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Studie zu Stipendien erst in zwei Jahren: Vorläufig bleibt der Aargau der geizigste Kanton

Der Kanton Aargau ist der mit Abstand knausrigste Kanton, wenn es um die Vergabe von Stipendien geht, das kritisieren Bildungspolitikerinnen scharf. Auch der Regierungsrat möchte jetzt eine Untersuchung. Aber erst in eineinhalb Jahren.

Nirgends werden weniger Stipendien gewährt als im Aargau. Durchschnittlich 4252 Franken pro beziehende Person wurden im Jahr 2021 ausbezahlt, gesamtschweizerisch lag dieser Schnitt bei 7602 Franken. Das zeigte eine Untersuchung des Bundesamts für Statistik im letzten Oktober.

Ein Grund dafür ist, dass im Aargau Ausbildungsbeiträge nur noch als Teildarlehen gesprochen werden: Finanziell schwache Studierende können den ihnen zustehenden Kantonsbeitrag nur zu zwei Dritteln als Stipendium beziehen, den Rest als Darlehen.

Eingeführt wurde das Splittingmodell im Juli 2018. Die SP hatte gegen einen entsprechenden Grossratsbeschluss das Referendum ergriffen, unterlag damit aber an der Urne. Die Änderung im Stipendienwesen war eine Sparmassnahme in Zeiten klammer Kantonsfinanzen, mit 2,5 Millionen Franken an Einsparungen pro Jahr rechneten die Befürworter. Tatsächlich scheint der Effekt eingetroffen zu sein, denn seit 2018 sinken die durchschnittlichen Beiträge durch den Kanton an Studierende stetig.

Vorstoss fordert Überprüfung

Mit der Untersuchung des Bundesamts für Statistik wurden die Ausbildungsbeiträge wieder zum Politikum. Grossrätinnen und Grossräte der linken und Mitte-Parteien reichten kurz nach Publikation ein Postulat ein, das eine Überprüfung der Auswirkungen des Splittingmodells fordert.

Dafür hat man beim Kanton offene Ohren. Man habe ein grosses Interesse daran, die Auswirkungen aus der Stipendiengesetzesrevision zu untersuchen, sagte Olivier Dinichert, der Leiter der Abteilung Hochschulen und Sport beim Bildungsdepartements im Herbst gegenüber der AZ. Er begrüsse grundsätzlich, dass nach einer grösseren Revision von rechtlichen Grundlagen eine Evaluation vorgenommen wird, schreibt jetzt auch der Regierungsrat in seiner Antwort auf das Postulat vom November.

Er nimmt es entgegen, mit der Umsetzung pressiert es ihm aber nicht. Er empfehle, die Evaluation in ein bis zwei Jahren durchzuführen, da die Auswirkungen der Coronapandemie bis dann besser ausgegrenzt werden könnten, schreibt der Regierungsrat. Er schlägt also vor, bei einer Überweisung des Postulats im Sommer 2024 eine Untersuchung in Auftrag zu geben, die Ergebnisse sollen im Frühling 2025 vorliegen.

Andere Situation als 2018

Simona Brizzi, Grossrätin SP.
zvg

Dafür hat Vorstoss-Sprecherin Simona Brizzi (SP) wenig Verständnis, sie sagt:

«Der Handlungsbedarf ist klar und er ist gross. Warum es bis zu den Ergebnissen der Studie so lange dauert, erschliesst sich mir nicht.»

Die Situation sei heute eine ganz andere als bei der Abstimmung über das Splittingmodell. «Die aktuelle wirtschaftliche Lage und der akute Fachkräftemangel beschäftigen uns alle, es herrscht eigentlich Konsens, dass das inländische Potenzial gefördert werden muss.» Mit Stipendien schaffe man Möglichkeiten für Weiter- und Ausbildungen für Leute, die sich das sonst nicht leisten können. «Und davon profitiert schliesslich der ganze Wohn- und Wirtschaftskanton», so Brizzi. Ausserdem seien Stipendien Investitionen in die Zukunft und führten dazu, dass auch mehr in die Staatskasse fliesse, «in diesem Bereich darf der Kanton nicht sparen».

Die Bevölkerung würde heute anders entscheiden als im Frühling 2018, meint die Bildungspolitikerin. «Ich bin überzeugt, die Aargauerinnen und Aargauer wollen ihren Beitrag dazu leisten, mehr Menschen eine Ausbildung und Weiterbildung zu ermöglichen, um dem prekären Fachkräftemangel entgegenzuwirken.»

Erfahrungswerte würde es geben

Simona Brizzi würde die Untersuchung möglichst bald starten, es gebe keinen Grund, es nicht zu tun. «Das Modell gibt es schon seit knapp fünf Jahren und auch andere Kantone haben Erfahrungswerte. Diese Studie könnte man sicher früher starten.» Sie werde sich demnächst mit ihren Mit-Postulantinnen und Mit-Postulanten über das weitere Vorgehen austauschen. «Wir finden bestimmt eine Lösung», sagt sie. Davon, dass das Postulat vom Grossen Rat überwiesen wird, geht Brizzi aus. «Ich kann es mir fast nicht vorstellen, dass jemand gegen eine solche Untersuchung ist», sagt sie – auch nicht die SVP, welche das Splittingmodell befürwortete.