Stefan Wabel im zt Talk: «Der Ertrag aus unseren Inhalten landet bei Google – der Aufwand liegt bei den Schweizer Medienunternehmen»
Letzte Woche hat der Bundesrat seinen Vorschlag für ein so genanntes Leistungsschutzrecht in die Vernehmlassung geschickt. Es soll sicherstellen, dass Suchmaschinen wie Google und andere Internet-Plattformen für Auszüge aus Artikeln eine Lizenzgebühr an die betroffenen Medien zahlen müssen.
Am heftigsten weibelt der Verlegerverband Schweizer Medien (VSM) für die Vorlage. Eine Allianz «Pro Leistungsschutzrecht» unterstützt das Ansinnen des Bundesrats. Das Co-Präsidium bilden sieben National- und Ständeräte sowie eine Ständerätin aus allen grossen Parteien. Der netzpolitische Verein Digitale Gesellschaft ist gegen ein Leistungsschutzrecht, weil es eher das Gegenteil bewirke.
Stefan Wabel, Geschäftsführer des Verbandes Schweizer Medien, war diese Woche Gast im zt Talk . Warum braucht es aus Sicht der Verleger überhaupt ein solches Instrument? «Es geht um die Stärkung und Sicherung des Journalismus in der Schweiz. Es ist eine Lösung im Schweizer Urheberrecht, weil es es dort eine Lücke gibt, die geschlossen werden muss.» Suchmaschinen wie Google würden immer medialer: «Wenn Sie etwas suchen, will Ihnen Google die perfekte Antwort sofort liefern.» Dafür bediene sich der Tech-Gigant unter anderem bei Inhalten von Schweizer Medien und zeige kurze Auszüge daraus an. «Man findet nicht nur einen einfachen Link; dieser ist oft mit so genannten Snippets – Schnipsel – angereichert, also Auszügen aus den Inhalten.» Das reiche vielen Konsumenten aus.
Das Geschäftsmodell von Medien beruhe einerseits darauf, Inhalte mit viel Aufwand bereitzustellen – im Gegenzug brauche es aber die Aufmerksamkeit der Nutzerinnen und Nutzer. «Entweder durch einen Klick, der sich durch Werbung monetarisieren lässt – oder im Idealfall durch ein Abo.» Das Urheberrecht schütze heute nur ganze Artikel. «Die Verwendung von Snippets – also Auszügen – ist heute nicht geschützt.» Diese Lücke wolle das Leistungsschutzrecht schliessen.
Suchmaschinen wie Google versuchen, die Leute in ihrem Öko-System zu halten. «Sie brauchen Traffic und Reichweite, um Werbung zu verkaufen. «Das wiederum heisst: Der Ertrag aus unseren Inhalten landet bei Google – der Aufwand liegt bei den Schweizer Medienunternehmen.» Gemäss der neusten Schweizer Werbestatistik, die letzte Woche publiziert wurde, fliessen inzwischen rund zwei Milliarden Franken an Werbegeldern aus der Schweiz zu den Tech-Giganten – «Geld, das nicht mehr zurückfliesst», sagt Wabel. «Und die Summe wird jedes Jahr grösser.»
Wie viel Geld würde nach Einführung des Gesetzes in die Schweiz zurückfliessen? «Dazu gibt es eine vor rund zwei Monaten publizierte Studie, die das zu quantifizieren versucht», so Wabel. «Sie kommt auf eine Summe von rund 150 Millionen Franken, die eine faire Beteiligung für die Schweizer Medien darstellen würde.» Das Leistungsschutzrecht sei im Übrigen keine Erfindung des Verlegerverbandes oder des Bundesrates. «In 20 EU-Ländern ist es bereits umgesetzt; es gibt in Australien und Kanada ähnliche Gesetzgebungen. Wir sprechen von einer globalen Entwicklung.»
Zur Person
Stefan Wabel ist seit zwei Jahren Geschäftsführer des Verlegerverbandes Schweizer Medien, der Branchenorganisation der privaten Schweizer Medienunternehmen. Zuvor war er Verlagsleiter der «Schaffhauser Nachrichten» und zugleich stellvertretender Unternehmensleiter des Medienhauses Meier + Cie AG Schaffhausen. Der 44-jährige verfügt über langjährige Berufserfahrung in der Medienbranche und war in früheren Funktionen u.a. für die «Blick»-Gruppe von Ringier tätig. Nach der kaufmännischen Berufsmatura absolvierte Wabel das Studium in Kommunikation an der HWZ Hochschule für Wirtschaft Zürich sowie das Studium zum Executive MBA HSG an der Universität St. Gallen