Expertinnen warnen vor neuem Trend: Warum das Mischen von Alkohol und Medikamenten besonders gefährlich ist
In einem Online-Workshop berieten zwei Expertinnen von Suchtprävention Aargau Fachpersonen, die mit Jugendlichen arbeiten, zum Thema «Mischkonsum». Die wichtigsten Fragen und Antworten:
Was versteht man unter «Mischkonsum»?
Mischkonsum bezeichnet die gleichzeitige oder zeitnahe Einnahme von zwei oder mehreren psychoaktiven Substanzen innerhalb der gleichen Konsumgelegenheit. Das kann die Zigarette zum Bier sein, aber auch gefährlichere Kombinationen. Dabei ist zu beachten, dass sich die Wirkungen von verschiedenen Substanzen bei gleichzeitiger Einnahme aufheben, aber auch um ein vielfaches verstärken können. Besonders beliebt unter Jugendlichen ist die Einnahme von Alkohol und Medikamenten.
Wie verbreitet ist Mischkonsum?
Wie oft es zu risikoreichem Mischkonsum kommt, kann schwer abgeschätzt werden, da von einer hohen Dunkelziffer ausgegangen wird. Eine Studie zur Gesundheit von Schweizer Schülerinnen und Schülern hat etwa ergeben, dass etwa eine Person pro Klasse schon Medikamente eingenommen hat, mit dem Ziel, sich zu berauschen.
Eine konkrete Zahl gibt es: Seit 2018 sind in der Schweiz 35 Jugendliche verstorben, bei denen der Tod eindeutig durch die Kombination verschiedener Substanzen eintrat. Auch hier geht man aber von weiteren, unentdeckten Fällen aus.
Was ist neu daran?
Die Expertinnen und Experten stellen einerseits fest, dass die Konsumierenden im Schnitt jünger werden und dass vermehrt auch alleine konsumiert wird. Medikamente haben, auch dank einer grösseren Verfügbarkeit, an Attraktivität gewonnen – Jugendliche schätzen sie tendenziell als sauberer und sicherer ein als andere Drogen. Zudem werden öfter bewusst Substanzen gemischt.
Welche Substanzen werden besonders häufig kombiniert?
Die am meisten verbreitete Substanzkombination ist Cannabis und Alkohol. Dabei nimmt die motorische Leistungsfähigkeit und das Reaktionsvermögen ab, es kann zu Schwindel, Übelkeit oder auch zu einem Kreislaufkollaps kommen. Eine weitere häufige Kombination sind MDMA (der Wirkstoff in Ecstasy-Tabletten ) und Alkohol. Dies beschleunigt die Austrocknung des Körpers und erhöht das Risiko für schwere Leberschäden. Besonders gefährlich ist die Kombination von Medikamenten mit Alkohol. Beides wird im Körper über das gleiche Entsorgungssystem abgebaut. Der Arzneistoff kreist weiter im Körper und kann nur schlecht ausgeschieden werden. Es kann bis zu lebensbedrohlichen Vergiftungen kommen.
Was machen besonders gefährliche Kombinationen aus?
Drogen können in drei Kategorien eingeteilt werden: Uppers (anregende Wirkung, etwa Kokain, Ritalin oder MDMA), Downers (beruhigende Wirkung, etwa Alkohol, Cannabis oder Morphin) und Psychedelika (veränderte Wahrnehmung der Realität, etwa halluzinogene Pilze oder LSD). Besonders gefährlich ist es, verschiedene Downers zu kombinieren. Dies kann dazu führen, dass der Körper so stark heruntergefahren wird, dass das Herz aufhört zu schlagen.
Die Personen können darauf meist nicht mehr reagieren, wie ein Fall aus Luzern zeigt: Ein Jugendlicher verstarb 2018 in seinem Zimmer. Gemäss «NZZ» war der 18-Jährige vermeintlich über seinem Computer eingeschlafen, als seine Mutter ihn zum Abendessen holen wollte. Als sie ihn wecken wollte, stellte sie fest, dass er nicht mehr lebte.
Warum ist Mischkonsum mit Medikamenten besonders beliebt?
Für viele Jugendliche sind Medikamente im Vergleich zu anderen Drogen relativ einfach zu beschaffen, etwa von Kleindealern im Freundeskreis oder auch in der eigenen Hausapotheke. Die Konsumschwelle ist relativ tief, auch Neugierde und der Wunsch zur Leistungssteigerung spielen eine Rolle.
Was für Medikamente werden als Droge missbraucht?
Beliebt, besonders bei jüngeren Jugendlichen, sind Benzodiazepine wie etwa Xanax – und Opioide, die etwa in Hustenmitteln verwendet werden. Konsumerfahrene Jugendliche greifen besonders häufig zu Ritalin. Bei Studenten ist es als Aufputschmittel populär, um nächtelang lernen zu können.
Wo gibt es Infos oder Hilfe?
Präventions- und Beratungsarbeit leistet die Suchthilfe ags (www.suchthilfe-ags.ch). Wer sich über die Risiken von bestimmten Kombinationen zweier Drogen informieren möchte, kann dies auf der Website www.combi-checker.ch.