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Schon wieder: U-Haft für Aargauer Ex-Grossrat wird um ein halbes Jahr verlängert

Viermal hat die Staatsanwaltschaft die Untersuchungshaft eines ehemaligen SVP-Grossrats nun bereits verlängert. Er wird unter anderem der sexuellen Handlungen mit Kindern verdächtigt.

Im September 2023 nahm die Polizei einen damaligen Aargauer Grossrat der SVP bei sich zu Hause fest. Wenige Tage später trat er von seinem politischen Amt zurück. Die Staatsanwaltschaft, die gegen ihn ermittelt, beantragte die dreimonatige Untersuchungshaft.

Das Zwangsmassnahmengericht hat seither vier Verlängerungen bewilligt. Der ehemalige Grossrat wird Stand jetzt bis im Oktober 2025 in Untersuchungshaft sitzen. Insgesamt also mehr als zwei Jahre. Das berichtet das SRF Regionaljournal Aargau/Solothurn.

Auf Anfrage der AZ bestätigt die Staatsanwaltschaft, dass die Untersuchungshaft verlängert wurde. Mit Hinweis auf das laufende Verfahren könne sie sich aber nicht weiter zum Fall äussern.

Offenbar aufwendige Ermittlungen

«Wird die Untersuchungshaft so oft verlängert, muss es sich um sehr umfangreiche Ermittlungen handeln», ordnet der Aarauer Rechtsanwalt André Kuhn gegenüber der AZ ein. Untersuchungshaft werde nur bei dringendem Tatverdacht angeordnet, und wenn zusätzlich die Gefahr besteht, dass der Beschuldigte flüchten, Spuren verwischen, Dritte beeinflussen (sogenannte Verdunkelungsgefahr) oder die Tat wiederholen könnte.

Üblicherweise werde die U-Haft für nur drei Monate angeordnet oder verlängert. Mehrere Verlängerungen um jeweils sechs Monate, wie in diesem Fall, seien überdurchschnittlich, sagt Kuhn. Womöglich gebe es viel Datenmaterial und sonstige Spuren auszuwerten, viele Befragungen durchzuführen oder Gutachten zu erstellen. Ob es mehrere Straftatbestände oder mehrere Opfer gibt, solche Schlüsse lassen sich aus der U-Haft-Dauer keine ziehen.

«Es stellt sich die Frage, warum der Beschuldigte so lange in U-Haft und nicht schon im vorzeitigen Strafvollzug sitzt», sagt Kuhn. Das Regime der Untersuchungshaft sei sehr strikt. Lediglich eine Stunde darf der Beschuldigte täglich aus der Zelle, ansonsten ist er eingeschlossen. Der Kontakt zu Mitinsassen oder Arbeitsgelegenheiten sind stark eingeschränkt, die Post wird kontrolliert. Ebenso sind Besuche von ausserhalb der Gefängnismauern erschwert.

Er lege seinen Klienten jeweils nahe, vorzeitigen Strafvollzug zu beantragen, sagt Kuhn. Das sei kein Geständnis. Es erlaube aber mehr Freiheiten, darunter unbeaufsichtigte Besuche oder eine laschere Postkontrolle.

Anzeichen auf einen schwerwiegenden Tatverdacht

Dass der ehemalige Grossrat also noch in U-Haft sitzt, könnte bedeuten, dass er nie vorzeitigen Strafvollzug beantragt hat. In Kuhns Erfahrung als Rechtsanwalt habe er das aber selten erlebt. Es könnte sein, dass die Staatsanwaltschaft die Verdunkelungsgefahr für zu gross hält, dass der Beschuldigte etwa Spuren verwischen lassen würde.

Die Staatsanwaltschaft muss vor dem Zwangsmassnahmengericht auch immer beweisen, dass eine Verlängerung der Untersuchungshaft verhältnismässig ist. Sie muss sich sicher sein, dass diese nicht länger dauert als das zu erwartende Strafmass. Ansonsten sitzt die beschuldigte Person in sogenannter Überhaft – und muss später dafür entschädigt werden.

Konkret kann also davon ausgegangen werden, dass die Staatsanwaltschaft eine Freiheitsstrafe von über 24 Monaten für den beschuldigten Ex-Grossrat erwartet. Das legt wiederum nahe, dass es sich um einen gravierenden Tatverdacht handelt. Bekannt ist bisher, dass gegen den ehemaligen SVP-Politiker wegen sexueller Handlungen mit Kindern ermittelt wird.