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Intensive Werbung für Alkohol, aber Cannabis ist verboten: Stiftung Sucht Schweiz kritisiert die Politik – und stellt diese Forderungen

In der neusten Ausgabe des «Suchtpanorama» kritisiert die Stiftung Sucht Schweiz, die Alkohol- und Tabaklobby hätten zu viel Einfluss auf das Parlament.

Intensive Werbung für Alkohol, aber Cannabis ist verboten: Stiftung Sucht Schweiz kritisiert die Politik – und stellt diese Forderungen

Vor einem Jahr nahmen die Schweizer Stimmberechtigten eine Initiative an, die Tabakwerbung einschränken sollte. Im vergangenen Sommer sagten die Migros-Genossenschafter Nein zum Alkoholverkauf in der Migros. Daraus folgert die Stiftung Sucht Schweiz, dass sich die Einstellung der Bevölkerung gegenüber Tabak oder Alkohol wandle. Sie werde dem Marketing gegenüber kritischer. Das schreibt die Stiftung in der neusten Ausgabe des «Suchtpanoramas», das jährlich erscheint.

In dieser neusten Ausgabe kritisiert die Stiftung das Schweizer Parlament, das per 2021 den Alkoholverkauf auf Autobahnraststätten durchgesetzt hat. Das Parlament habe das Bedürfnis der Bevölkerung den wirtschaftlichen Interessen untergeordnet. Die Lobbys hätten zu viel Einfluss, findet Sucht Schweiz.

Bei der Legalisierung von Cannabis hingegen entspreche das Parlament der Tendenz in der Bevölkerung. Sucht Schweiz schreibt, es scheine, als wünsche die Bevölkerung, dass verschiedene Substanzen je nachdem reguliert werden, welchen gesundheitlichen oder gesellschaftlichen Schaden sie anrichten. Es sei schwer nachvollziehbar, warum Alkohol intensiv vermarktet und Cannabis hingegen verboten ist.

Folglich müssten die Regulierungen der verschiedenen Substanzen aufeinander abgestimmt werden. Die Stiftung schreibt: «Sucht Schweiz fordert die Politik im Wahljahr dazu auf, den Willen der Bevölkerung endlich ernst zu nehmen.»

Wir fassen die wichtigsten Punkte aus dem Suchtpanorama 2023 zusammen.

Minderjährige kaufen problemlos Alkohol online

Während der Pandemie habe sich der Alkoholkonsum nur wenig verändert – abgesehen von einer Polarisierung bei gefährdeten Gruppen: Einige erhöhten ihren Konsum, andere reduzierten ihn.

Der Jugendschutz sei «stark mangelhaft», «im Internet inexistent». Bei Alkoholtestkäufen 2021 wurde in etwas mehr als einem Drittel der Fälle Bier und Wein an Jugendliche verkauft. Bei den Online-Testkäufen waren es gar 94 Prozent. Sucht Schweiz schreibt von einem katastrophalen Resultat.

Zudem fordert die Stiftung von der Politik stärkere Prävention, indem sie Alkohol höher besteuert, Werbung einschränkt, den Jugendschutz verbessert und ein Nachtkaufverbot einführt.

E-Zigaretten fördern Nikotinkonsum zusätzlich

Seit der Annahme der Initiative «Kinder ohne Tabak» arbeitet das Parlament daran, die Initiative in Gesetzen und Verordnungen umzusetzen. Wirtschaftsverbände haben bereits Widerstand angekündigt. «Die Zeit drängt», schreibt Sucht Schweiz: Der Konsum von Einweg-E-Zigaretten scheine sich zu verbreiten, besonders unter Jugendlichen und jungen Erwachsenen, für die sie konzipiert wurden.

Verschiedene Studien lassen vermuten, dass der zunehmende Konsum von E-Zigaretten nicht wie erwartet den Konsum von herkömmlichen Zigaretten verringert. Auch Snus werden immer beliebter.

Sucht Schweiz fordert, dass die Politik Massnahmen zur Senkung der Raucherquote verabschiedet. Das Parlament solle die Initiative rasch umsetzen, Tabak- und Nikotinsteuern erhöhen, und den Rauchausstieg fördern.

Illegale Drogen: Neue Analysen erforderlich

Vereinzelt vorliegende Daten deuten darauf hin, dass die Kokainprobleme in der Schweiz zunehmen. Das zeige sich etwa in der zunehmenden Therapienachfrage. Jene für Heroin scheinen hingegen zurückzugehen. Der Drogenmarkt in der Schweiz zeichne sich durch hoch dosierte Produkte zu niedrigen Preisen aus. Nebst Cannabis sei auch Ecstasy derzeit billig zu haben.

Sucht Schweiz fordert neue Datenerhebungen und -analysen, um den Konsum der illegalen Drogen in der Schweiz besser einschätzen zu können. Dasselbe gelte für andere Suchtfragen sowie Nikotin- und Alkoholprodukte. (lil)