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Ausschreitungen und ein Toter nach Wahlfarce – die Lage in Venezuela in 4 Punkten

Die Opposition in Venezuela bietet dem autoritären Staatschef Nicolás Maduro nach der umstrittenen Präsidentenwahl die Stirn. Es kommt zu Ausschreitungen. Die Lage im südamerikanischen Land in der Übersicht.

Ausschreitungen in Caracas

In der Hauptstadt Caracas kam es zu Protesten gegen Maduro und Ausschreitungen. Mindestens ein Mensch kam ums Leben. 46 weitere Personen seien festgenommen worden, teilte der Chef der Nichtregierungsorganisation Foro Penal, Alfredo Romero, am Montag (Ortszeit) im Onlinedienst X mit.

«Sie wird fallen, sie wird fallen, diese Regierung wird fallen», skandierten Demonstranten im Armenviertel Petare. Sie blockierten Strassen und steckten Barrikaden in Brand, wie im Fernsehsender NTN24 zu sehen war. Die Polizei feuerte Tränengas und Gummigeschosse auf die Demonstranten. Wie auf einem Video zu sehen war, schossen Männer in Zivil auch mit Pistolen in Richtung der Protestierenden.

Ein Demonstrant vor brennenden Reifen in Caracas.
Bild: Keystone

Für Dienstag rief die Opposition zu einer Grossdemonstration gegen die Regierung auf. «Wir sind entschlossen, die Wahrheit zu verteidigen und dafür zu sorgen, dass jede Stimme gezählt wird», sagte Oppositionsführerin Machado. Auch das Regierungslager will seine Anhänger auf die Strasse bringen. Parlamentspräsident Jorge Rodríguez forderte Maduros Anhänger dazu auf, zum Präsidentenpalast Miraflores zu marschieren.

Betrugsvorwürfe an Maduro

Die Opposition wirft der Regierung Betrug vor. Auch die Europäische Union, die USA und eine Reihe lateinamerikanischer Länder erhoben Zweifel am fairen Ablauf der Wahl und dem Ergebnis.

Der Kandidat der Opposition, Edmundo González Urrutia, habe die Abstimmung am Sonntag deutlich gewonnen, sagte Oppositionsführerin María Corina Machado. Zuvor hatte das Wahlamt des südamerikanischen Krisenstaates Maduro offiziell zum Sieger erklärt.

Oppositionsführerin María Corina Machado mit Präsidentschaftskandidat Edmundo González Urrutia.
Bild: Keystone

Trotzige Reaktion Maduros

Nach Protestnoten aus verschiedenen lateinamerikanischen Ländern verwies die venezolanische Regierung deren Botschafter des Landes. Die Vertreter von Argentinien, Chile, Costa Rica, Peru, Panama, der Dominikanischen Republik und Uruguay sollten das Land verlassen. Gleichzeitig zog die Regierung in Caracas auch ihr diplomatisches Personal aus diesen Ländern ab.

Angesichts der Manipulationsvorwürfe forderten sowohl die Europäische Union als auch die Vereinten Nationen den Nationalen Wahlrat zur Veröffentlichung der detaillierten Abstimmungsdaten auf. «Die Wahlergebnisse wurden nicht verifiziert und können nicht als repräsentativ für den Willen des venezolanischen Volkes angesehen werden, bis alle offiziellen Aufzeichnungen der Wahllokale veröffentlicht und überprüft wurden», teilte der EU-Aussenbeauftragte Josep Borrell mit.

EU-Aussenkommissar Josep Borrell erachtet das offizielle Wahlergebnis nicht als gültig.
Bild: Keystone

Land in der Krise: Angst vor Eskalation

Die jahrelange politische Krise in dem südamerikanischen Land könnte sich jetzt noch einmal verschärfen. Schon die Wiederwahl Maduros 2018 war international von vielen Ländern nicht anerkannt worden. Der damalige Parlamentspräsident Juan Guaidó erklärte sich 2019 zum Interimspräsidenten, konnte sich aber im Land nicht durchsetzen – vor allem, weil das Militär hinter Maduro stand. Die Sicherheitskräfte gehen hart gegen Regierungsgegner vor. Nach Angaben von Menschenrechtlern sitzen über 300 politische Gefangene hinter Gittern.

Der frühere Gewerkschafter und Busfahrer Maduro hatte 2013 die Nachfolge des charismatischen Präsidenten Hugo Chávez angetreten, der mit 59 Jahren an Krebs gestorben war. Unter Maduro verschlechterte sich die Lage in dem einst reichen Land mit seinen grossen Erdölvorkommen rapide.

Venezuela leidet unter Missmanagement, Korruption und internationalen Sanktionen. Mehr als 80 Prozent der Bevölkerung leben unter der Armutsgrenze. Über sieben Millionen Menschen – rund ein Viertel der Bevölkerung – haben das Land nach UN-Angaben in den vergangenen Jahren wegen Armut und Gewalt verlassen. Im Vorfeld der Wahl schien es, als sei ein Machtwechsel dieses Mal möglich, da die Opposition geeint auftritt. Da Maduro sich nun weiter an die Macht klammern zu scheint, könnte es in dem Land zu grösseren Unruhen kommen.