Wie eine Powerpoint-Präsentation aus den 2000ern: Das neue «Tagesschau»-Studio sieht alt aus
Zugegeben: Dem Walliser «Tschugger» steht der 80er-Jahre-Look gut, bunte Hemden, Jeans und Schnauzer verleihen dem SRF-Serien-Erfolg seinen Charme. Beim neuen Studio für die «Tagesschau» hätte man auf den Retroanstrich jedoch besser verzichtet.
Seit Anfang Woche hat die wichtigste Sendung des SRF das neue Studio bezogen und man hätte ihm gerne eine Chance gegeben, nach 17 Jahren ist ein Umzug nachvollziehbar und immerhin soll die neue Gestaltung laut eigenen Angaben «noch mehr Authentizität und Nähe schaffen». Dagegen kann wohl niemand etwas einwenden, Authentizität ist die Marke – und das Verkaufsargument – unserer Zeit.
Das Studio wird dominiert von einem grossen Bildschirm, Video-Einblender gleiten frech ins Bild und wieder hinaus – «eine hochmoderne Tapete», heisst es in der Anmoderation, «wie Youtube», schreibt der «Tages-Anzeiger». Vielleicht war dies tatsächlich die Inspirationsquelle für die neue Aufmachung, die ursprünglich bereits 2019 hätte in Betrieb genommen werden sollen.
Das Ergebnis, gut drei Jahre später, erinnert jedoch leider mehr an erste Gehversuche mit einer Powerpoint-Präsentation. Von diesen peppigen Diaschau-Effekten war man nach anfänglichen Spielereien mit einer neuen Technik in der Film- und Medienbranche rasch wieder abgekommen. Vor höchsten Zuschauerzahlen werden sie nun also wiederbelebt.
Wenig vorteilhafte Perspektive auf die Moderatoren
Das führt zu interessanten Bildkompositionen. Wenn die Technik hält, was sie in den ersten Sendungen versprochen hat, können sich dank Splitscreen Moderation und Korrespondenz auf Augenhöhe begegnen. Doch so blickt der Interviewpartner aus dem anzukündenden Beitrag eben auch mal überlebensgross auf Moderator Florian Inhauser hinab. Den per Videochat zugeschalteten Expertinnen blickt das Fernsehpublikum aber nach wie vor unschmeichelhaft unters Kinn.
Überhaupt scheint das neue Studio nicht für eitle Gemüter gemacht. Der dunkle Rotton, der das Set im Hintergrund prägt, schmeichelt keinem Hautton so richtig. Anders war das noch im alten Studio in weiss – oder war es doch blau? Womit es auch schon anfängt: Bereits in wenigen Wochen werden selbst die grössten Nostalgiker und vermutlich auch die Schöngeister vergessen haben, wie das ehemalige Studio ausgesehen hatte. So wie man sich beim letzten Fehlkauf (etwa dem Kissen in der «Trendfarbe Lila») rascher daran gewöhnt, als dass man ihn zurückgibt, wird man sich auch an das neue «Tagesschau»-Studio gewöhnen – das ja mit dem Fernseher auch im Youtube-Zeitalter nach wie vor einen unverrückbaren Platz in den meisten Wohnzimmern hat.