Da waren es nur noch sechs: Die Ständeratsfraktion der SP schrumpft und schrumpft – gelingt im Herbst die Wende?
Das Verdikt ist deutlich. Mit rund 25’000 Stimmen Vorsprung hat sich Esther Friedli (SVP) im zweiten Wahlgang durchgesetzt. Die Lebenspartnerin von Ex-SVP-Präsident Toni Brunner wird den Kanton St. Gallen künftig im Ständerat vertreten. SP-Nationalrätin Barbara Gysi ist es nicht gelungen, den Sitz des zurückgetretenen Paul Rechsteiners zu verteidigen – die Schwindsucht der Sozialdemokraten in der kleinen Kammer hält an.
Polparteien fällt es traditionell schwer, ihre Kandidierenden in den Ständerat zu hieven. Am meisten Personal stellen die Mitte und die FDP. Doch noch im Jahr 2015 jubelte die SP mit 12 Sitzen über einen historischen Höchststand. Vier Jahre später büsste sie drei Sitze ein. Zwar wurden keine Bisherigen abgewählt, doch neue Köpfe vermochten die Lücke nicht zu schliessen, die zahlreiche Rücktritte hinterlassen hatten.
In der Mitte der laufenden Legislatur räumte Christian Levrat, Ex-Präsident aus dem Kanton Freiburg, seinen Sessel zugunsten des Post-Präsidiums. Seinen Platz nahm Mitte-Politikerin Isabelle Chassot ein. Im April wurde Marina Carobbio in den Tessiner Regierungsrat gewählt, ihr Stuhl wird erst nach den eidgenössischen Wahlen im Herbst wieder besetzt. Nach der Niederlage im Kanton St. Gallen zählt die SP im Ständerat jetzt noch 6 Sitze – so wenige wie letztmals 1999.
Für die SP werden die kommenden eidgenössischen Wahlen im Stöckli auch deshalb zum Stresstest, weil Schwergewichte wie Hans Stöckli (BE) und Roberto Zanetti (SO) abtreten. Auch im Kanton Tessin entfällt der Bisherigen-Bonus; die Bürgerlichen haben gute Karten, wieder beide Plätze einzunehmen.
Die SP gibt sich aber kämpferisch. «Wir haben starke Kandidatinnen und Kandidaten, die für die Nachfolge bereitstehen. Wir werden alles daransetzen, dass die kleine Kammer nicht noch weiter gegen rechts rutscht und endlich progressiver wird», sagt Sprecherin Lena Allenspach. Zum Beispiel im Kanton Waadt stünden die Chancen gut, mit Gewerkschafts-Chef Pierre-Yves Maillard einen neuen Sitz zu erobern. Auch in den Kantonen Bern (Flavia Wasserfallen) und Solothurn (Franziska Roth) hat die Partei aussichtsreiche Kandidatinnen portiert.
Eine starke Vertretung im Ständerat stuft die SP als wichtig ein – gerade, wenn es beispielsweise darum gehe, die Kaufkraft der Menschen zu stärken, wie Allenspach sagt. So habe es die kleine Kammer etwa verpasst, die Last der Krankenkassenprämien zu reduzieren. Allenspach warnt: «Ein weiterer Rechtsrutsch würde die Mehrheitsverhältnisse für solche Anliegen deutlich erschweren.»