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FDP Frauen bringen Initiative für die Individualbesteuerung zustande – Mitte hat Mühe mit dem Momentum 

Das Ziel ist dasselbe: FDP Frauen und Mitte wollen mit Initiativen die sogenannte Heiratsstrafe bei der Besteuerung abschaffen. Die FDP Frauen haben die nötigen Unterschriften zusammen, bei der Mitte stockt es – und deren Frauensektion ist im Zwiespalt.

Das Problem ist seit Jahrzehnten bekannt: Weil Ehepaare gemeinsam besteuert werden, sind sie steuerlich oft benachteiligt. Aufgrund der Höhe des gemeinsamen Einkommens landen Ehepaare in einer höheren Progressionsstufe. Sie zahlen mehr, als wenn ihre Einkommen getrennt besteuert würden. Das führt dazu, dass sich ein Zweiteinkommen finanziell oft kaum lohnt – gerade bei Paaren mit Kindern. Das verringert insbesondere bei den Frauen den Anreiz für eine berufliche Tätigkeit.

Das soll sich ändern, finden die FDP Frauen. Sie haben im März 2021 mit Unterstützung von Politikerinnen und Politkern aus GLP, SP und Grünen, aus Wirtschafts- und Gewerkschaftskreisen die «Steuergerechtigkeitsinitiative» lanciert. Sie will einen Systemwechsel hin zur Individualbesteuerung.

Susanne Vincenz-Stauffacher.
Alessandro Della Valle / KEYSTONE

Das Anliegen ist auf gutem Weg – die benötigten 100000 Unterschriften werden bis zum Ablauf der Frist im September zusammenkommen. «Ich gehe sehr entspannt in die Ferien», sagt Susanne Vincenz-Stauffacher, Präsidentin der FDP Frauen. Das täte sie nicht, würden noch Tausende Unterschriften fehlen. Eine konkrete Zahl zu den gesammelten Unterschriften nennt die St. Galler Nationalrätin nicht: «Es geht uns wirklich gut», fügt sie vielsagend an.

Holpriger unterwegs hingegen ist die Mitte-Partei mit ihren sogenannten «Zwillingsinitiativen». Diese sollen die Benachteiligung verheirateter Paare bei den Steuern und in der AHV beenden. Die Delegierten erteilten der Parteileitung vor über einem Jahr den Auftrag, zwei entsprechende Initiativen auszuarbeiten. Derzeit liegen die Initiativtexte zur Vorprüfung und Übersetzung bei der Bundeskanzlei. Bei der Mitte rechnet man damit, Ende August oder im September mit dem Unterschriftensammeln anfangen zu können. Im April hiess es noch, damit solle es Ende Mai losgehen.

Bei der Mitte lässt man sich Zeit

«Ich bedaure, dass es so lange gedauert hat», sagt Christina Bachmann-Roth, die Präsidentin der Mitte Frauen. Dass die FDP Frauen mit ihrer Initiative nun mindestens einen zeitlichen Vorteil haben, bestreitet sie nicht. «Dennoch finde ich unsere Initiativen weiterhin richtig und notwendig».

Christina Bachmann-Roth.
Dominik Wunderli (Luzern, 21.12.2021)

Bei der AHV helfe nur das Projekt der Mitte gegen die Benachteiligung von Ehepaaren, die bislang maximal das 1,5-Fache einer Einzelrente erhalten. Und im Steuerbereich sei ihre Lösung einfacher umsetzbar: Bei jedem Ehepaar soll jeweils der Tarif zum Zug kommen, der günstiger ausfällt: Entweder der Ehepaar-Tarif oder jener für Konkubinatspaare. Doch Bachmann-Roth räumt ein: «Auch die Individualbesteuerung bietet hier eine Lösung.» Die Mitte Frauen wollten vor allem eine Lösung. Einige unterstützten die Individualbesteuerung. Bachmann-Roth selber tritt bewusst nicht auf Podien dagegen auf. Wichtig sei, das Steuersystem endlich zu verbessern.

«Das Momentum für die Individualbesteuerung ist so stark wie noch nie», sagt Susanne Vincenz-Stauffacher. Dazu habe die Initiative der FDP Frauen beigetragen. Tatsächlich schickt der Bundesrat schon im Herbst im Auftrag des Parlaments eine Vorlage zur Individualbesteuerung in die Vernehmlassung. Ein Rückzug der Initiative komme derzeit nicht in Frage, sagt Vincenz-Stauffacher: «Wir müssen den Druck aufrechterhalten». Offen lässt sie, ob dieser Schritt zu einem späteren Zeitpunkt zugunsten eines Gegenvorschlags denkbar ist.