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Die Schweiz raucht, säuft und verzockt zwei Milliarden Franken

Das Suchtpanorama der Schweiz gibt jedes Jahr Einblick in die Schattenseiten der Gesellschaft. Ob Tabak oder Handy: Besonders gefährdet sind deren jüngsten Mitglieder.

Einmal im Jahr hat die Schweiz Einblick in ihr Sündenregister: Dann veröffentlicht die Stiftung Sucht Schweiz das Suchtpanorama. Und damit eine Gesamtschau über Konsumtrends, wirtschaftliche Zusammenhänge und den aktuellen Stand der Politik rund um das Thema. Hier gibt es die wichtigsten Erkenntnisse.

Jeden Tag vier Alkoholtote in der Schweiz

Trinken die Jungen heute noch Alkohol? Gemäss der Stiftung Sucht Schweiz lautet die Antwort: nicht mehr täglich, aber wenn, dann häufig viel. 83 Prozent der Schweizer Bevölkerung trinken ab 15 Jahren Alkohol. Dieser Wert hat sich seit 1992 nicht gross verändert. Gestiegen ist allerdings der Anteil Rauschtrinkender in den jüngeren Generationen. Fast ein Viertel der 15-Jährigen hat sich in den letzten dreissig Tagen mindestens einmal in den Rausch getrunken.

Sucht Schweiz geht von drei Männern und einer Frau aus, die durchschnittlich an einem Tag an den Folgen ihres Alkoholkonsums sterben. Deshalb fordert die Stiftung, dass die Politik das Geschäft mit der Sucht proaktiver bremst. Sie fordert eine höhere Alkoholbesteuerung, Gesundheitswarnungen auf Behältern und ein landesweites Nachtverkaufsverbot. Letzteres gibt es seit einigen Jahren in Genf und der Waadt und wirkt besonders gut für junge Spontankäuferinnen und -käufer. In dieser Zeit registrierten diese zwei Kantone auch weniger Spitaleinlieferungen wegen Alkoholvergiftung.

E-Zigaretten verleiten Jugendliche zum Nikotinkonsum

Ein nationales Verbot fordert die Stiftung auch für elektronische Einwegzigaretten. Während der Konsum herkömmlicher Zigaretten in den letzten Jahren stagniert hat, sind E-Zigaretten vor allem bei jungen Menschen und insbesondere bei Mädchen im Teenageralter immer beliebter geworden: Gemäss einer Studie greifen rund 8 Prozent der 15-Jährigen regelmässig zur E-Zigi. Die Kantone Jura, Wallis, Basel-Stadt, Tessin, Bern, Solothurn, Schaffhausen und Waadt haben sich alle schon mit einem grundsätzlichen Verbot elektronischer Zigaretten befasst, in Baselland wurde ein solcher Vorstoss abgelehnt.

Die Stiftung beklagt den starken Einfluss der Tabaklobby auf die Schweiz. Im Tabaklobby-Index belegt die Schweiz Platz 88 von 90 und gilt als besonders empfänglich für die Interessen der Tabak- und Nikotinindustrie. Wohl auch deshalb schreitet die Umsetzung der Initiative «Kinder ohne Tabak» nur langsam voran. Sucht Schweiz fordert nebst der schnelleren Umsetzung auch verbesserte Verkaufskontrollen, um zu garantieren, dass Nikotin- und Tabakprodukte nur an Volljährige verkauft werden, wie seit vergangenem Oktober gültig.

Grosse Hoffnung in das Cannabis-Gesetz

In der Debatte um die Hanflegalisierung spricht sich Sucht Schweiz für den Gesetzesvorschlag aus. Er habe das Potenzial, dass der Gesundheitsschutz in der Regulierung im Fokus stehe. Sollte das Gesetz scheitern, fürchtet die Stiftung eine neue Legalisierungsinitiative auf Kosten von Jugend- und Gesundheitsschutz.

Laut Schweizerischer Gesundheitsbefragung (SGB) aus dem Jahr 2022 haben 4 Prozent der 15- bis 64-Jährigen in der Schweiz in den letzten dreissig Tagen Cannabis konsumiert. Damit bleibt dieses Resultat in etwa stabil; der Konsum ist vergleichbar mit Deutschland und Österreich, jedoch kleiner als in Frankreich und Italien.

Unter 25-Jährige greifen vermehrt zu Schlaf- und Beruhigungstabletten

Vorweg: Die allgemeinen Verkaufszahlen von Schlaf- und Beruhigungsmitteln sowie von opioidhaltigen Schmerzmitteln haben sich in den vergangenen Jahren kaum verändert. Sorge bereitet Sucht Schweiz, dass «seit einigen Jahren zunehmend junge Menschen unter 25 Jahren mit problematischem Konsum» auffallen.

Laut der Gesundheitsbefragung unter Schulkindern HBSC 2022 haben rund 12 Prozent der 15-Jährigen schon einmal Medikamente zur Berauschung oder mit anderen Substanzen gemischt eingenommen, heisst es im Bericht.

Spielsucht und In-Game-Abzocke

Glücksspiel ist ein Volkssport: Diesen Schluss legt das Suchtpanorama nahe. 45 Prozent der Bevölkerung haben in den vergangenen zwölf Monaten um Geld gespielt. Bei 4,3 Prozent der Personen über 15 Jahren wird das Spiel zum Problem. Gesamthaft verspielte die Schweizer Bevölkerung im Jahr 2023 den sagenhaften Betrag von rund 2,07 Milliarden Franken. Vor allem Online-Casinos tragen zu dieser Summe bei.

Geld ist auch ein Thema bei der Videospielsucht. Durch In-App-Käufe scheinen sich Gaming und Glücksspiele immer mehr zu mischen, schreibt Sucht Schweiz. Laut der Schweizerischen Gesundheitsbefragung sind rund 500’000 Personen von problematischer Nutzung von Onlinediensten betroffen, Männer und Frauen gleichermassen.