
Mit kreativen Ideen gegen den Mitgliederschwund: «Unser Verein soll noch weitere 80 Jahre bestehen»
Im Vereinsraum in Staffelbach herrscht eine ausgelassene Stimmung. Das Akkordeon-Orchester spielt gerade den Welthit «Lion King». Dirigentin Susanne Bucher gibt das Tempo vor und achtet darauf, dass niemand seinen Einsatz verpasst. Danach setzt sich Bucher zum Orchester, und sie spielen einen Tango. Der Handharmonika-Club Staffelbach trifft sich regelmässig am Mittwochabend im Untergeschoss des Kindergartens zur Probe und beweist mit seinem Repertoire, dass nicht nur Ländler auf dem Akkordeon gespielt werden.
Der Verein wurde 1944 mit zehn Mitgliedern gegründet. Zu Spitzenzeiten zählte der Club 22 Mitglieder, heute sind es noch fünfzehn. Ende der 1980er-Jahre schlossen sich die beiden Handharmonika-Clubs Triengen und Staffelbach wegen der geringen Mitgliederzahl zusammen. Der Mitgliederschwund ist auch heute eine grosse Herausforderung für den Verein und dessen Präsidentin Pia Siegenthaler.
«Unser Verein soll noch weitere 80 Jahre bestehen»
Sie sitzt an diesem Abend auch im Orchester und drückt konzentriert die Knöpfe. Siegenthaler ist seit 21 Jahren dabei und wurde 2008 zur Vereinspräsidentin gewählt. Die 42-jährige Familienfrau spielt seit ihrer Kindheit Akkordeon: «Meine Mutter spielte auch Akkordeon, also hatten wir eines zu Hause.» Siegenthaler nahm Unterricht bei Dora Stebler in Schöftland und trat später dem Club in Staffelbach bei: «Das Instrument ist sehr vielseitig, und ich spiele gerne in der Gruppe – Musikmachen ist sehr befreiend.»

Bild: Kim Wyttenbach / Aargauer Zeitung
Die Freude am gemeinsamen Musizieren veranlasst Siegenthaler immer wieder, mit kreativen Ideen Menschen auf den Verein aufmerksam zu machen: «Unser Verein soll noch weitere 80 Jahre bestehen.» Im Rahmen des neuesten Akkordeonprojekts gibt der Club Akkordeonspielerinnen und -spielern die Möglichkeit, in ihrem Orchester mitzuspielen, ohne dem Verein beitreten zu müssen.
Akkordeonprojekte für einen möglichen Wiedereinstieg
«Die Teilnehmenden – angesprochen sind auch Wiedereinsteiger – erhalten im Sommer Konzertnoten, damit sie sich zu Hause vorbereiten können. Daraufhin kommen sie zwischen September und Dezember in einige Orchesterproben», erklärt Siegenthaler: «Und an den beiden Konzertabenden am 12. und 13. Dezember stehen sie dann auf der Bühne und spielen mit dem Orchester zusammen ein paar Musikstücke.» An dieser Stelle hebt die Vereinspräsidentin hervor, dass man nicht zwingend ein Akkordeon haben muss: «Wir stellen auch gerne eines zur Verfügung.»

Bild: Kim Wyttenbach / Aargauer Zeitung
«Das Projekt hat zum Ziel, den Teilnehmenden ins Bewusstsein zu rufen, wie viel Spass es macht, in einem Orchester zu spielen, und sie dazu zu bewegen, dem Verein beizutreten», sagt Siegenthaler enthusiastisch: «Aber selbstverständlich muss niemand weitermachen.» Anmelden können sich Interessierte bis zum 7. Juli. Bislang seien eine Anmeldung und eine Anfrage eingegangen, so Siegenthaler.
An einer ähnlichen Aktion im Jahr 2018, bei der der Verein ein Projektorchester losgelöst vom Vereinsorchester organisiert hatte, nahmen neun Wiedereinsteiger teil. «Einige Teilnehmer machten im Verein weiter», erzählt Siegenthaler: «Aber dann kam Corona. Die Pandemie hat uns viele Mitgliedschaften gekostet.»
Nachwuchsförderung durch Gruppenunterricht
Auch im Bereich Nachwuchs ist Siegenthaler aktiv geworden: «In den letzten Jahren gab es keine Jugendlichen mehr, die von der Musikschule dem Verein beitraten.» Deshalb rief die Kirchleerberin 2023 das Pilotprojekt Chnopf-Hüpfer «Beginners Band» in Zusammenarbeit mit dem Verband Accordeon.ch, dem Dachverband der Akkordeonszene, ins Leben. Dafür schloss sie die «Jugend und Musik»-Ausbildung des Bundesamtes für Kultur ab: «Wir unterrichten Kinder ab der zweiten Klasse hier im Vereinsraum in Gruppen, anstatt dass sie das Instrument wie sonst üblich im Einzelunterricht erlernen.» Das Interesse sei gross, sagt Siegenthaler freudig: «Wir haben im Moment dreizehn Kinder im Programm, und im August beginnt wieder ein Level-1-Kurs.» Siegenthaler hat die Hoffnung, dass der Verein in einigen Jahren ein Jugendorchester bilden kann.
Mit Blick in die Zukunft meint Siegenthaler: «Wir möchten durch unsere Projekte das Akkordeon und das Vereinsleben am Leben erhalten.» Der Handharmonika-Club Staffelbach freut sich jedenfalls schon jetzt auf viele Projektspielerinnen und Projektspieler, mit denen er am Jahreskonzert musizieren kann.