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Familien sollen 100 Franken am Tag pro Kita-Kind erhalten

Das neue Konzept der Finanzierung ausserfamiliärer Kinderbetreuung steht – trotz hauptsächlich rechtlicher Bedenken. Der Ständerat hat die Vorlage in der Beratung nochmals entschlackt.

Familien mit kleinen Kindern sollen finanziell unterstützt werden, damit sie Kinderbetreuung sowie Beruf oder Ausbildung unter einen Hut bringen. Vor allem aber soll sich Arbeit von jungen Müttern und Vätern lohnen. Diese simple Prämisse ist aufgrund der allzu hohen Kita-Tarife in der Schweiz allzu häufig nicht gegeben.

Um das zu verdeutlichen, organisierte der Frauendachverband alliance F am Mittwochmorgen eine Aktion auf dem Bundesplatz und verteilte echte Kita-Rechnungen von anonymisierten Personen aus der Region Bern und Zürich.

Eltern bezahlten für einen Monat:

2019.60 Franken für die Betreuung zweier Kinder an zwei Tagen die Woche.

5828.25 Franken für die Betreuung zweier Kinder an fünf Tagen die Woche.

3684.00 Franken für die Betreuung zweier Kinder an drei Tagen die Woche.

Die Liste könnte endlos weitergeführt werden. Die Botschaft ist klar: Kita-Kosten erwachsen zu einem gewichtigen Kostenfaktor in jedem Haushaltsbudget, gerade bei Familien mit mehr als einem Kind – trotz Geschwisterrabatten. Zuzüglich Steuern und einer höheren Progression wegen des zweiten Einkommens fressen die Kita-Ausgaben bei vielen Paaren den zweiten Lohn wieder weg.

Die Einsicht, Eltern in diesem Bereich konsequenter zu unterstützen, ist unterdessen innerhalb einer breiten Allianz von links bis weit in die FDP gereift. Mitte-Ständerat Benedikt Würth (SG) erklärte: «Es ist doch unglaublich, dass sich Arbeiten nicht lohnt. Die hohen Tarife schaffen negative Beschäftigungsanreize.»

Gegner verstecken sich hinter rechtlichen Bedenken

Zwei anstehende Initiativen motivieren das Parlament zusätzlich, jetzt zu handeln. Die Kita-Initiative der SP, welche die Eltern über Bundesgelder entlasten will, und die Zuwanderungsinitiative der SVP. Das inländische Potenzial an Fachkräften müsse maximal ausgenutzt werden, um den Import von Fachkräften zu drosseln, so der Tenor.

100 Franken pro Betreuungstag und Kind

Doch sobald es konkret wird, flacht die Euphorie vieler Befürworter wieder ab: Wer erhält Geld und für was? Wer finanziert wie viel?

Die Gegner der Kita-Finanzierung führten denn auch vor allem rechtliche Bedenken ins Feld. Vor zehn Jahren kam der Bundesrat zum Schluss, der Bund habe keinen verfassungsrechtlichen Auftrag, die Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu fördern, sagte SVP-Ständerat Jakob Stark (TG). «Daran hat sich seither nichts geändert.» Sukkurs erhielt er von SVP-Vertretern und auch aus der FDP. Die Schwyzer Ständerätin Petra Gössi erklärte ihre Ablehnung damit, dass sie die kantonalen Bemühungen in diesem Bereich nicht übersteuern wolle.

Der Ständerat will Familien einen Zustupf für die Kinderbetreuung geben.
Bild: Keystone

Im Unterschied zum Nationalrat, der eine Beteiligung des Bundes an den Kita-Kosten vorsah, hat der Ständerat nun ein neues Modell entwickelt. Er knüpft die Unterstützung an das «bewährte System der Kinderzulagen», wie Würth erklärte. Konkret erhalten Eltern 100 Franken pro Betreuungstag pro Woche, bei 5 Tagen sind es 500 Franken – unterste Schwelle ist ein Tag pro Woche.» Die Zulagen erhalten Eltern, bis die Kinder acht Jahre alt sind.

Gemäss Würth belaufen sich die Kosten des beschlossenen Modells auf 601 Millionen Franken. Damit zeigt sich die kleine Kammer knausriger als der Nationalrat, der Ausgaben in der Höhe von rund 800 Millionen Franken beschlossen hat. Die Diskussion ist also nicht abgeschlossen.

Zumal der Ständerat die Kita-Finanzierung noch nicht fertig beraten hat. Offen ist noch die Frage der Finanzierung, bei welcher die Kommission eine Erhöhung der Lohnbeiträge vorschlägt. Laut Angaben von Benedikt Würth schlagen diese für die Kita-Finanzierung um 0,17 Prozentpunkte auf.

Grosszügigkeit kennt klare Grenzen

Die Zulagen sind zwar ein grosser Schritt, doch die Grosszügigkeit des Ständerats hat klare Grenzen. Die Vorlage wurde an allen Ecken entschlackt: Qualitätsvorgaben für die Betreuung wurden genauso gestrichen wie Gelder für die Frühförderung oder behinderte Kinder. Schliesslich entband der Ständerat auch den Bund von der Aufgabe, die Lücken im Betreuungsangebot zu schliessen. Setzt sich diese Variante durch, sind für die Kita-Finanzierung keine Bundesgelder mehr fällig.