Graf Dracula – oder doch Easy Rider? Lenny Kravitz pfeift auf Konventionen
Während unsereins an einem Montagabend die letzten Geschirrreste von der Party am Wochenende abwäscht oder sich, wenn’s hoch kommt, einen mittelmässigen Krimi am TV reinzieht und dabei vielleicht noch die Nägel feilt, zwängt sich die Hollywood- und Mode-Prominenz in die ausgefallensten Roben und stakst über den roten Teppich vor dem berühmtesten Museum New Yorks: Am Montag ging die Met Gala über die Bühne, auch bekannt als die wichtigste Fashion-Party der Welt. Das ausgefeilte Motto der diesjährigen Benefizveranstaltung: «Gilded Glamour», eine Reminiszenz an das goldene Zeitalter in Amerika.
Die Organisatoren hätten sich die Mühe sparen können. Das Oberthema ist eh immer das Gleiche: «Dress to impress» – Aufmerksamkeit zu erhalten, ist für die Stars das höchste Gut. Besonders die Damen sind sich für nichts zu schade, um in den Modemagazinen und sozialen Medien erwähnt zu werden. Da wird das Abendtäschchen gerne mit einer Querflöte (!) ausgetauscht, der nackte Oberkörper im Stil von «Goldfinger» besprayt oder gar das unvergessene Glitzerkleid, das die Monroe 1962 zur Geburtstagsfeier von John F. Kennedy trug, für immer entzaubert (Schande über dich, Kim Kardashian!).
Und es gibt Stars wie etwa Sarah Jessica Parker, bekannt als Carrie in «Sex and the City», die Monate in die Vorbereitung ihres Auftritts investieren.
Er zieht seinen Stil durch
Umso mehr erfüllt es mich mit Schadenfreude, dass ein Mann all den Ladys zumindest in diesem Jahr die Show gestohlen hat. Rock-Tausendsassa Lenny Kravitz kreuzte am Montag in einem schwarzen Leder- und Spitzenensemble auf, das locker als Liaison Graf Draculas mit trauernder Witwe und Easy Rider durchging. Mit transparentem Dekolleté und Spitzenärmeln, Korsett (!) und wallendem Umhang.
Sicher ging es auch Kravitz dabei um Aufmerksamkeit, aber vor allem um eines: seinen Stil durchzuziehen. Bereits seit Jahrzehnten setzt sich der schillernde Musiker über Konventionen in der Männermode hinweg. Der 58-Jährige überschreitet konsequent Grenzen, und er macht das mit einer solchen Selbstverständlichkeit und Grazie im Sinne der modischen Gleichberechtigung, dass man ihm für diese ausgeflippte Geradlinigkeit endlich mal applaudieren muss.