen Franken jährlich.
Vorsichtige Einschätzung von Bundesrätin Sommaruga
Damit liegen die Reserven nun bei fast einem Drittel der Summe, die in einem Jahr mit der Erhebung der Haushaltabgabe zusammenkommt. Dem Bundesrat gibt dies die Möglichkeit, die Abgabe zu senken. Über deren Höhe entscheidet die Regierung alle zwei Jahre. 2020 sprach sich der Bundesrat für eine Reduktion von 365 auf 335 Franken für die Jahre 2021 und 2022 aus.
Wie geht es 2023 weiter? Emanuela Tonasso, Mediensprecherin im Departement von Bundesrätin Sommaruga, sagt: «Der Bundesrat wird die Abgabetarife sehr wahrscheinlich im Sommer überprüfen.» Tonasso weist darauf hin, dass im Bundesparlament verschiedene medienpolitische Vorstösse hängig seien – sie beträfen unter anderen die Verteilung der Radio- und Fernsehabgabe.
Hätten die Schweizer Stimmberechtigten im vergangenen Februar das Medienpaket angenommen, wären den privaten Radio- und Fernsehstationen, der Nachrichtenagentur SDA, dem Presserat und Journalistenschulen zusätzlich 51 Millionen Franken zugekommen.
Die zuständige Kommission des Nationalrats will die Summe nun bewilligen, weil sie weitgehend unbestritten sei. Die Kommission des Ständerats hat sich aber knapp dagegen ausgesprochen – den Stichentscheid fällte der Präsident des Gremiums, Hans Wicki (FDP).
Unabhängig von solchen Unwägbarkeiten steht der Bundesrat aber unter einem gewissen Druck, die Haushaltabgabe zu senken. Die vormalige Medienministerin Doris Leuthard gab beim Wechsel von der Empfangsgebühr – die 451 Franken betrug – zur Abgabe einen Zielwert von 300 Franken an. Er ist noch nicht erreicht.
Vor allem aber hat ein überparteiliches bürgerliches Komitee die Volksinitiative «200 Franken sind genug!» angekündigt: Die Haushaltabgabe soll von 335 auf 200 Franken sinken, und alle Unternehmen in der Schweiz sollen von der Abgabe befreit werden. Zurzeit prüft die Bundeskanzlei den Text der Initiative.
Würden die Stimmberechtigten der Vorlage zustimmen, bekäme die SRG aus der Haushaltabgabe noch rund 620 Millionen pro Jahr statt 1,25 Milliarden Franken. Vertreter der SRG erklären, dass eine solche Reduktion der Mittel zu einem Kahlschlag unter den Sendern und den Programmen des Unternehmens führen würde.
Mitinitiant und SVP-Nationalrat Gregor Rutz begründet seine Unterstützung der Initiative so: «Nur wenn man die SRG finanziell unter Druck setzt, können wir die politische Diskussion darüber erzwingen, was zum Programm eines Service-public-Senders gehört und was nicht.»
Probleme häufen sich seit dem No-Billag-Triumph
Seit der klaren Ablehnung der No-Billag-Initiative im Jahr 2018 ist die SRG in eine Krise gerutscht: Mit der allzu spät und überhastet eingeleiteten Digitalisierung verlieren die Programme von SRF an Profil, bekannte Köpfe und Kadermitarbeiter verlassen den Sender, technische Pannen häufen sich.
Der SRG dürfte darum in einigen Jahren ein schwieriger Abstimmungskampf bevorstehen. Senkt der Bundesrat im Sommer die Haushaltabgabe, wäre das eine Hilfe für die Radio- und Fernsehgesellschaft.