«Staatsverdrossenheit spürbar»: Die Demonstrationen wegen Corona haben die Luzerner Polizei 2021 gefordert
2021 war die Luzerner Uniformpolizei weniger präventiv auf Patrouille unterwegs als noch 2020. Die Zahl der geleisteten Stunden ging von 94’000 auf 75’000 Stunden zurück. Das Ziel von 85’000 Stunden sei damit nicht erreicht worden, sagte Michael Muther, stellvertretender Chef der Sicherheits- und Verkehrspolizei.
Die Polizei führt die Abnahme darauf zurück, dass sie im ersten Coronajahr wegen den damals strengen Massnahmen weniger Einsätze im Ordnungsdienst und bei Grossveranstaltungen leisten musste. Auch waren die Polizeiposten zeitweise geschlossen und die Polizistinnen und Polizisten waren weniger für Kurse abwesend.
Aufgeheizte Stimmung an Fussballspielen und Demos
2021 dagegen gab es für die Polizei wieder mehr Einsätze an Fussballspielen und Demonstrationen. Vor allem die Einsätze an den bewilligten und unbewilligten Kundgebungen gegen die Coronamassnahmen seien herausfordernd gewesen, teilte die Polizei mit. Die Stimmung sei oft aufgeheizt und gereizt gewesen. Teilweise seien Polizistinnen und Polizisten tätlich angegangen, bespuckt und beleidigt worden.
Generell habe der Respekt gegenüber der Polizei abgenommen, sagte der stellvertretende Polizeikommandant Thomas Christen. Die Hemmschwelle sei gesunken. Dies sei für das Korps und jedes seiner Mitglieder belastend.
283 Luzerne Polizeiangehörige waren im vergangenen Jahr Gewalt und Drohungen ausgesetzt.
2021 waren 283 Polizistinnen und Polizisten Gewalt und Drohungen ausgesetzt, 2020 waren es 225. 52 wurden verletzt, dies gegenüber 34 im Jahr zuvor. Christen berichtete von Schlägen und Bissen. An einer Coronademonstration erlitt ein Polizist durch einen von hinten mit einer Stange ausgeführten Schlag einen Kopfschwartenriss.
Rechthaberei und Staatsverdrossenheit spürbar gewesen
Wenn die Polizei die Einhaltung der Coronamassnahmen kontrollierte, gab es indes weniger körperliche Gewalt als Diskussionen. Es seien Gereiztheit, Rechthaberei und Staatsverdrossenheit spürbar gewesen, erklärte Christen. Insgesamt stellte er dem Gewerbe und der Bevölkerung bezüglich Corona aber ein gutes Zeugnis aus.
Die Luzerner Polizei registrierte 2021 leicht weniger Straftaten, nämlich 17’113 gegenüber 17’610. Voreilige Schlüsse dürften daraus aber nicht gezogen werden, sagte Jürg Wobmann, Chef der Kriminalpolizei. Die Statistik gebe keine Auskunft über das Anzeigeverhalten und die Dunkelziffer.
Auch dürften sich die pandemiebedingt eingeschränkten Reisemöglichkeiten positiv auf die Statistik ausgewirkt haben. 2021 wurden 2 (2020: 4) Personen Opfer eines Tötungsdelikts, dazu kamen 9 (7) versuchte Tötungen. Bei der häuslichen Gewalt wurden keine pandemiebedingten Ausreisser nach oben festgestellt.
Erfolgreiche Kontrollen
2021 starben neun Personen bei Verkehrsunfällen und 193 wurden schwer verletzt.
Leicht mehr Verkehrsunfälle, aber weniger Todesopfer
Die Zahl der Verkehrsunfälle nahm 2021 leicht zu, und zwar von 2025 auf 2196. Die Zahl der Todesopfer sank aber von 13 auf 9, die Zahl der Schwerverletzten von 230 auf 193. Die Luzerner Polizei führt dies auch auf die Kontrollen zurück. Die Übertretungsquote bei Radarkontrollen sank von 4,5 auf 3,7 Prozent.Auffallend ist bei der Verkehrsstatistik, dass mehr Lenkerinnen und Lenker, die Drogen oder Medikamente konsumiert hatten, erwischt worden waren. Die Zahl der Alkoholisierten nahm dagegen ab.
Mittelfristig will die Polizei ihre sichtbare Präsenz erhöhen. Sie hat dazu das Projekt Organisationsentwicklung 2030 lanciert, das auch einen Abbau von Polizeiposten vorsieht. Justiz- und Sicherheitsdirektor Paul Winiker (SVP) verteidigte die Pläne. Die Präsenz der Uniformpolizei nütze mehr als ein nur wenige Stunden geöffneter Schalter in kleinen Polizeiposten, sagte er. Es sei besser, ins das Personal als in Immobilien zu investieren. (sda)
Generell hat der Respekt gegenüber der Polizei abgenommen.
Thomas ChristenStellvertretender Kommandant der Luzerner Polizei