Brisanter Plan: Bundesrätin Sommaruga prüft Tempo 60 auf Autobahnen
Berichte über schlechte Arbeitsbedingungen und Konkurrenzkampf auf der Strasse sind nicht neu. Nun haben die Lastwagenchauffeure jedoch genug und gehen selber auf die Strasse. Jedoch nicht zum Streik, sondern zum Unterschriftensammeln. Am Dienstag jedenfalls beginnt die Sammelfrist für die sogenannte «Chauffeurinitiative» zu laufen. Damit will deren Verband Routiers Suisses «angemessene Arbeitsbedingungen für Chauffeusen und Chauffeure» in der Bundesverfassung verankern. Die Initianten haben nun 18 Monate Zeit um die für das Zustandekommen nötigen 100’000 gültigen Unterschriften zu sammeln.
Nach dem Vorbild der Pflegeinitiative im Gesundheitswesen verlangen damit nun auch die Angestellten der Logistikbranche, dass der Bund den Mitarbeitenden unter die Arme greift. Wie David Piras, Generalsekretär von Les Routiers Suisses, in den Tamedia-Zeitungen erklärt, sehen sich die Chauffeure zur Initiative gezwungen, weil mit dem Nutzfahrzeugverband (Astag) bisher alle Verhandlungen für einen Gesamtarbeitsvertrag scheiterten. Die bislang existierende Branchenvereinbarung zwischen den beiden Verbänden geht Routiers Suisses zu wenig weit.
Stauzeitkosten von 2 Milliarden Franken
Nebst Nachwuchssorgen sind den Schweizer Fernfahrern osteuropäische Chauffeure seit Jahren ein besonderer Dorn im Auge. Wer einen Schweizer Lastwagen fahre, solle auch einen hier angemessenen Lohn erhalten, fordert der Chauffeurverband.
Doch nicht nur fehlendes Personal bedroht die Logistik auf Schweizer Strassen. Auch die Staustunden und damit verbundene Zusatzkosten für Logistik sowie negative Auswirkungen auf die Umwelt steigen kontinuierlich an. Konkret kam es im vergangenen Jahr zu rund 32’500 Staustunden auf Nationalstrassen. Laut neuesten Schätzungen des Bundesamtes für Raumentwicklung (ARE) stiegen die Stauzeitkosten 2019 auf 1,67 Milliarden Franken, wie die Tamedia-Zeitungen berichten. Mit Umwelt-, Klima-, Energie- und Unfallkosten beliefen sich diese insgesamt auf weit über 2 Milliarden Franken.
VCS prüft Initiative gegen Autobahnausbauten
Um diesem Trend entgegenzuwirken, prüft das Bundesamt für Strassen (Astra) derzeit verschiedene Massnahmen: Die radikalste und umstrittenste ist laut dem Zeitungsbericht die Möglichkeit, auf Autobahnen das Tempo bis auf 60 Kilometer pro Stunde zu drosseln, wie ein Astra-Sprecher ausführt. Als Vorbild dient dem Amt von Verkehrsministerin Sommaruga die Temporeduktion auf 80 Stundenkilometern. Diese habe sich bewährt. Der Entscheid über einen allfälligen Versuch mit automatischen Tempoanzeigen soll nächstes Jahr fallen.
Wenig überraschend haben der Automobil Club Schweiz (ACS) und Astag kein Verständnis für eine weitere Temporeduktion auf Autobahnen. Nebst längeren Fahrzeiten fürchten sie Umwegverkehr. Zum umgekehrten Schluss kommt derweil der Verkehrs Club der Schweiz (VCS): Weil der Bund in seiner Gesamtverkehrsstrategie bis im Jahr 2040 und darüber hinaus plant, für 59 Projekte bis zu 34 Milliarden Franken in den Aus- und Neubau von Autobahnen zu stecken, prüft der rot-grüne VCS laut Tamedia-Zeitungen eine Volksinitiative gegen Autobahnausbauten. Inhalt: Ein Moratorium für den Kapazitätsausbau der Nationalstrassen.