Sie sind hier: Home > Aargau > Polizeiaffäre: Innendepartement weist Vorwürfe zurück, SP verzichtet auf Fraktionserklärung im Grossen Rat – doch es bleiben Widersprüche und Fragen

Polizeiaffäre: Innendepartement weist Vorwürfe zurück, SP verzichtet auf Fraktionserklärung im Grossen Rat – doch es bleiben Widersprüche und Fragen

Das Departement von Justiz- und Polizeidirektor Dieter Egli äussert sich erstmals zur Strafanzeige eines ehemaligen Kantonspolizisten gegen zwei leitende Staatsanwälte. Die Polizei habe Staatsanwalt Simon Burger nicht ausspioniert, heisst es in der Mitteilung – wie die Informationen zum Polizeioffizier gelangten, bleibt aber offen.

Simon Burger, leitender Staatsanwalt in Zofingen-Kulm, liegt seit Jahren im Clinch mit der Kantonspolizei. Mehrfach kritisierte er eigenmächtiges Vorgehen der Polizei und fragwürdige Ermittlungsmethoden. Anderseits wurde letztes Jahr eine Strafanzeige gegen Burger eingereicht, in der dem Staatsanwalt unter anderem Amtsmissbrauch vorgeworfen wird.

Wie die «Schweiz am Wochenende» am Samstag publik machte, ist der Urheber der Anzeige ein Offizier der Kantonspolizei, der inzwischen aus dem Dienst ausgeschieden ist.

Burger sagte dazu, sein Büro sei im Zug der Ermittlungen Büro illegal durchsucht worden. Und weiter: «Ich wurde bespitzelt und interne Mails wurden weitergeleitet oder abgefangen.» Genau solche Ermittlungsmethoden habe er in den vergangenen Jahren immer wieder kritisiert.

Staatsanwalt Burger kritisiert Kantonspolizei und Innendepartement

Burger warf der Kantonspolizei vor, eigenmächtig gehandelt zu haben. Die vorgesetzten Stellen hätten von den Ermittlungen gewusst, es aber versäumt, die nötigen Konsequenzen zu ziehen.

Die Anzeige des Offiziers richtet sich nicht nur gegen ihn, sondern auch gegen Barbara Loppacher, die Leiterin der Staatsanwaltschaft Lenzburg-Aarau. Burger hielt dazu fest: «Wenn zwei leitende Staatsanwälte gesetzwidrige Ermittlungsmethoden kritisieren und darum ins Visier der Kantonspolizei geraten, so stellt das einen Angriff auf den Rechtsstaat dar.»

Der ausserordentliche Staatsanwalt Marco Amstutz kam zum Schluss, dass es keinen Grund gebe, die Vorwürfe gegen Burger und Loppacher in der Anzeige strafrechtlich zu verfolgen. Der ehemalige Polizeioffizier hat diesen Entscheid bei der Beschwerdekammer des Aargauer Obergerichts angefochten.

Gegenüber der «Schweiz am Wochenende» wollte das Innendepartement von SP-Regierungsrat Dieter Egli keine konkrete Stellung zu den Vorwürfen nehmen, weil es sich um ein laufendes Verfahren handle.

Kanton behauptet: Keine illegale Durchsuchung, keine Mails abgefangen

Am Dienstagmorgen verschickte die Staatskanzlei nun aber eine Stellungnahme zu den Vorwürfen. Demnach weist das Departement von Dieter Egli «die in der Berichterstattung enthaltenen Behauptungen zurück, dass die Kantonspolizei einen leitenden Staatsanwalt ausspioniert und illegale Durchsuchungen von Räumlichkeiten der Staatsanwaltschaft durchgeführt hat». Die Kantonspolizei Aargau habe auch keine E-Mails abgefangen oder E-Mail-Konten überwacht, heisst es in der Mitteilung.

Zudem könne aufgrund von Abklärungen zu den Zeitverhältnissen und Abläufen ausgeschlossen werden, dass interne Informationen, die angeblich an den Polizeioffizier weitergeleitet worden sein sollen, von einem Kantonspolizisten stammen, der damals ein Praktikum bei der Staatsanwaltschaft Zofingen-Kulm absolvierte.

Aus der Anzeige gegen Burger, deren Inhalt die AZ kennt, geht allerdings hervor, dass auch sein Altpapier durchsucht und ein Dokument daraus an den Offizier weitergeleitet wurde.

Innendepartement bestreitet beratende Rolle von Generalsekretär Fricker

Gemäss den Dokumenten, welche der AZ vorliegen, hat auch Hans-Peter Fricker, Generalsekretär des Departements Volkswirtschaft und Inneres (DVI), bei der Anzeige eine beratende Rolle gespielt.

Demnach wurde die Strafanzeige auch auf Anraten von Fricker nach einer Besprechung eingereicht. Der Kanton widerspricht dieser Darstellung und hält fest, der Anwalt des Polizeioffiziers habe dem Departement lediglich mitgeteilt, sein Mandant habe Kenntnis von strafbaren Handlungen und ersuche um Entbindung vom Amtsgeheimnis.

«Aus der Information des Anwalts ging aber nicht hervor, dass bei diesen Straftaten ein Bezug zu leitenden Staatsanwälten besteht», heisst es in der Mitteilung. Generalsekretär Fricker habe den Anwalt schriftlich auf die entsprechende Bestimmung in der Strafprozessordnung hingewiesen. Demnach sind Angehörige des Polizeikorps verpflichtet, alle strafbaren Handlungen, von denen sie in ihrer amtlichen Tätigkeit Kenntnis erhalten, sowie Verbrechen und Vergehen, von denen sie ausserhalb ihrer amtlichen Tätigkeit Kenntnis erhalten, anzuzeigen.

Den Entscheid, die Strafanzeige einzureichen, habe der Offizier als damaliger Mitarbeiter der Kantonspolizei selbstständig getroffen, heisst es in der Stellungnahme des Innendepartements. Allerdings reichte der Mann die Anzeige nicht nur als Privatperson ein, sondern auch im Namen der Kantonspolizei. Dementsprechend war die Anzeige mit einem Briefkopf der Kapo versehen.

SP: Keine Fraktionserklärung nach Ausführungen von Regierungsrat Egli

In der AZ vom Montag hatte SVP-Fraktionschefin Désirée Stutz die Affäre um die Anzeige als Skandal bezeichnet und eine lückenlose Aufklärung gefordert. SP-Co-Fraktionspräsidentin Claudia Rohrer sagte, ihre Partei prüfe eine Fraktionserklärung in der Grossratssitzung vom Dienstag.

Dazu kam es aber nicht, auf Nachfrage der AZ sagte Rohrer: «Die SP konnte sich aufgrund der Ausführungen von Regierungsrat Dieter Egli ein Bild machen und hat nach umfassender Diskussion entschieden, dass keine Fraktionserklärung ergeht.»

Stutz und Rohrer sind am Dienstagabend um 18.30 Uhr zu Gast im «TalkTäglich» bei Tele M1 und diskutieren dort mit AZ-Chefredaktor Rolf Cavalli die Aargauer Polizeiaffäre. Das Innendepartement hält derweil in seiner Stellungnahme fest, man werde «die aus ersten Abklärungen stammenden Erkenntnisse mit weiteren Untersuchungen zu Abläufen und Sachverhalten ergänzen und zu gegebener Zeit darüber informieren».