Sie sind hier: Home > Aargau > Detailhandelsexperte zur Zukunft der Aargauer Läden: «Das Fachgeschäft in der Altstadt könnte wieder aufblühen»

Detailhandelsexperte zur Zukunft der Aargauer Läden: «Das Fachgeschäft in der Altstadt könnte wieder aufblühen»

Die Digitalisierung stellt den stationären Handel vor Herausforderungen. Immer häufiger kauft die Kundschaft per Mausklick statt im Laden ein. Die IG Aargauer Altstädte will diesen Trend bremsen. Sie sieht Lichtblicke, doch es wartet viel Arbeit.

Klick, klick, klick – und der neue Herbstmantel ist bestellt. Wer ein Konsumbedürfnis hat, braucht längst kein Geschäft mehr zu betreten, um es zu stillen. Die Onlinehändler freut’s – während Läden, die bisher auf persönliche Beratung, Kundenkontakt oder das Einkaufserlebnis vor Ort setzten, das Nachsehen haben.

Weil der Trend auch die Geschäfte in den hiesigen Altstädten vor Herausforderungen stellt, wurde im Jahr 2015 die Interessengemeinschaft Aargauer Altstädte gegründet. Der Verein versteht sich als Plattform, die den Austausch der Städte in Bezug auf die innere Entwicklung fördert. Diese umfasst etwa raumplanerische Massnahmen, die Einbindung von Hauseigentümern oder das Leerflächen-Management. Zu den Mitgliedern gehören Aarau, Aarburg, Baden, Bremgarten, Brugg, Klingnau, Laufenburg, Lenzburg, Mellingen, Rheinfelden, Zofingen und Zurzach.

Die Marge – der Puls in den Adern des Detailhandels

Detailhandelsexperte Marco Fuhrer.
zvg.

Bereits zweimal trafen sich die Vertreter der Städte zu einem Workshop. Wie es in einer Mitteilung heisst, gehörte auch der Detailhandelsexperte Marco Fuhrer zu den Referenten. Er hielt fest, dass die von Corona geprägten Jahre sowohl Gewinner als auch Verlierer hervorgebracht haben. Doch er machte den 30 Teilnehmenden auch Mut: «Das Fachgeschäft in der Altstadt könnte wieder aufblühen.»

Dies schlussfolgert Fuhrer aus Befragungen, bei denen sich ergeben habe, dass es «überraschenderweise» die junge Generation sei, die verstärkt das Einkaufserlebnis im stationären Ladengeschäft suche. Ohne grosse Veränderungen wird es gleichwohl nicht gehen. Von «Megatrends» ist die Rede, wenn neue Informations- und Einkaufsformen, Abhol- und Lieferservices, Angebotskombinationen, temporäre Verkaufsstandorte und Öffnungszeiten angesprochen werden. Ein Überlebenskiller könne ausserdem die Suche und Sucht nach Rabatten werden, heisst es weiter. «Letztlich ist die Marge der Puls in der Ader und zu wenig führt zum Herzstillstand.»

Die IG Aargauer Altstädte wird vom ehemaligen Aargauer Regierungsrat Peter C. Beyeler präsidiert.
Alex Spichale

In den vergangenen sieben Jahren wurden in Zusammenarbeit mit Expertinnen und Experten Berichte und Grundlagen geschaffen, die den Städten im Entwicklungsprozess dienen sollen. Auch hat die IG Aargauer Altstädte bereits Massnahmen umgesetzt, um die Altstädte als Einkaufsorte anzupreisen.

Welche Wirkung damit erzielt wurde, ist allerdings bis anhin nicht ausgewertet worden. Dies will man nun nachholen, wie aus der Mitteilung weiter hervorgeht. Zudem plant die IG, sich mit der Frage auseinanderzusetzen, welche Bedeutung die Immobilien im Besitz der Stadt und vornehmlich privater Eigentümer auf die Entwicklung der Altstadt haben. Dazu hat sie einen Vorgehensentwurf zur Vernehmlassung gebracht.

Laufenburg hat bereits gehandelt

Am zweiten Workshop, der vergangene Woche stattfand, referierte auch Meinrad Schraner, ehemaliger Vizestadtammann von Laufenburg. Dort hatte die Entwicklung der Altstadt zu einer unklaren Wahrnehmung geführt, sodass analysiert werden musste, welchen Charakter das Städtchen überhaupt noch hat und haben soll. Mit dem Auszug der Läden habe auch eine Entvölkerung stattgefunden, es sei zu einem Identitätswandel gekommen.

Laufenburg hat reagiert, das Leitbild angepasst und mit einer Immobilienstrategie und einem Investitionskonzept zu einer neuen Identität gefunden. Das gemischte Wohnen wurde zur Leitnutzung erklärt, ergänzt mit dem Angebot von Dienstleistungen und Zentrumsfunktionen. Die Stadt engagierte sich in diesem Veränderungsprozess mit 20 Millionen Franken, was «zehn Prozent der berechneten Kosten für Sanierungen und Neubauten von 200 Millionen Franken» entspreche, wie Schraner in der Mitteilung zitiert wird.