Der erste Standortentscheid ist gefallen: Ein Reserve-Kraftwerk in Birr (AG) soll im Winter Stromengpässe überbrücken
Jetzt ist es fix: Ein Notkraftwerk im aaraugischen Birr soll die Schweiz im Winter vor einer allfälligen Stromlücke retten. Der Bund hat am Freitag ein entsprechendes Abkommen mit der Betreiberfirma General Electric (GE) abgeschlossen, wie das Umweltdepartement (UVEK) am Freitagabend bekannt gab.
Das neue Notkraftwerk kann sowohl mit Gas als auch mit Öl und Wasserstoff betrieben werden und soll bereits «für die kritische Zeit gegen Ende des kommenden Winters» bis Ende April 2026 zur Verfügung stehen, heisst es vom UVEK.
Dazu werden auf dem Firmengelände der GE acht mobile Gasturbinen installiert. Die Leistung liegt bei knapp 250 Megawatt, was einem Viertel der Leistung des Kernkraftwerks Leibstadt entspricht. Damit stellt das mobile Notkraftwerk einen Grossteil der vom Bund in Aussicht gestellten 300 Megawatt an kurzfristig realisierbarer zusätzlicher Leistung. Die Gesamtkosten für die ganze Laufzeit betragen rund 470 Millionen Franken.
Es handelt sich beim Notkraftwerk also nicht um die Gasturbinen-Testanlage der Ansaldo, die bereits seit Monaten als mögliches Reserve-Kraftwerk im Gespräch war, sondern um ein neues Kraftwerk auf demselben Areal in Birr. Laut dem UVEK laufen die Verhandlungen mit möglichen weiteren Anbietern von Reservekraftwerken.
Schmutziger Strom ist besser als kein Strom
Der Entscheid zeigt: Angesichts der drohenden Strommangellage sind dem Bundesrat fast alle Mittel recht. Denn die Stromgewinnung aus Öl ist wegen des höheren CO2-Ausstosses noch klimaschädlicher als ein Betrieb mit Gas. Das Kraftwerk in Birr kann mit beiden Treibstoffen betrieben werden. Doch wahrscheinlicher scheint vorderhand ein Betrieb mit Öl, denn bei diesem ist der Nachschub momentan gesichert – sicherer jedenfalls als beim Gas, wo die Schweiz von der Versorgung aus Russland abhängig ist.
Diese Woche hat der Bundesrat bereits konkrete Pläne für den Fall eines Gasmangels vorgestellt. Wenn Sparappelle nicht genügend fruchten, würden alle Zweistoffanlagen von Gas auf Öl umgestellt. In einem nächsten Schritt dürften Häuser mit Ölheizungen nur noch auf 19 Grad erwärmt werden, in den Bereichen Wellness und Freizeit wäre der Gasverbrauch sogar ganz verboten.
Reserve-Kraftwerk: Birr war bisher mit einer Testanlage im Gespräch
Bereits seit Februar – kurz vor dem russischen Angriff auf die Ukraine – wird über Reserve-Gaskraftwerke zur Überbrückung von Stromlücken im Winter diskutiert. Schnell wurde eine bestehende Gasturbinen-Testanlage in Birr ins Spiel gebracht, die zu diesem Zweck geeignet schien. Doch die Betreiberfirma Ansaldo gab sich zurückhaltend: Unter normalen Umständen sei ein Betrieb bereits im kommenden Winter «ökonomisch und rechtlich nicht möglich».
Nun plant der Bund also nicht mit Ansaldo, sondern baut die mobilen Gasturbinen auf dem Boden der General Electric, die auf demselben Areal in Birr beheimatet ist. Welches Unternehmen den Betrieb der Anlage übernehmen wird, ist laut dem Umweltdepartement aber noch Gegenstand von Abklärungen.