
Einkaufstourist fuhr Gegner nach Streit mit dem Auto um: Frau wird wegen Falschaussage bestraft
Im Herbst 2020 kam es zwischen zwei Einkaufstouristen in der Warteschlange vor dem Zollgebäude Stein-Bad Säckingen zu einem Streit. Wegen der Pandemie waren am Boden Abstandsmarkierungen angebracht. Ein damals 50 Jahre alter Aargauer mit türkischen Wurzeln bat den in der Reihe hinter ihm wartenden Mann, den Abstand einzuhalten. Dieser, ein im Aargau wohnhafter Deutscher Mitte 50, reagierte darauf wütend.
Wenige Minuten später trafen sich die beiden Streithähne auf dem Parkplatz beim Imbiss Steinpizza. Dort fuhr der Mann aus der Türkei – im Auto hatte er seine Ehefrau und zwei Kinder – seinen Kontrahenten mit rund 30 km/h über den Haufen. Durch die Wucht erlitt das Opfer derart schwere Verletzungen, dass der behandelnde Arzt von einer 40-Prozent-Behinderung auf Lebenszeit ausging.

Bild: Dennis Kalt
Gerichte stritten über die Verwertbarkeit der Videoaufnahmen
Das Bezirksgericht Rheinfelden sprach den Beschuldigten zunächst frei. An der Verhandlung im März 2022 plädierte der Verteidiger auf Notwehr und stellte die Verwertbarkeit der Beweismittel infrage. Sein Mandant war durch automatische Fahrzeugfahndung und Verkehrsüberwachung identifiziert worden. Das Bezirksgericht verneinte die Verwertbarkeit der Aufnahmen, durch welche die Strafbehörde auf den Beschuldigten aufmerksam wurde. Diese hatte eine Überwachungskamera am Zoll aufgenommen.
Das Obergericht sah dies im Sommer 2023 anders – und kippte das erstinstanzliche Urteil. Wegen versuchter schwerer Körperverletzung und Unterlassung der Hilfeleistung verurteilte es den Mann zu einer teilbedingten Freiheitsstrafe von zweieinhalb Jahren und einer bedingten Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu je 150 Franken.
Frau schilderte den Vorfall anders
Kürzlich kam es nun zu einer weiteren Strafe. Denn die Ehefrau des Verurteilten versuchte, diesen mit ihrer Aussage zu schützen: Sie schilderte bei ihrer Einvernahme im September 2020, dass ihr Mann seinen Kontrahenten nicht angefahren habe. Vielmehr habe dieser mit der Hand auf das Fahrzeug geschlagen, sich auf die Motorhaube geworfen und sei dann auf den Boden gefallen.
Die Staatsanwaltschaft wirft der Frau vor, dass diese Aussagen nicht der Wahrheit entsprachen. Sie wusste, dass sie gegenüber der Polizei keine wahrheitswidrigen Aussagen machen durfte. Mit ihren Aussagen habe sie die Strafverfolgung ihres Mannes verhindern wollen.
Auch vor Obergericht machte die Frau nicht reinen Tisch: «Auf die Fragen des Präsidenten des Obergerichts verweigerte die Beschuldigte mehrheitlich die Antwort, erklärte aber, dass sie anlässlich der vorerwähnten polizeilichen Einvernahme alles so geschildert habe, wie sie es erlebt habe», heisst es im Strafbefehl, der kürzlich rechtskräftig wurde.
Die heute 44-jährige Türkin wurde wegen mehrfachen falschen Zeugnisses und versuchter Begünstigung zu einer bedingten Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu 60 Franken verurteilt. Sie muss eine Verbindungsbusse von 900 Franken und Strafbefehlsgebühren von 900 Franken bezahlen.